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Ferda ÇetinFerda Cetin / Journalist und Kolumnist, 05.08.2013

In Rojava (Westkurdistan/Nordsyrien) findet ein abscheulicher Krieg gegen die Kurden statt, die ihre Heimat vor allem gegen islamistische Aggressoren zu verteidigen versuchen.

Die mobilen Dschihadisten aus aller Welt, vor allem aus Afrika, Afghanistan, Sudan, Nigeria, Großbritannien, Deutschland und der Türkei sind nach Syrien angereist, um hier ein islamistisches Kalifat zu errichten.

Jedoch geht es ihnen vordergründig eigentlich darum zu verhindern, dass die Kurden ihre Freiheit erlangen und somit ihr bereits vor langer Zeit eingeschlagener ,,Dritter Weg‘‘ sie zum Erfolg führt.

Nun hat ein abscheulicher Krieg mit den Angriffen der aggressiven Invasoren gegen die lokalen Freiheitskämpfer begonnen. Auf der einen Seite kämpft die kurdische YPG (Volksverteidigungseinheiten) für alle heimischen Völker Rojavas und auf der anderen Seite die al-Qaida im Pakt mit der Freien Syrischen Armee (FSA) für die fremden Invasoren.

Die YPG wird getragen vom kurdischen Volk und großen Teilen der anderen lokalen Völker Rojavas. Hingegen werden die Invasoren um die al-Qaida von regionalen Status-quo-Befürwortern und dem globalen Kolonialismus gelenkt, unterstützt und aufgehetzt.

Diese Kriegsverbrecher und Banditen dachten vor ihrem Angriff in Kurdistan, sie könnten von ihren Erfahrungen, die sie zuvor in Afghanistan, Libyen und Sudan gesammelt hatten, profitieren.

Es kam jedoch für diese Banden alles anders als erwartet, denn sie waren der Art heftig von der YPG zurück geschlagen worden, so dass sie unmittelbar erkennen mussten, dass der Gegner auf der anderen Seite nicht zu besiegen war. Denn sie waren nicht in einen Krieg gelaufen, sondern hatten sich plötzlich inmitten eines Sturms wieder gefunden. Die Situation ähnelte einem Frontalcrash an einer Felswand, denn sie standen nun zum ersten Mal nicht einer regulären Armee gegenüber, deren Soldaten für eine gewisse Zeit ihren Dienst an der Waffe für das „Vaterland“ leisteten. Sie standen nun mutigen und wild entschlossenen Männern und Frauen gegenüber, die geschworen hatten, ihre Heimat gegen die Invasoren, Plünderer und Vergewaltiger zu schützen und verteidigen. Auf der Seite Rojavas steht eine Armee von Freiwilligen, die zweifelsfrei gewillt sind ihr Leben für die Freiheit der Heimat zu opfern.

Diese globalen Plünderer mit ihren Turbanen, Vollbärten und Westen sind zu tiefst unmoralisch und gewissenlos. Denn sie haben nach aufeinanderfolgenden Niederlagen gegen die YPG begonnen, die Zivilbevölkerung anzugreifen.

Hierbei haben sie die Dörfer Tel Aran und Tel Hasil angegriffen und gezielt ein Massaker, in der Hoffnung den Widerstand in Rojava zu brechen, an kurdischen Frauen, Kindern und Alten verübt.

Dieser Krieg wird offenkundig zwischen denen, die im Recht liegen und denen die Unrecht verüben, ausgetragen. Ein Krieg zwischen Einheimischen und Invasoren.

Die Türkei, Saudi Arabien, Katar und der Irak unterstützen mit allen Mitteln die al-Qaida und Salafisten. Darunter fallen Waffen- und Munitionslieferungen, logistische Unterstützung, Medikamente, Behandlung von Verwundeten und die Kriegsausbildung. Vor allem die Türkei hat ihre Grenzübergänge für diese islamistischen Terroristen weit geöffnet. Der auf ANF vorgestern erschienen Bericht von Amed Dicle und Devrim Aslan über diesen Sachverhalt verdeutlicht die Tragweite der aktiven Unterstützung.

Der humanitäre Hilfsverein Menschliche Gerechtigkeit und Freiheiten (IHH), wobei hier der Begriff für Gerechtigkeit (Hak) zugleich auch ein Synonym für Gott ist, wollte unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe etwas mehr als hundert Personen mit britischem Pass an die Al-Qaida-Front bringen. Hierbei kam heraus, dass diese vollbärtigen islamkonform gekleideten Experten fast allesamt in Großbritannien vorbestraft waren. Desweiteren kam auch ans Licht, dass gegen den Vorsitzenden des IHH-Vereins geheime Ermittlungen wegen finanzieller Unterstützung des Terrorismus, gezielt der al-Qaida, über den Verein laufen.

Wir wissen um die wirklich guten Beziehungen der IHH-Vorsitzenden zur AKP, vor allem seit der „Mavi Marmara“-Stürmung durch israelische Elitesoldaten. Die AKP stellt diesem Verein seit der Stürmung erhebliche weitere Ressourcen zur Verfügung.

Es ist eine ungeheuerliche Lüge wenn der IHH-Verein behauptet, sich den Menschenrechten oder Freiheiten zu widmen. Denn eben dieser Verein hat hunderte junger Männer aus Cewlig (Bingöl), Izmir und Aydin für die Al-Qaida-Front mobilisiert und deren Transport dorthin organisiert. Einer von diesen jungen Männern wurde letzte Woche in Rojava bei einem Gefecht mit der YPG getötet. Hierbei handelt es sich um den Sohn des ehemaligen Landkreisvorsitzenden der islamischen Refah-Partei des verstorbenen Necmettin Erbakans. Der Leichnam des jungen Mannes befindet sich immer noch in Rojava.

Die USA und Europa unterstützen die FSA offen und direkt.

Nun haben interessanterweise die al-Qaida als auch die FSA ihren Kampf gegen Assad stark reduziert und ihre dadurch frei gewordenen gemeinsamen Kräfte gegen die Kurden mobilisiert. Obwohl diese untereinander in vielen Fragen uneins sind, haben sie gegen die Kurden und ihre Institutionen der PYD (Partei der Demokratischen Einheit), den Kurdischen Hohen Rat und die YPG einen teils offenen und teils verbogenen Pakt geschlossen. In dieser Belagerungssituation hat die Türkei alle Grenzübergänge von West- nach Nordkurdistan geschlossen. Nicht einmal eine Nähnadel kommt da durch. Auf der anderen Seite hat der türkische Außenminister den PYD-Vorsitzenden Salih Müslüm zu Gesprächen nach Istanbul eingeladen und im Nachhinein betont, dass die Beziehungen zueinander entwickelt und vertieft werden sollten. In der offiziellen Erklärung der türkischen Regierung klang das Ganze dann doch ein wenig anders. Denn hierbei wurde betont, dass man die Kurden ernsthaft ermahnt und aufgefordert habe Handlungen zu unterlassen, die für die innere Sicherheit der Türkei eine Gefahr darstellen. Dann hieß zum Schluss als eigentliche Kernbotschaft, die Kurden sollen nun schlussendlich erklären, auf welcher Seite des Krieges sie in Syrien stehen.

Geht man etwa davon aus, dass die Kurden dieses hinterhältige und heuchlerische Spiel nicht durchschauen?

In den folgenden Tagen findet in Hewler der kurdische Nationalkongress statt, an dem auch die in Rojava unter Belagerung ausharrenden Brüder und Schwester teilnehmen werden. Wir haben die feindselige Politik der Türkei zwar begriffen, aber wie sollen wir die Haltung der südkurdischen Regierung bzw. Mächte interpretieren? Denn der Grenzübergang von Süd- nach Westkurdistan ist immer noch abgeriegelt. Unter diesen Vorzeichen fragen wir uns wirklich, was für einen Kongress wir da eigentlich abhalten sollen.

Werden wir entweder auf Seiten der YPG, des Kurdischen Hohen Rates und der PYD Partei ergreifen oder uns auf die Seite der Banditen um al-Qaida und FSA schlagen? Wir fragen uns, ob die TeilnehmerInnen des Kongresses im Stande sind, diese Frage zu beantworten!

Eine Frage ist auch an die Führer der religiösen Gruppen, Vereine und Föderationen gerichtet, die behaupteten, dass „die Kurden mit den islamistischen Kräften eine Allianz bildeten. Diese Allianz würde eben auf den Widerstand der Armenier und Aleviten stoßen“. Diese Frage ist auch an die sonst „so sensiblen“ Intelektuellen gerichtet: Während die Angriffe der al-Qaida, damit ihrer syrischen Ableger Al-Nusra und Islamischer Staat Irak und das Kalifat Damaskus, und der anderen Banditen und Terroristen auf die Bevölkerung in Kurdistan fortdauert, auf welcher Seite seid Ihr?

Quelle: Yeni Özgür Politika, 05.08.2013, ISKU

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