“Herangehensweisen, welche die Kurden und die PKK voneinander trennen, sind falsch”

Mustafa Karasu im Interview mit Rojbin Deniz für die Nachrichtenagentur Firat, 19.05.2017

Nach dem Treffen zwischen dem US-Präsidenten Donald Trump und dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan am 16. Mai nimmt Mustafa Karasu, Mitglied des Exekutivrats der KCK, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Firatnews Stellung zu der Erklärung Trumps, den Kampf der Türkei gegen die PKK zu unterstützen. Im Folgenden veröffentlichen wir in Auszügen die Ausführungen von Karasu:

„Die USA und Europa verfolgen bei ihren Verhandlungen folgende Politik, die angeprangert werden muss: „Wenn ihr unsere Politiken unterstützt und tut, was wir verlangen, werden wir euch bei der Vernichtung der PKK unterstützen.“ Dies ist eine schmutzige und kurdenfeindliche Politik. Man kann nicht zeitgleich gegenüber den Kurden freundschaftlich und gegenüber der PKK feindlich sein. Die Türkei bei der Feindschaft und Vernichtung der PKK zu unterstützen, ist offensichtlich Kurdenfeindlichkeit. Deshalb ist es nicht möglich, dass nach diesem Treffen die Beziehungen mit der PYD und der QSD normal fortgeführt werden und die Türkei gleichzeitig bei der Vernichtung der PKK und der kurdischen Freiheitsbewegung unterstützt wird. Weder wir, noch die kurdische Gesellschaft, noch die Gesellschaft von Rojava werden diese schmutzige Politik akzeptieren. Sowohl die USA, als auch Europa müssen in ihren Beziehungen mit der Türkei mit dieser Logik brechen. Es ist keine moralische Politik die PKK als Schwäche der Türkei auszunutzen. Das ist kurdenfeindliche Politik. Es scheint so, dass bei diesem Treffen zum Teil wieder solch eine Herangehensweise, solch eine schmutzige politische Beziehung, die Kurdenfeindlichkeit zum Ausdruck bringt, an den Tag gebracht wurde. Es sieht so aus, als ob das Treffen im Rahmen von Kurdenfeindlichkeit und im politischen Sinne schmutzigen, unmoralischen, gewissenlosen und undemokratischen Herangehensweisen abgehalten wurde. Wenn die Feindschaft gegenüber der PKK ein Ergebnis dieses Treffens ist, ist es nicht zu akzeptieren. Herangehensweisen, welche die Kurden und die PKK voneinander trennen, sind falsch. Dies muss beendet werden. Beziehungen mit der PYD und YPG, aber Feindschaft mit der PKK! Beziehungen mit der KDP, aber Feindschaft mit der PKK! Beziehungen mit der HDP oder anderen Kräften, aber Feindschaft mit der PKK. Das bedeutet Feindschaft gegenüber allen Kurden. In dieser Hinsicht ist es nicht moralisch und gewissensvoll, dass Russland, die USA, Europa oder andere Staaten mit der Türkei eine Beziehung in solch einem Rahmen zu führen. Es ist schmutzig und kurdenfeindlich. (…)

Demokratiefeindlichkeit ist Kurdenfeindlichkeit. Es ist falsch nur die Bewertungen in Hinsicht auf die Rakka-Operation oder die Rojava-Politik zu treffen. Denn es wurde über die PKK gesprochen. Es wurde gesagt, dass es Unterstützung zur Vernichtung der PKK geben wird. Es ist falsch zu denken, dass die fehlende Unterstützung für die Rojava-Politik der Türkei in Hinsicht auf die Kurden zu guten Ergebnissen führen wird. Das Treffen muss ganzheitlich betrachtet werden. Dass Trump erklärt hat beim Thema PKK Unterstützung zu liefern und bereit ist Waffen dafür zu geben, macht deutlich, dass das Treffen vollständig auf Basis der Feindschaft gegenüber den Kurden und der PKK abgehalten wurden. Die ersten Auswirkungen sehen so aus. Einige Kommentatoren geben solche Bewertungen ab. Wir hoffen sie stimmen nicht. Denn die Politik des Kalten Krieges wird weder Europa, noch der USA nutzen. Zur Zeit des Kalten Krieges gab es verschiedene Lager. Die Türkei war von Bedeutung. Daher wurde ihr jede Unterstützung gegeben und gegenüber dem kurdischen Genozid drückte man ein Auge zu. Doch die Zeit des Kalten Kriegs ist vorüber. Ein neuer Mittlerer Osten, eine neue Welt baut sich auf. Die Kurden sind die demokratische Kraft des Mittleren Ostens. Die PKK ist der Demokratisierungsmotor des Mittleren Ostens. Sie ist die grundlegende Kraft mit ihrer Linie der Frauenbefreiung und der demokratischen Autonomie, sowie ihrem radikalem Demokratieverständnis. Man will die Hauptkraft und Hauptdynamik der Demokratisierung vernichten, aber etwas gutes für die Völker des Mittleren Ostens wollen? Dies öffnet eigentlich dem Islamischen Staat und der Al-Nusra-Front den Weg. Die Türkei ist ein Hindernis für die Demokratisierung des Mittleren Ostens. Unser Kampf mit der Türkei ist ein Kampf um die Demokratie in der Türkei. Ein Kampf für die Demokratie im Mittleren Osten. Unser Kampf mit der Türkei ist ein Demokratiekampf gegen das Sektierertum, den Fundamentalismus und den Chauvinismus, der die Völker im Mittleren Osten aufeinander hetzt. So muss der Kampf gegen die Türkei betrachtet werden. (…)

Beim Treffen zwischen Bush und Erdoğan am 5. November 2007 wurde als Gegenleistung für die Akzeptanz von Südkurdistan die Vernichtung der PKK unterstützt. Man unterstützte damals die AKP. Wenn nun als Gegenleistung für das Fortführen der Beziehungen zu Rojava, die Vernichtung der PKK, die Vernichtung des Freiheitskampfes der Kurden in Nordkurdistan unterstützt wird, kann dies nicht akzeptiert werden. (…)

Wir sagen nicht, dass es keine Beziehungen mit der Türkei geben soll. Doch diese Beziehungen können nicht auf Basis von PKK-Feindlichkeit und Kurdenfeindlichkeit geführt werden. Diese Politiken müssen nun auch von unserer Gesellschaft, unseren Demokratiekräften und den weltweiten demokratischen Kräften bewertet werden. Diese schmutzigen Politiken, Beziehungen und Verhandlungen müssen abgebrochen werden. Wir werden dieses Treffen verfolgen und bewerten. Denn noch ist wenig Zeit vergangen und wir werden im Sinne der Auswirkungen Bewertungen treffen. Wenn sich innerhalb der nächsten Tage die Auswirkungen konkretisieren, werden wir Näheres zum Ausdruck bringen.“