Ein Spiel, indem die Götter als Schiedsrichter fungieren

Ferda ÇetinFerda Çetin, Journalist, 14.04.2013

Wir reden über den Frieden. Nach so viel Kampf, Toten, Zerstörung, Tributen und Schmerz zu einem natürlichen und notwendigen normalen Leben übergehen. Fein, schön, aber wer hat diesen Krieg, der alsbald ein Ende finden sollte, überhaupt und weshalb begonnen?

In Lateinamerika akzeptiert die polytheistische Maya-Kultur die sozialen Beziehungen, die Kämpfe zwischen Menschen und Gesellschaften als Sache der Götter. Gute und Böse Götter sind immer im Clinch. Sowie Licht und Schatten, Leben und Tod nicht voneinander unabhängig sind, so ist die Zukunft der Menschen von den Gefechten nicht unabhängig.
Die Hethiter glauben, dass die Menschen die gleichen Attribute, wie die Götter besitzen.

Auch die Götter essen, trinken, feiern, lieben, hassen, sind ambitioniert und wenn ihnen danach ist helfen sie einem oder drehen einem den Rücken zu. Es gibt auch Götter, die in der Kriegskunst Experten sind. Im Leben der Menschen sind die Götter ein fester Bestandteil und auch die Eingriffe der Götter in dieses Leben sind offensichtlich. Daher bringt der Hethiter König Mursili II. während der Pest in seinem Gebet an die Götter seinen Ärger und Unmut wie folgt zum Ausdruck: „Falls ihr es euch weiterhin anschaut, wie die Pest die ganze Heimat vernichtet und das Hethiter Volk ausrottet, werden am Ende keine Menschen mehr übrig bleiben, die man euch opfert kann und ihr werdet verdursten und verhungern.“1
Erkennen sie die Auflehnung und die Drohung? Evrim Alatas, die kurz vor Ihrem Tod gefragt wurde, „wenn sie Gott treffen würden, was würden sie ihm sagen?“, antworte genau wie König Mursili II. auf diese Frage: „Welch ein Kummer hast du erlitten, dass du den Kurden so viel Unheil antun musstest?“

Am 28. Mai 585 v. Chr. haben sich die Meder und die Lyder in Westanatolien auf einen erbitterten Krieg vorbereitet. Die Heere sind vorbereitet, die Schwerter sind gezogen und genau in diesem Moment kommt eine Sonnenfinsternis zustande. Die Parteien sehen das als Zeichen dafür, dass die Götter gegen den Krieg sind und sie einigen sich daher nicht zu kämpfen.2
Die Zivilisationen, die wir „alt“ nennen, sind in der Mehrzahl der Ansicht, dass der Krieg eine Sache der Götter ist. Wie konnte es passieren, dass die Menschen nach tausenden von Jahren die Realität ihrer Ahnen vergessen haben. Der Krieg wird so aufgefasst, als würden in unserer Zeit keine Kriegsgötter existieren, als wäre der Krieg die Sache der einfachen Menschen oder etwas, dass die einfachen Machthaber simpel verändern können. Die großen Gottheiten setzen in Ländern, in denen eine Ungerechtigkeit herrscht, die lokalen und schwachen Gottheiten ab und berufen anstelle derer ständig im Namen von „Gerechtigkeit“ und „Demokratie“ eigens geschaffene kleine Gottheiten.

Die herrschenden Machthaber verallgemeinern auch, wie jedes andere Problem, dieses Problem, womit die ganze Gesellschaft Teil dessen wird und damit auch bei Straftaten der Gottheiten ein Teil dessen sind, womit die Gottheiten versuchen sich rein zu waschen. Es wird versucht zu zeigen, dass Kriege und Gefechte per se und geplant funktionieren, sowie ein von Menschen und Gesellschaften mit ketzerischem Gedankengut relativ einfach auszulösende Ereignisse sind.

Vor diesem Hintergrund sind die, die jeden Krieg nach dem Motto „es gibt im Krieg keinen gerechtfertigten oder ungerechtfertigten“ vereinheitlichen, keine Humanisten, vielmehr dient diese Ansicht dazu, dass die Straftaten der Herrschenden kollektiviert werden und die wirklichen Täter gedeckt werden. Denn auch den Krieg gibt es in verschiedenen Formen: berechtigte Kriege, unberechtigte Kriege, Besetzungs- und Annexionskriege, legitime Verteidigung und Verteidigungskriege, Plünderungs- und Einnahmekrieg, Verteidigung des Eigentums, Vernichtungs- und Ausrottungskriege, Krieg zum Überleben …

Sind denn die Genozide und Einnahmekriege der Spanier und Portugiesen gleich, wie die Verteidigungskriege der Einheimischen? Die Kolonialisierung von Indien durch die Briten und der Freiheitskampf von Gandhi dagegen können nicht die zwei Seiten eines Spiegels sein.

Was hat Frankreich in Tschad, Kamerun, Tunesien, Algerien, Senegal, Guinea, Niger und Kongo gesucht? Eine Antwort auf diese Frage liefert die Bedeutung von Burkina Faso in der einheimischen Sprache: „Land der glücklichen Menschen“.

Was hat die USA in Vietnam zu tun gehabt? Das sie dort verloren hat war doch für die ganze Welt ein Segen oder? Was hat denn der Krieg, den sie in Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien und Iran führen mit der Freiheit der Menschen in diesen Ländern zu tun? Wir wissen, dass die weltweiten Erdöl-Reserven 2025 und die Erdgasvorkommen 2045 erschöpft sein werden. Es wird lediglich noch Kohle übrigbleiben. Das Bemühen der USA, die Welt so schnell wie möglich zu „demokratisieren“ kommt daher. Die Diktatoren und anti-demokratischen Führungen in diesen Ländern legitimiert in keiner Weise die Besatzung der Erdkugel durch die USA.

Die Teilung von Kurdistan durch die vier Besatzer, die Ablehnung der Kurden unter der Drohung von Vernichtung und Völkermord zu leben, deshalb den Freiheitskampf anzunehmen, kann das die Kriegsparteien, in den Jahrhunderten andauern Krieg gleichstellen? Die Sache ist im Grunde relativ simpel, es geht nur darum, dass der von den Bergen kommende, die in den Tälern vertreiben will.

Andere Götter gibt es natürlich auch; wie die Vereinten Nationen, die Europäische Union, die Weltbank oder den Internationalen Währungsfond. Der größten darunter sind die Vereinten Nationen. Angeblich sind alle Staaten an diese höhere Organisation gebunden und würden die Entscheidungen von ihr befolgen. Wir erinnern uns aber bisher an keine einzige Auseinandersetzung und an keinen Krieg, den die Vereinten Nationen beendet haben. Weil die ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat der Vereinten aus den USA, Russland, Frankreich, England und China bestehen, welche bei dem Ranking der verkauften Waffen die ersten fünf Plätze belegen. Wenn man von den Vereinten Nationen redet, dann redet man von denen. „Das alte Mädchen, die Vereinten Nationen, hat die Anforderungen nicht erfüllt. Ihr Dienstgrad wurde herabgestuft. Sie ist im Moment wie die Türsteherin der Welt. Sie wurde eingestellt, um den Dreck der Menschen zu beseitigen. Bei Bedarf wird sie nach Belieben ausgenutzt und belästigt.“3

Die Europäische Union hat vor ein paar Tagen hinsichtlich der Gespräche zwischen dem türkischen Staat und der PKK ihre Zufriedenheit zum Ausdruck gebracht und für das Fortschreiten der Gespräche Ihre volle Unterstützung zugesagt. Diese Aussage ist weit von Glaubhaftigkeit entfernt, eine künstliche und ohne Wert, wie der Geschwafel von einem mittelmäßigen Gott. Während die 4.000 kurdischen Dörfer verbrannt, 17.000 zivile kurdischen Menschen ermordet, die Kurden in Maßen in die Gefängnisse gesteckt wurden und das Masssaker von Roboskî sich ereignete, war es dieser arrogante Gott der den türkischen Staat mit Panzern, Flugzeugen, Bomben, Waffen und finanziell unterstützt hat und obendrein hat er in diesem asymmetrischen Krieg die kurdische Freiheitsbewegung, die versucht hat sich zu verteidigen, mit Terror beschuldigt. Als der kurdischen Volksvertreter Öcalan mit der Hoffnung einer politischen Lösung nach Europa gekommen ist, war es auch dieses Europa, welches heute eine politische Lösung begrüßt, die ihm alle Toren verschloss.

Einer der höchsten Führungspersonen des Internationalen Währungsfonds, dem Finanzier und Diener der Kriegsgötter, der Afrikaner David Budho hat in seinem Rücktrittsgesuch an dem Vorsitzenden die Verbindungen wie folgt dargestellt: „Es gibt viel Blut, auch sie wissen es. Es fließt wie die Flüsse. Mich hat es gänzlich beschmutzt. Manchmal, wenn ich etwas in euren Namen gemacht habe und es dann reinigen soll, habe ich den Eindruck, dass es dafür auf der Welt nicht genügend Seife gibt.“4
Kurz gefasst, früher und heute werden die Kriege von den Göttern gemacht. Kleine und große Götter …

Ist der Krieg eine andere Form Politik zu betreiben, dann wird der Krieg fortgeführt werden. Aber dieses Mal wird die Politik mit anderen Mitteln geführt werden und das wird zu einem noch verheerenden Krieg führen. Der neue Krieg wird um die Organisierung der Gesellschaft, die Schaffung von Institutionen, die zur Lösung der eigenen Probleme dienen und um die Schaffung einer Kapazität die Entscheidungen trifft. Eine Lebensart, in der die Menschen es ablehnen ihre Angelegenheiten den Göttern zu überlassen, dies zu ihrem Lebensmotto machen, in der weder Sieg noch Niederlage herrschenden …

„Im Grunde bedeutet das, was wir den inneren Frieden nennen, das die eine Art Krieg zu führen beendet und eine andere Art begonnen wird.“5

Kann es nach einem Krieg solch einen Krieg, in dem so viele „Götter“ Parteien sind, überhaupt Frieden geben? Der türkische und kurdische Krieg hat dennoch hohe Chancen auf einen Frieden. Weil der kurdische Volksvertreter, die Guerillabewegung und das kurdische Volk nicht schwach und zornig sind. Ihre Stärke und Organisierung sind am Gipfel angelangt. Sie weiß um die Existenz und der Absichten der Götter. Das kurdische Volk ist über die Ereignisse im Klaren und zweifelt nicht im grinsten an dem Aufbau einer Zukunft. Das alles sind große Vorteile um einen Krieg zu beenden.

Wenn die anderen Völker sich gegen die Götter erheben würden, dann Würde der Frieden sich noch mehr ausweiten. 

Nach der Legende spricht Gott zu Zarathustra, der sich in den Zagros Bergen aufhält: Wer bist du! Zarathustra antwortet der donnernden, drohenden, unsichtbaren und befehlenden Stimme in der gleichen Weise: Wer bist du!
Seit dem dauert der Krieg an.
Das Geheimnis vom Frieden und gemeinsamen Leben liegt in dem Mut zu sagen: „Wer bist du?“

Quelle: Yeni Özgürpolitika PolitikArt, 14.04.2013 ISKU

Fußnoten:
1) Hitit Hukuku, Erdal Erdogan, Fam Yayinlari-2012, S.58.
2) Hitit Hukuku, Erdal Erdogan, Fam Yayinlari-2012, S.58.
3) Sokaktaki Insanin Imparatorluk Rehberi, Arundhati Roy, Agora-2005, S.72.
4) Biz Hayir Diyoruz, Eduardo Galeano, Metis-2008, S.70.
5) Çokluk, Michael Hardt-Antonio Negri, Ayrinti Yay.-2004, S.29.

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