Mindestens zehntausend Menschen fliehen vor IS nach Rojava – Humanitäre Hilfe notwendig

sengal_fluchtPressemitteilung, Civaka Azad, 10.08.2014

Seit der Einnahme der êzidischen Stadt Şengal (Sindschar) am 3. August durch die Organisation „Islamischer Staat“ befinden sich weiterhin mehr als hunderttausend Menschen auf der Flucht. Ein Teil der Flüchtlinge ist nach Rojava gelangt. Über einen sicheren Korridor, der durch die Kämpferinnen und Kämpfer der YPG (Volksverteidigungseinheiten; aus Rojava/Nordsyrien) und der HPG (Volksverteidigungskräfte, bewaffnete Guerillakräfte der PKK) gesichert wird, konnten mehr als 10.000 Menschen von den Şengalbergen, auf die sie vor der IS geflüchtet waren, in die Stadt Derik in Rojava Zuflucht finden. Dort leben sie derzeit in dem Newroz-Flüchtlingscamp.

Allerdings leiden die Menschen auch dort an Lebensmittelknappheit. Der Kanton Cizîre, in welchem sich das Flüchtlingscamp bei Derik befindet, ist selbst einem wirtschaftlichem Embargo ausgesetzt, sodass es an der Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung nicht nur für die Flüchtlinge aus Südkurdistan/Nordirak sondern für die gesamte Bevölkerung des Kantons mangelt. Der Vorsitzende der Übergangsregierung des Kanton Cizîre Ekrem Hiso ruft aufgrund der erschwerten Versorgungslage die UN dringend zu humanitärer Hilfe auf. Hiso erklärt auch, dass die UN bislang auf keinen Aufruf zu humanitärer Hilfe reagiert habe und fährt wie folgt fort: „Als Bevölkerung und Regierung tun wir alles in unserer Hand stehende für die Flüchtlinge. Um sie vor den Angriffen des IS zu schützen, sind unsere YPG Kräfte kämpfend bis nach Şengal durchgedrungen und haben dort einen sicheren Korridor für die Menschen errichtet. Allerdings können wir mit unseren begrenzten Mitteln unseren Geschwistern aus Şengal nicht im ausreichenden Ausmaß Hilfe leisten. Aus diesem Grund rufen wir die UN erneut dringend zur Hilfe auf.“

Derzeit befindet sich die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke in der Region, um sich ein Bild über die Lage der Menschen in Südkurdistan/Nordirak und Rojava zu machen. Im Folgenden leiten wir Ihnen die Pressemitteilung von Frau Jelpke zu der Situation der Menschen im Newroz Flüchtlingscamp bei Derik weiter.

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Zehntausende Flüchtlinge in Rojava brauchen sofort humanitäre Hilfe

09.08.2014

“Zehntausend Menschen campieren hier in der Stadt Derik in einem provisorischen Flüchtlingslager und es kommen ständig neue dazu. Sie brauchen sofort humanitäre Unterstützung durch das Ausland. Denn aufgrund des Embargos der Türkei gegen die kurdische Selbstverwaltungsregion fehlt es hier an allem, an Zelten, Nahrungsmitteln und Medikamenten”, erklärt die Bundestagsabgeordnete der LINKEN, Ulla Jelpke aus der Stadt Derik im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet Rojava im Nordosten Syriens. Die Abgeordnete befindet sich zurzeit auf einer Rundreise durch die kurdischen Gebiete der Türkei, Syriens und des Irak, um sich mit eigenen Augen ein Bild von der Lage zu machen. Jelpke weiter:

“Der einzig sichere Fluchtkorridor aus den Sengal-Bergen, in denen sich zehntausende ezidische Flüchtlinge vor den djihadistischen Mörderbanden verbergen, führt nach Rojava. Flüchtlinge berichteten mir, dass Guerillakämpfer der Arbeiterpartei Kurdistans und Volksverteidigungseinheiten aus Rojava sie auf ihrem Weg zur Grenze geschützt hätten. Ich fordere das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen auf, sofort in Rojava tätig zu werden. Die selber permanent von den IS-Banden angegriffene Selbstverwaltungsregion Rojava darf bei der Rettung der Flüchtlinge nicht alleine gelassen werden.”

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Massaker an Yeziden im Irak – Drohender Genozid an der religiösen Minderheit der Yeziden

08.08.2014

Die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international hat bezüglich der aktuellen Ereignisse in Şengal (Sindscha) mit einer Pressemitteilung „Massaker an Yeziden im Irak – Drohender Genozid an der religiösen Minderheit der Yeziden“ auf die Lage aufmerksam gemacht.

medico fordert, dass diese Unterstützung unterschiedslos der kurdischen Regionalregierung im Irak und der Selbstverwaltung der kurdischen Kantone in Syrien (Rojava) gewährt wird. Es darf nicht sein, dass die einzigen, die sich wirklich für das Überleben der Yeziden und der anderen Minderheiten einsetzen, von der deutschen Außenpolitik weiter übergangen werden. Außerdem muss endlich Druck auf den NATO-Partner Türkei ausgeübt werden, damit das Nachbarland von Syrien und dem Irak nicht länger Transit- und Ruheraum von dschihadistischen Terrorgruppen bleibt, deren Mitglieder zunehmend auch aus Deutschland kommen.

 

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