Pressegleichschaltung mithilfe des Ausnahmezustands: AKP verbietet weitere Fernsehsender

zarok-tvCivaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 29.09.2016

Auf Grundlage des Ausnahmezustands hat  die türkische Regierung per Dekret ein Ausstrahlungsverbot für insgesamt  zehn Fernsehsender ausgesprochen. Betroffen von der Maßnahme sind unter anderem der oppositionelle Fernsehsende „Hayatin Sesi“, der alevitische Sender TV10 und kurdischsprachige Zeichentricksender Zarok TV. Die betroffenen Fernsehsender sind über den türkischen Satellitenbetreiber Turksat seit dem 28. September nicht mehr zu erreichen. In den nächsten Tagen wird auch die türkische Rundfunkanstalt RTÜK sich mit den Sendern befassen, was voraussichtlich die Umsetzung des Ausstrahlungsverbots für die betroffenen Fernsehkanäle zur Folge haben wird.

„Oppositionelle Stimmen werden zum Schweigen gebracht“

Der Programm-Koordinator des Fernsehsenders Hayatin Sesi, Arif Koşar, erklärt zum Ausstrahlungsverbot seines Senders, dass die AKP ein Einparteiensystem und eine Ein-Mann-Diktatur in der Türkei zu etablieren versuche. Der aktuelle Schritt der AKP liefere dafür lediglich einen weiteren Beweis. „Oppositionelle Stimmen sollen zum Schweigen gebracht werden und das Ausstrahlungsverbot macht nochmal deutlich, dass man als Oppositioneller in der Türkei derzeit keine Sicherheit genießt“, so Koşar.

Veli Büyükşahin, Redaktionsmitglied des alevitischen Fernsehsenders TV 10, bewertet das Ausstrahlungsverbot seines Senders als Teil einer Gleichschaltungspolitik und Assimilationspolitik der AKP gegenüber der alevitischen Glaubensgemeinschaft. „Wir haben die Kultur, die Stimmen, die Probleme und die Forderungen der Aleviten zum Thema unseres Fernsehprogramms gemacht. Das scheint die Regierungspartei derart gestört zu haben, dass sie sich nun zu diesem Schritt gezwungen sah. Die Stimme der Aleviten soll also zum Schweigen gebracht werden“, erklärt der Mitarbeiter von TV 10.

Zarok TV: „Welche Propaganda haben wir betrieben?“

Die Leiterin des Senders Zarok TV Dilek Demiral stellt sich nach dem Ausstrahlungsverbot gegen ihren Sender die Frage, welche Propaganda ihr kurdischsprachiger Zeichentricksender denn betrieben habe. Der Sender mit Sitz in Amed (Diyarbakir) hatte ausschließlich international bekannte Zeichentrickserien wie „Die Schlümpfe“ oder „Biene Maja“ ins kurdische synchronisiert und ausgestrahlt. Demiral fordert eine Erklärung der Regierung für das Ausstrahlungsverbot und fährt wie folgt fort: „Wenn sie uns eine einzige Straftat, ein einziges Propagandadelikt beweisen können, werden wir selbst unseren Sender schließen. Unsere einzige Schuld ist, dass wir in kurdischer Sprache Zeichentrickserien gesendet haben.“

Rückenwind für türkische Medienzensur aus Europa: Eutelsat fordert Schließung von MedNuce TV

Parallel zu den ausgesprochen Ausstrahlungsverboten der AKP gegen zehn Sender, hat der französische Satellitenbetreiber EUTELSAT wohl andere europäische Satellitenbetreiber dazu aufgefordert, den Sendeplatz für den kurdischen Fernsehsender MedNuce TV zu streichen. Das berichtet der betroffene Fernsehsender selbst in einer schriftlichen Stellungnahme vom 29. September.  MedNuce TV erklärt, dass die Aufforderung hierzu von der AKP-Regierung aus der Türkei kommt. Die Türkei habe mit dem Verbot der zehn Sender am Tag zuvor bewiesen, was sie von der Meinungs- und Pressefreiheit hält. Die Tatsache, dass EUTELSAT, immerhin der drittgrößte Satellitenbetreiber der Welt, sich hinter die Aufforderung der AKP stelle, mache das Unternehmen zum Mittäter, erklärt der kurdische Nachrichtensender.