Drohendes Massaker an Yeziden: Bevölkerung von Sengal gegen IS sich selbst überlassen

SengalAktuelle Meldung, Südkurdistan/Nordirak, 03.08.2014

Die Angriffe auf Sengal (Sindschar) durch IS (Islamischer Staat) dauern seit zwei Tagen an. Heute, am Morgen des 3. August, wurde vermeldet, dass die südkurdischen Peshmergekräfte sich aus der Region zurückziehen und die Bevölkerung gegen die Islamisten sich selbst überlassen werden.

Kämpfer von IS (Islamischer Staat) rücken unterdessen immer weiter in Richtung Stadtzentrum von Sengal vor. In vielen Dörfern sollen bereits die Fahnen des „Islamischen Staats” gehisst worden sein. Lokale Quellen berichten, dass IS mit der Einnahme von Sengal beabsichtigt, für sich einen Korridor von Mosul über Tal Afar und Sengal in Richtung Westen nach Rojava zu errichten.

Die Bevölkerung von Sengal gehört der kurdischen Religionsgemeinschaft der Yeziden an. Sollte die Stadt durch IS eingenommen werden, würde das für die dort lebenden Menschen die Gefahr eines Massakers mit sich bringen. Bereits jetzt berichten örtliche Quellen, dass sich tausende Menschen aus Sengal in Richtung Dihok (Dohuk) auf der Flucht befinden.

Es gibt derzeit Meldungen, dass die Peshmergekräfte sich vorübergehend aus Sengal zurückgezogen hätten, um auf weitere Unterstützung zu warten. Andere Meldungen hingegen erklären, dass die zur KDP gehörenden Peshmergekräfte komplett die Region verlassen haben. Zudem wird vermeldet, dass eine größere Einheit der Volksverteidigungseinheiten (YPG) aus Rojava sich vom Kanton Cizirê in Richtung Sengal in Bewegung gesetzt hat, um den Kampf der Bevölkerung gegen IS zu unterstützen.

Die Bevölkerung von Sengal hatten mehrfach die politischen Verantwortlichen dazu aufgerufen, die Sicherheitsvorkehrungen für die Stadt zu verstärken, da die dort lebenden Yeziden erklärtes Ziel der Islamisten seien. Ein Angebot der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans KCK aus den Kandilbergen, dass die Volksverteidigungskräfte HPG für den Schutz von Sengal sorgen könnten, wurde von der KDP unter der Führung von Barzani nicht gestattet. Im Zuge der aktuellen Angriffe von IS und dem Rückzug der Peshmergekräfte der KDP erneuerten nun die Yeziden aus Sengal mit einem dringenden Aufruf die Bitte um Unterstützung bei der Verteidigung ihrer Heimat.

Die Stadt Sengal gilt als heilige Stätte für die Glaubensgemeinschaft der Yeziden. Sie war bereits im August 2007 Angriffsziel islamistischer Organisationen. Bei mehreren zeitgleichen Bombenanschlägen wurden damals über 700 Zivilisten ermordet.

ANF, 03.08.2014, ISKU

KCK ruft KDP und PUK zum gemeinsamen Handeln für Sengal auf
Das KCK-Exekutivratsmitglied Zeki Sengali rief über den Fernsehsender Med Nuçe die Verantwortlichen der südkurdischen Parteien KDP und PUK dazu auf, zur Verteidigung von Sengal schnellstmöglich gemeinsam zu handeln. Sengali erklärte, dass ihre bewaffneten Kräfte für den Kampf gegen IS und für den Schutz der yezidischen Bevölkerung bereit stehen. „Wir stehen in Kontakt mit der KDP und der PUK. Sollten sie zum gemeinsamen Handeln bereit seien, können unsere Kräfte sich direkt in Bewegung setzen”, so Sengali.
ANF, 03.08.2014, ISKU