Das Projekt der Föderation in Nordsyrien ist ein Lichtblick für Syrien und die gesamte Region

Interview mit Foza Yûsif, der Ko-Vorsitzenden des Exekutivrats der Föderation Nordsyriens, zur aktuellen Situation in Syrien und den Wahlen in Nordsyrien, 19.12.2017

Die erste Phase der Wahlen in der Föderation Nordsyrien hat bereits mit den Wahlen auf kommunaler Ebene am 22. September in den drei Regionen Cizîrê, Firat und Afrin begonnen. Bei diesen haben 728.450 Wähler die Co-Vorsitzenden der Kommunen gewählt. Am 1. Dezember gingen die Wahlen mit den Lokalwahlen in die zweite Phase, bei denen die Mitglieder der Räte in den Dörfern, Bezirken, Landkreisen und Kantonen gewählt wurden. Voraussichtlich finden im Januar 2018 die Wahlen des höchsten Organs – dem Volkskongress der Föderation Nordsyriens – statt. Seit der Deklaration der Demokratischen Föderation Nordsyriens auf einem Kongress mit 200 Delegierten, bestehend aus Kurden, Arabern, Assyrern und Eziden am 16. März 2016, finden zum ersten Mal Wahlen statt. Die Föderation besteht aus den drei Regionen Cizîr, Firat und Afrin. Sie basieren auf dem Prinzip der Selbstverwaltung. Wir haben ein Gespräch mit Foza Yûsif, der Ko-Vorsitzenden des Exekutivrats der Föderation Nordsyriens, zur aktuellen Situation in Syrien und den Wahlen in Nordsyrien geführt.

Die Situation im Syrien-Konflikt ist sehr verzwickt: sehr viele Mächte sind sowohl direkt als auch indirekt involviert. Können Sie uns einen Überblick über die verschiedenen Mächte und deren Interessen geben?

Die Situation in Syrien geht nach dem Kampf gegen den IS und die sogenannten oppositionellen Gruppen in eine nächste Phase über. Heute kann man die Annäherungen der internationalen und regionalen Kräfte, die zum Vorschein gekommen sind, in verschiedene Gruppen einteilen:

Zum einen gibt es Hauptkräfte wie die USA, Russland und die Anti-IS-Koalition – also die allgemeinen internationalen Mächte. Sie möchten diese Phase des Kampfes beenden und einige politische Lösungen vorantreiben. Ohne Zweifel sieht jede Partei eine unterschiedliche Lösung nach ihren eigenen Interessen vor. Sie sind sich jedoch einig darin, dass der Konflikt in Syrien zu einer politischen Lösung kommen muss. Dass kann man sowohl für Russland als auch die USA offen sagen. Es gibt allerdings den jeweiligen Interessen entsprechend auch viele Uneinigkeiten.

Es geht auch um die Frage, wer mehr Einfluss hat in der Lösungsfindung. Dies lässt sich in den Gesprächen in Genf und Sotschi sehen. Jede Kraft versucht auf ihre Weise und ihren Interessen entsprechend bestimmte Dokumente und Informationen für die Gespräche und Verhandlungen zu bestimmen. Da jeder gemäß eigener Vorteile und Interessen agiert, ergeben sich auch Uneinigkeiten in vielen Punkten unter den internationalen Kräften. Dennoch sind alle Kräfte für eine Lösung einen strategischen Kompromiss eingegangen. Bezüglich der Vorgehensweise, den Methoden und der Frage, wie grundlegend die Lösung sein soll, besteht jedoch weiterhin Uneinigkeit.

Zum anderen gibt es noch die regionalen Kräfte, wozu der Iran, die Türkei, der Irak, Syrien und auch Saudi-Arabien gehören. Vor allem die Türkei sieht eine politische Lösung für die Krise in Syrien als Bedrohung an und lehnt dies deshalb ab. Vielmehr will sie, dass sich alle Konflikte und die Krise in Syrien vertiefen. So möchte sie selbst nicht auf die Agenda kommen, um nicht zur Zielscheibe zu werden. Denn die Türkei befindet sich derzeit selber in einer großen Krise. Besonders bedrohlich scheinen für die Türkei die Erfolge der Kurden und damit deren wachsende Möglichkeit, einen Status in Syrien zu erlangen. Daher wird sie mit all ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, dies zu verhindern.

Der Iran befindet sich heute in einem Dilemma, da er eine große Rolle in der Aufrechterhaltung Assads und des syrischen Systems spielte. Heute steht jedoch die Existenz des Irans selber stark zur Diskussion. Der Iran möchte Zeit gewinnen, um seinen Einfluss in der Region zu festigen. Falls dies auf einem direkten Weg nicht funktioniert, wird der Iran versuchen, auf einem indirekten Weg in Syrien Fuß zu fassen. Aus diesem Grund ist eine baldige Lösung für den Iran auch unvorteilhaft. Des Weiteren vertritt der Iran, ebenso wie die Türkei, die Idee eines Zentralstaates. Beide Staaten haben kein Interesse an einer demokratischen und stabilen Lösung für Syrien. Sie ziehen ein zentralstaatliches Modell und die Aufrechterhaltung des vorherigen Systems in Syrien vor, welches in der Vergangenheit versagt hat.

Bezüglich des Iraks kann man sagen, dass nach der Krise und dem Kampf gegen den IS ein großes Chaos entstanden ist, welches einen großen Einfluss auf das Land haben wird. Diesbezüglich kann man auch sagen, dass der Irak eine bessere und positive Rolle hätte einnehmen können im Chaos und der Lösungsfindung. Doch nach dem Referendum (das Unabhängigkeitsreferendum in Südkurdistan) lässt sich die Haltung des Iraks mit dem Motto “Der Feind meines Feindes ist mein Freund” beschreiben. Demnach entwickelte sich eine Annäherung seitens des Iraks in der Beziehung zur Türkei. Allerdings sind negative Folgen für den Irak absehbar, da dieTürkei ihrerseits nicht an einer Lösung der Krise im Irak arbeitet sondern mehr an seinem Zerfall. Würde der Irak also eine demokratische Politik führen, wäre dies zum einen in seinem eigenen Interesse sowie die Beziehungen zu anderen Mächten aufrechter.

Zu Saudi-Arabien kann man sagen, dass vor allem nach Trump eine neue Phase begann. So gibt es Bemühungen, Saudi-Arabien zum Zentrum des Sunnitentums in der Region zu machen. Zuvor wurde diese Rolle der Türkei zugesprochen. Nun ist jedoch von seiten der USA eine Veränderung diesbezüglich zu sehen: Saudi-Arabien und Ägypten wird nun anstelle der Türkei diese Position zugeteilt. Saudi-Arabien selbst versucht in dieser Angelegenheit eine aktive Rolle einzunehmen, um tatsächlich zum Zentrum des Sunnitentums in der Region zu werden. Möglich ist, dass dies bereits vorher das Vorhaben Saudi-Arabiens war. Nun wurde ihnen allerdings diese Rolle von den Hauptkräften zugeschrieben. Saudi-Arabien wird versuchen, die Entwicklungen im Iran und in der Region zum Stillstehen zu bringen. In diesem Zusammenhang ist auch die Kampagne gegen Saad Hariri (Libanesischer Ministerpräsident), als ein Beitrag zur Schwächung des Irans, zu sehen. Sie versuchen die Hisbollah einzugrenzen. Saudi Arabien wird sich bemühen, sowohl politisch als auch militärisch eine Rolle zu spielen. Schaut man sich all dies an, zeigt sich deutlich, dass die Krise im Mittleren Osten noch weitergehen wird. Grund dafür ist, dass die Kräfte in der Region – besonders die bestehenden Staaten – anstatt Demokratie, Menschenrechte, Freiheit usw. voranzutreiben, auf Konservatismus und das Beharren auf Bestehendes setzen. Dies wird zur Sackgasse und Vertiefung der Krise führen. Dieses Vorgehen wird keine Lösung hervorbringen sondern vielmehr Wege für Kriege eröffnen. Kriege, wie den zwischen Sunniten und Schiiten, Konflikte innerhalb der Regionen und/oder soziale Konflikte. Damit wird nur noch größerer Schaden angerichtet, obwohl die Problemlage schon jetzt in der Region sehr ernsthaft ist und daher tiefgreifende und grundlegende Lösungen erfordert. Die einzige Kraft, die in dieser Angelegenheit Hoffnung und Lösungsperspektiven vorantreibt, sind die demokratischen Kräfte in Nordsyrien. Das Projekt der Föderation in Nordsyrien ist damit ein Lichtblick hinsichtlich einer langfristigen Lösung für Syrien und die gesamte Region. Allerdings vertiefen alle bisherigen Bemühungen der regionalen Kräfte das Chaos in der Region und stellen uns vor große Gefahren.

Können Sie noch mehr auf die Rolle der Türkei in der Region eingehen?

Die Türkei versucht immer, Probleme außerhalb zu suchen und zu lösen. Durch die Krise in Syrien und die Intervention im Irak ist jedoch deutlich geworden, dass die Türkei mit der neuen Methode des Osmanentums in der Region keine Rolle spielen kann. Zur gleichen Zeit versucht die Türkei zum einen mit ihrer traditionellen Linie und zum anderen mit einer sektiererischen und trügerischen Politik, auf der Grundlage der Vertiefung der Krise in Syrien, eine Rolle einzunehmen. Bisher blieb dieses Bestreben jedoch ohne Resultat. Vielmehr hat die Türkei mit ihrer Methode in der Region eindeutig versagt. Man kann sagen, dass die Türkei heute im Mittleren Osten eine kleine Rolle spielt. Der Grund dafür liegt in ihrer Politik, welche nicht auf einer demokratischen Basis gründet sondern vielmehr auf einer rückständigen Politik. Indem das “Kurdenproblem” eines der Hauptprobleme der Türkei darstellt, welches versucht wird militärisch zu lösen, befindet sich die Türkei in einer Sackgasse.

Vor allem in den letzten vier bis fünf Jahren entwickelt sich die Türkei in die Richtung einer Diktatur. Innerhalb der Türkei gibt es ein großes Demokratieproblem, was man auch an den massenhaften Verhaftungen sehen kann. Die letzten Entwicklungen um Zarrab (iranisch-türkischer Unternehmer) herum und die Korruption in der Türkei zeigen, dass die Regierung Erdogans und die Politik der AKP sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch auf Grundlage von trügerischen und räuberischen Methoden agiert. Außenpolitisch versucht die Türkei, mit terroristischen Kräften wie Al Qaida und Jebrud al Nussra ihre Stellung zu stärken. Ich denke, dass das Chaos in der Türkei sich vertiefen und dies zu neuem Aufruhr führen wird, insbesondere nach der Situation mit Reza Zarrab. Man kann sagen, dass diese ieser Korruption schwerwiegende Folgen haben wird. Der Ausgang Tansu Çillers und auch der vergangenen Regierungen wird auch der AKP-Regierung bald bevorstehen.

 Warum schweigen die internationalen Mächte zu der offensichtlichen Zusammenarbeit der Türkei mit extremistischen Gruppen?

Meiner Meinung nach ist es eine Frage der Zeit. Ich denke, es ist so wie bei Qatar. Qatar hat  lange Zeit die extremistischen Gruppen unterstützt, allerdings wurde nach einiger Zeit auch da von den internationalen Mächten eingegriffen, wodurch Qatar zur Rechenschaft gezogen wurde. Ich sage, dass so ein Verlauf auch der Türkei bevorsteht. Durch die militärischen, politischen und regionalen Bedingungen gibt es ein Gleichgewicht, so dass derzeit kein Interesse an einer Intervention besteht. Ich denke, dass dies nicht bedeutet, dass die internationalen Mächte ihre Augen vor der AKP-Politik verschließen werden. Nach einiger Zeit werden die internationalen und hegemonialen Mächte nach ihren eigenen Interessen eingreifen. Dies könnte meiner Meinung nach auch schon sehr bald passieren. Falls sich die Lage in Syrien etwas stabilisieren sollte, wird Idlib auf die Agenda kommen und auch die Beziehung der Türkei mit dem IS und der Al-Nusra werden zur Diskussion stehen. Schließlich wird es der Türkei so wie Qatar ergehen.

Wie bewerten sie die Drohungen der Türkei gegenüber Afrin?

Die Situation in Idlib ist eine sehr heikle. Idlib ist unter der Kontrolle der Türkei mit Einverständnis der Al-Nusra. Die Drohungen gegen Afrin und Schahba nehmen wir sehr ernst und bewerten sie als sehr gefährlich für den Frieden in Syrien. Denn wenn diese Angriffe, die auf Afrin und Shahba stattfinden, auf einer anderen Ebene weitergehen, kann es einen Einfluss auf Nord- und ganz Syrien haben. Diese Angriffe können einen Weg für einen großen Krieg eröffen. Der Kampf wird nicht nur an den Grenzen Afrins stattfinden, das haben wir schon oft gesagt und wir sagen es weiterhin. Wie auch immer, es wird ein Grund sein, weswegen alle Kurden wieder aufstehen und dagegen ankämpfen werden. Im Widerstand in Afrin wird Afrin nicht alleine bleiben, alle Kurden und ganz Syrien werden Afrin unterstützen und die Türkei zu einer ausweglosen Situation führen.

Deswegen kann man sagen, so wie Erdogan die Türkei bisher in viele Abwege gebracht hat, deren Resultate sehr schwerwiegend waren für die Türkei. So ist es auch eine sehr brüchige Situation in Afrin, die die Türkei in eine ausweglose Situation bringen wird, welche das Ende der türkischen Regierung bedeuten kann. Wir machen daher deutlich, dass es sich hier um eine sehr gefährliche Situation handelt. Dies müssen die türkischen Reihen gut verstehen. Denn für die demokratischen und eigentlich alle Kräfte, die die türkische Nation erhalten wollen, ist es unumgänglich, gegen die religiösen Angriffe und Entscheidungen der Türkei Haltung zeigen.

 Sie haben den Korruptionsfall, in den Reza Zarrab involviert ist, angesprochen. Welche Folgen können diese Verstöße gegen US-Sanktionen für Erdogan und die AKP-Regierung haben?

Nach meinen Bewertungen ist die Situation bezogen auf Reza Zarrab sehr wichtig. Es kann nicht sein, dass es keine Interventionen geben kann. Und diese Situation muss mit einer gerechten Methode behandelt und ermittelt werden. Die Türkei wird vor ein internationales Gericht gebracht, besonders Erdogan, die Regierung und alle Personen, die in diesen Fall involviert waren, werden Rechenschaft ablegen müssen. Durch diesen Fall wird erneut deutlich, dass die Türkei in vielen Punkten nicht auf dem richtigen Weg ist. Auch bei internationalen Abkommen war die Türkei trügerisch. Die Türkei befindet sich sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch in einer auswegslosen Situation: Auf internationaler Ebene wird dieser Korruptionsfall für die Türkei sehr große Folgen mit sich bringen. Es ist notwendig, dass Rechenschaft gefordert wird. Aber auch innerhalb der Türkei gibt es viel Korruption. Heute wird eine Diktatur in der Türkei vorangetrieben und die kurdische Bevölkerung wird massakriert. Gegen die demokratischen Kräfte wird eine beispiellose diktatorische Politik geführt. Es ist notwendig, dass auf internationaler Ebene eine Haltung gegen all das eingenommen wird. Ich sage, dass all dies Teil eines Prozesses ist, in dem alles miteinander verbunden ist und welcher schwere Folgen für die Türkei haben wird.

Wie bewerten Sie die Erfolgschancen der Gespräche in Genf?

Die vergangenen Gesprächen in Genf und Riad zeigten, dass es seitens des Regimes keinen Willen zu Lösung gibt. Zudem zeigen die Dokumente, die von der Opposition gesammelt und für die Gespräche vorbereitet wurden, im Gesamten für die Konflikte und die Krise in Syrien keinen Lösungsvorschlag auf. Die Konflikte in Syrien sind sehr kompliziert und historisch bedingt, deswegen benötigt es auch eine grundlegende und stabile Lösung. Eine solche wurde aber leider bisher nicht vorangetrieben. Ich bin der Überzeugung, dass die Gespräche in Genf so bald keine Lösungen und Resultate hervorbringen werden. Die Haltung des Regimes ist klar, sie möchten so schnell keine Lösung erwirken, da sie Zeit gewinnen wollen. So wie sie militärisch die Opposition geschwächt und zersplittert haben, so wollen sie Zeit gewinnen, damit die Opposition sich auch politisch zersplittert und schwach wird. Deswegen wird das Regime im Rahmen seiner Möglichkeiten alles tun, damit die Gespräche in Genf ins Leere laufen. In Nordsyrien sind ein politischer Wille und eine demokratische Kraft hervorgekommen. Diese politischen Kräfte aus Nordsyrien sind jedoch aus Verhandlungen und Gesprächen ausgeschlossen. Darin liegt ein weiterer Hauptgrund für den Misserfolg der Gespräche in Genf. Wir denken, dass diese Gespräche mit den bisherigen Methoden zu keinen tiefgreifenden Ergebnissen führen werden, da auch die teilnehmenden Parteien keine Lösungskraft sind.

 Zum ersten Mal seit der Gründung der Föderation Nordsyriens finden Wahlen statt. Wie sind die Wahlen bisher verlaufen und gibt es schon genaue Angaben zu den Wahlen des höchsten Organs?

Die dritte Phase der Wahlen steht noch bevor. Wann genau sie stattfinden wird, können wir derzeit noch nicht sagen. Die hohe Wahlkommission hat noch kein offizielles Datum angegeben. Die erste und zweite Phase der Wahlen war sehr erfolgreich. Die Wahlen sind demokratisch und mit dem freien Willen der Bevölkerung verlaufen. Auch die Teilnahme der Bevölkerung war sehr hoch. Wir sind zuversichtlich, dass die Ergebnisse in Hinsicht auf die Vorbereitung als auch der Teilnahme der Bevölkerung starke Resultate mit sich bringen werden. Die Wahlen werden nicht nur in Nordsyrien eine grundlegende Änderung hervorbringen sondern auch wichtige und grundlegende politische Folgen für ganz Syrien haben. Sie werden auch eine starke Alternative für die Krise in Syrien aufzeigen. Die Alternative ist kein Nationalstaat. Die Alternative ist ein demokratisches System. Ein System, in dem alle Bevölkerungsgruppen, alle Religionen und besonders Frauen gleichberechtigt sind. Wir öffnen mit den Wahlen einen neuen Weg für Syrien und leisten wertvolle Arbeit für Nordsyrien. Mit Zuversicht kann ich sagen, dass wir den richtigen Weg gehen. Und diese Resultate werden eine positive Wirkung auf die ganze Bevölkerung Syriens haben.

Wie bewerten Sie die Teilnahme von Frauen an den Wahlen in Nordsyrien?

Die Teilnahme von Frauen an den Wahlen in der zweiten Phase war wirklich sehr hoch. Sowohl hinsichtlich der Kandidatinnen als auch beim Gang von Frauen zur Wahlurne war dies zu erkennen. Das ist sehr wichtig für uns. Wenn sich ein System auf der Grundlage der Freiheit von Frauen und Demokratie aufbaut, so wird es viele gute Erfolge erzielen und höhere Erfolgschancen haben. Deswegen sagen wir, dass die Freiheit der Frau die Basis unseres Systems der Föderation Nordsyriens als auch die Basis einer radikalen Demokratie ist. Deswegen nehmen auch 50 Prozent der Frauen in den Kommunen und Räten Platz. An der Teilnahme der Frauen an den Wahlen wird deutlich, dass Frauen zu diesem System stehen und dieses System als ihres ansehen. Es ist auch tatsächlich so, dass das System der Föderation in Nordsyrien ein System der Frau, der Völker und aller bisher unterdrückten und diskriminierten Menschen ist. Die Teilnahme der Frauen war sehr hoch und das macht unser System sehr stark.

 Welche Rolle spielt die Föderation Nordsyriens für eine Lösung des Konflikts in Syrien und im Mittleren Osten?

Ohne Zweifel zeigt die Föderation mit den Wahlen, dass die Bevölkerung in der Region die Kraft hat, ihre Probleme selber zu lösen, sich selbst zu verwalten und auch selbst eine Antwort auf die Krise in Syrien sein kann. Die Wahlen, die in Nordsyrien stattfinden, stellen die Basis für die Zukunft Syriens dar. Die Zukunft Syriens muss demokratisch, auf den Willen der Bevölkerung und auf ein föderales System aufgebaut sein, welches alle Bevölkerungsgruppen einschließt. Das neue System in Syrien muss auf der Freiheit der Frau basieren. Das alles wird in Nordsyrien praktisch umgesetzt. Deswegen kann man sagen, dass wir hier mit der Praxis einen neuen Weg für eine Lösung in ganz Syrien einschlagen. Der Aufbau eines neuen Syriens wird davon in naher Zukunft maßgeblich beeinflusst werden. Denn wenn wir wieder versuchen mit zentralstaatlichen und despotischen Methoden das Land zu verwalten, wie es vor 2011 der Fall war, werden wir scheitern. Das Beharren auf diese reaktionäre Politik trägt außerdem die Gefahr der Teilung Syriens in sich. Deswegen verläuft der Weg für die Einheit und Lösung Syriens über ein demokratisches System, welches gerade in Nordsyrien besteht.

 Wollen sie noch etwas Abschließendes sagen?

Als Bevölkerung und als Frauen aus dem Mittleren Osten, welche bisher immer aus allem ausgeschlossen waren, haben wir jetzt die Möglichkeit, in einer historischen Phase unsere Zukunft und unsere Geschichte selbst zu schreiben. So ist jetzt unsere Einigkeit, unser Zusammenhalt und unsere gegenseitige Unterstützung sehr wichtig. Wir dürfen uns nicht vereinzeln lassen, weil unsere Zukunft und unser Schicksal miteinander verbunden sind. So sehr wir zu dem Projekt, welches sich in Nordsyrien entwickelt, stehen, es vergrößern und stärken, so wird es einen Effekt auf alle Probleme in der Region haben. Das bedeutet, dass wir diese Aufgaben gemeinsam tragen, das Projekt verteidigen und weiter entwickeln müssen. So wie wir bisher sehr viele Schwierigkeiten überwinden und große Erfolge erzielen konnten, so können wir wieder mit der Einigkeit der Völker, der Frauen und der demokratischen Kräfte gegen jede weitere Bedrohung standhalten. Deswegen möchten wir dazu aufrufen, egal welche weiteren Schwierigkeiten uns bevorstehen, dass wir zusammen mit einer Stimme und einer Haltung gegen tyrannische und koloniale Mächte standhalten, damit wir eine freie und demokratische Zukunft sichern können.

Wir bedanken uns bei Foza Yûsif für das Gespräch.