Demokratischer Widerstand in einer Diktatur

Bewertung der Lage in der Türkei nach dem Verfassungsreferendum, Civaka Azad Dossier Nr. 10, Mai 2017

Der Türkei stehen ungewisse Zeiten bevor. Nach dem knappen Ausgang des Verfassungsreferendums und den zahlreichen Betrugsvorwürfen kann nicht von einer Stabilisierung der Lage gesprochen werden. Die seit dem Abbruch der Friedensgespräche mit der PKK im Frühjahr 2015 andauernde Staatskrise wird sich in diesem Jahr weiter zuspitzen. Angesichts gravierender politischer, sozialer und wirtschaftlicher Widersprüche in der Gesellschaft der Türkei ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Auseinandersetzungen in den kurdischen Provinzen in einen die gesamte Türkei umfassenden Bürgerkrieg verwandeln. Das innen- und außenpolitische Projekt der Türkei stellt mehr denn je das Wiederaufleben großtürkischer, neoosmanischer Ambitionen in den Mittelpunkt. Ganz oben auf der Agenda steht dafür die Zerschlagung des kurdischen Widerstandes und der PKK. Unter anderem zeigt sich die Bedeutung der Zerschlagung der kurdischen Opposition für die Türkei daran, dass sie sogar bereit ist vom Sturz des syrischen Präsidenten Assad abzusehen, um im Kampf gegen die Demokratische Föderation Nordsyrien (DFNS) an Gewicht zu gewinnen. Die zu erwartenden umfangreichen Militäroperationen in Nordkurdistan (Südosttürkei), Südkurdistan (Nordirak) und der Demokratischen Föderation Nordsyrien werden das gesellschaftliche Klima in der Türkei weiter anheizen. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Konfliktherde in dem Land stellt sich insbesondere für die deutsche Politik die Frage, wie verlässlich die Türkei mittel- und langfristig sein wird. Eine Ausweitung der innen- und außenpolitischen Krise, die womöglich einen Bürgerkrieg in dem NATO-Land zur Folge haben könnte, würde einen herben Rückschlag für die deutschen Interessen im Nahen und Mittleren Osten bedeuten.


Demokratischer Widerstand in einer Diktatur

Bewertung der Lage in der Türkei nach dem Verfassungsreferendum

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