“Anerkennung des Massenmords an Eziden durch EU und Bundesregierung überfällig”

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Presseerklärung der Veranstalter der Fachtagung “Şengal: Vom Genozid zur Selbstverwaltung – die Êzîden nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand”, 14.10.2016

Unter der Beteiligung von 80 Teilnehmer aus Politik und Zivilgesellschaft fand am 13. Oktober 2016 die Fachtagung mit dem Titel „Şengal: Vom Genozid zur Selbstverwaltung – die Êzîden nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand“ statt. Die Fachtagung wurde organisiert Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V., Dachverband des Ezidischen Frauenrats e.V. und NAV- YEK – Dachverband der êzidischen Vereine in Deutschland e.V.

Einig waren sich die Referenten, dass eine Anerkennung des Massenmords in der Şengal-Region durch die Bundesregierung dringend notwendig ist. Auseinander gingen die Meinungen jedoch bei der Frage, was die Arbeit der Bundesregierung in der Region betrifft. Während Dr. Oliver Schnackenberg, stellv. Botschafter Deutschlands im Irak,  betonte, dass die Bundesregierung alles getan hätte, um den Êzîden im Şengal zu helfen und sogar Waffen im Wert von 70.000.000 Euro in die Krisenregion an die Peschmerga geschickt hat, betonten die anderen Referenten einhellig die negative Rolle der kurdischen Regionalregierung KRG img_8973in Hewler/Erbil im Falle des Massenmordes der Êzîden in  Şengal. Der Auslandskorrespondent und Journalist Ulrich Tilgner hob hervor, dass er bei seiner Reise in die Region Ende September 2016 keinerlei Unterstützung von außen für Şengal wahrnehmen konnte. Er betonte, dass sogar die Peschmerga vor Ort nicht mit modernen deutschen Waffen sondern mit antiquierten Gewehren kämpften. Auch von den Hilfsgütern, welche für über 100.000.000 Euro an die KDP-Regierung geliefert worden waren, sei in Şengal nichts zu sehen.

Diese Sicht bestätigte auch die Vertreterin der Freien Frauenstiftung Rojava WJAR, Meike Nack. Auch sie machte deutlich, dass Şengal weiterhin umzingelt sei und die Peschmerga keinerlei Hilfe durchließen. Insbesondere die Vertreter_innen des Volksrats von Şengal betonten, dass die Peschmerga beim Überfall des IS auf Şengal nicht nur keine Hilfe leisteten, sondern durch ihren Abzug und durch die Entwaffnung der Bevölkerung diese schutzlos dem Genozid ausgeliefert hätten. Ulrike Fezer analysierte die Gewalt gegen Frauen als ein Mittel des Krieges und die Praxis des Islamischen Staates als einen Ausdruck des Patriarchats. Yildiz Aktas vom Rat der Ezidischen Frauen und Ali Atalan von der Demokratischen Partei der Völker HDP aus der Türkei erklärten, dass auch ein Wandel der gesellschaftlichen Einstellung unter den Êzîden notwendig sei, auf dass sich der Genozid niemals wiederhole. Eine internationale Anerkennung der Autonomie, Selbstverteidigung und Selbstverwaltung der Şengal-Region stellen nicht nur nach Ansicht des Volksrats von Şengal eine notwendige Konsequenz img_9013aus dem Genozid dar.

Die aus der Konferenz resultierenden Forderungen sind:

> Aufhebung des Embargos über Şengal

> Anerkennung des Massakers an den Êzîden als Genozid durch die Bundesregierung

> Internationale Anerkennung der Autonomie, Selbstverwaltung und Selbstverteidigung der Bevölkerung von Şengal

Ankündigung: Ein Civaka Azad Infoblatt mit allen Redebeiträgen der Fachtagung ist in Planung.