Friedensaufruf Abdullah Öcalans zum Newrozfest am 21. März

newrozPressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V., 19.03.2013

Bereits in kurzer Zeit könnte es zu einer friedlichen Lösung des bewaffneten Konflikts zwischen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der türkischen Regierung kommen. Der auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierte PKK- Vorsitzende Abdullah Öcalan wurde am Montag, den 18.03. von einer Delegation der drei Abgeordneten der Demokratischen Friedenspartei BDP, Selahattin Demirtas, Pervin Buldan und Sirri Süreyya Önder besucht. Ihnen gegenüber äußerte Öcalan, dass er zum kurdischen Neujahrsfest Newroz am 21. März einen historischen Aufruf an die in Diyarbakir/Amed feiernden KurdInnen senden wird. Es wird davon ausgegangen, dass Öcalan eine Waffenruhe verkündet.

Bereits im letzten Dezember kam es zur Wiederaufnahme der Gespräche zwischen der türkischen Regierung und dem PKK- Vorsitzenden auf Imrali. Seitdem hatten zwei Delegationen der BDP Öcalan im Februar 2013 besuchen können. Zuvor genehmigten die türkischen Regierungen seit 1999 keiner Person außer Verwandten und Anwältinnen Öcalan zu besuchen. Die AnwältInnen des Politikers werden allerdings mittlerweile seit gut 1 ½ Jahren ebenfalls daran gehindert nach Imrali zu reisen und mit ihrem Mandanten zu sprechen. 36 von Ihnen wurden seit 2009 inhaftiert.

Nach der Rückkehr aus Imrali verlas der Co- Vorsitzende der BDP Selahattin Demirtas folgende Nachricht Abdullah Öcalans: „Der Lösungsprozess der kurdischen Frage ist momentan von positiven Fortschritten gekennzeichnet. Unser Ziel ist eine Demokratisierung der gesamten Türkei. All unsere Bemühungen gehen in diese Richtung. Zur Zeit bereite ich eine historische Erklärung für die Newrozfeierlichkeiten am 21. März vor. Diese betrifft sowohl die militärische, als auch die politische Dimension des Problems. Ich möchte einen Impuls für das schnellstmögliche Schweigen der Waffen geben – ohne dass weitere Menschen sterben. Diesbezüglich ist die Unterstützung der politischen Parteien und des Parlaments, dass den Willen der Bevölkerung repräsentiert, notwendig und wertvoll. Ich hoffe, dass ein Rückzug schnell verläuft und dass das Parlament seiner historischen Aufgabe entsprechend, die notwendigen Schritte unternimmt, um einen bleibenden Frieden zu ermöglichen. In der Hoffnung, dass ich im Verlauf des Friedensprozesses die Öffentlichkeit mit detaillierten Informationen erreichen kann, richte ich nochmals Allen meine Grüße aus.“

Als Zeitpunkt für diesen Aufruf hat sich Abdullah Öcalan bewusst den 21. März – das Newrozfest – ausgesucht. Das Fest hat einen symbolischen Charakter. Es ist in der kurdischen Geschichte der Tag der Befreiung von Tyrannei und des Widerstands gegen Unrecht sowie des Friedens und der Demokratie. In der heutigen Zeit hat das Newrozfest eine weitere Dimension. Immer wenn es in den kurdischen Provinzen und in den westtürkischen Großstädten erlaubt wurde und die Polizei die Festlichkeiten nicht Angriff wurde das Fest friedlich gefeiert. Im letzten Jahr belegte die türkische Regierung die Newrozfeierlichkeiten Vielerorts mit einem Verbot. Als Folge davon kam es zu Polizeiübergriffen und massiven Auseinandersetzungen. Ein Funktionär der BDP starb durch eine Tränengasgranate mehrere hundert Menschen wurden verletzt. In diesem Jahr ist das Newrozfest bisher überall erlaubt und verläuft daher friedlich. Noch immer besteht jedoch das Verbot des Buchstaben „W“, der im türkischen Alphabet nicht existiert. Eine Beeinträchtigung, aufgrund derer Newroz in der Türkei als Nevruz gefeiert wird. Diese Praxis macht die immer noch vorhandenen Barrieren bezüglich der Gewährung der kulturellen sowie der Grund- und Freiheitsrechte für die KurdInnen und religiöse und ethnische Minderheiten in der Türkei deutlich.

Am 21. März werden zur Newrozfeier in Diyarbakir Millionen Menschen erwartet. Höchstwahrscheinlich wird Selahattin Demirtas den Aufruf von Abdullah Öcalan verlesen, auf dessen Inhalt alle Seiten gespannt warten.

Bereits seit letzten Sonntag feiern Millionen Menschen in Kurdistan und in der Türkei Newroz, dass in diesem Jahr unter dem Motto „Freiheit für Öcalan – Ein Status für das kurdische Volk“ stattfindet. Im Vorfeld des jetzigen Dialogs haben sämtliche kurdischen Akteure betont, dass sie in Bezug auf den Friedensprozess hinter Abdullah Öcalan stehen und die von ihm getroffenen Entscheidungen als bindend sehen. Bereits im Verlauf des vorherigen Dialogprozesses, der nach den Parlamentswahlen 2011 beendet wurde, hatte Abdullah Öcalan eine „Road Map“ für die Lösung der kurdischen Frage vorgelegt. Diese soll auch im jetzigen Prozess als Grundlage dienen. (die Roadmap ist mittlerweile auch auf Deutsch als Buch erhältlich).

Die kurdische Seite hat indessen betont, dass die Vorschläge und Schritte der türkischen Regierung hinsichtlich einer Lösung von großer Bedeutung sind. Der türkische Justizminister Sadullah Ergin sagte in einem Interview mit dem türkischen Fernsehsender Kanaltürk am 18.03.2013, dass für einen Rückzug der kurdischen Guerillaeinheiten von der Regierung entsprechende Gesetzesänderungen umgesetzt werden können. Des Weiteren äußerte er: „Es gibt keine Garantie für den Verlauf dieses Prozesses, jedoch gibt es eine Garantie für das was passieren wird, wenn der Prozess nicht positiv voranschreitet.“

Wörtlich heißt Newroz neuer Tag. Der Beginn eines neuen Jahreszyklusses und einer neuen Jahreszeit – des Frühlings – wird gefeiert. Über Jahrtausende wurde Newroz als Fest gegen Unterdrückung und für eine gute sowie schöne Zukunft gefeiert. Nun hoffen wir, dass die Erklärung, die Abdullah Öcalan zu diesem Newrozfest am 21. März abgibt, zum Ende des seit 30 Jahren andauernden Krieges führen wird.

In diesem Sinne wünschen wir ein fröhliches Newrozfest mit der Hoffnung, dass es als Anlass des Friedens genommen wird und als ein solch positives historisches Datum in die Geschichte eingeht.

Newroz pîroz be! Frohes Newroz!

Für weitere Informationen und Rückfragen stehen wir gerne unter der Nummer 069-84772084 zur Verfügung.

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