Proteste gegen die verschärfte Isolation Öcalans

öcalan_ProtestEine Zusammenfassung verschiedener Stellungnahmen zur verschärften Isolation von Abdullah Öcalan, 24.06.2015

Seit den Ergebnissen der Parlamentswahlen vom 7. Juni 2015 ist die Türkei von Diskussionen über eine mögliche Koalitionsregierungen geprägt. Mit dem Einzug der Demokratischen Partei der Völker (HDP) hat die AKP (Partei der Gerechtigkeit und Aufschwung) ihre absolute Mehrheit verloren und ist nun auf einen Koalitionspartner angewiesen. Mit dem Ende der intensiven Wahlkampfphase stellt insbesondere die kurdische Demokratiebewegung den seit zwei Jahre andauernden sogenannten Lösungs(Friedens)prozess zwischen der PKK und dem türkischen Staat bzw. der türkischen Regierung in den Vordergrund. Vor allem an den Haftbedingungen des Hauptverhandlungspartner der kurdischen Seite, dem auf der Gefängnisinsel İmralı inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan, ist der aktuelle Stand des Friedensprozesses abzulesen. Das letzte Treffen der İmralı-Delegation mit Öcalan fand am 5. April 2015 statt. Seit dem blieben die Gesprächsanträge der Delegation unbeantwortet. Die İmralı-Delegation resümierte bereits am 19. Mai den Stand des Friedensprozesses zwischen der Türkei und der PKK. Bis kurz vor dem Abbruch der Verhandlungen durch die AKP-Regierung hätte die Gründung einer unabhängigen Beobachtungsdelegation, sowie einer Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission im Raum gestanden. Ebenso wurden die Anträge der Anwälte und Anwältinnen von Öcalan seit ihrer letzten Zusammenkunft vor fast genau vier Jahren, am 27. Juli 2011, bis jetzt immer wieder mit fadenscheinigen Begründungen zurückgewiesen.

Angesichts der verschärften Isolation von Abdullah Öcalan gibt es zahlreiche Stellungnahmen. Im Folgenden einige Auszüge:

DEM-GENÇ: Isolation gegen Öcalan, ist Verrat am (Friedens-)Prozess

Auf Aufruf der Demokratischen Jugendföderation (DEM-GENÇ) wurde in den vergangenen Tagen eine Reihe von Aktionen in mehreren Städten der Türkei und Nordkurdistans durchgeführt. Zehntausende Jugendliche demonstrierten in İstanbul, Riha (Urfa), Mêrdîn (Mardin), Erzerom (Erzurum), İzmir, Manisa, Wan (Van) und Amed (Diyarbakır) gegen die seit zwei Monaten andauernde verschärfte Isolation Öcalans. Ebenso wurde bei allen Aktivitäten seine Freiheit gefordert. Eine Frauenaktivistin und Teilnehmerin der Demonstration in Amed erklärte: „Wie bekannt ist, gibt es seit dem 5. April bis heute keinerlei Kontakt mit dem Vorsitzenden. Die nicht stattfindenden Treffen mit dem Vorsitzenden Öcalan, dem Architekten des Lösungsprozesses, bedeutet nichts anderes, als das der Staat den Lösungsprozess ins Leere laufen lässt. Wir, als junge Frauen, werden ein solches Verhalten gegen unseren Vorsitzenden nicht akzeptieren und für seine Freiheit kämpfen.“

KJA: Öcalan ist der Hauptverhandlungspartner

Der Kongress der Freien Frauen (KJA) betonte in einer schriftlichen Erklärung, dass der Erfolg der HDP bei den Wahlen am 7. Juni insbesondere durch die Voraussicht von Öcalan gelungen sei. Eine Demokratisierung der Türkei sei mit der Freiheit von Öcalan und der Akzeptanz seiner grundlegenden Rolle im Verhandlungsprozess möglich.

HDK: Die Isolation muss enden; die Gespräche müssen beginnen

Der Demokratische Kongress der Völker (HDK) hat eine Abschlusserklärung zu allgemeinen HDK-Ratsversammlung vom 21. Juni veröffentlicht. In dieser wird unter anderem die Beendigung der Isolation Öcalans gefordert: „Die angewandte Isolation von Öcalan, der in allen kritischen Zeiten ‚auf den Frieden beharrt‘ und mit seinen Vorschlägen und Aufrufen dem ‚Friedensprozess‘ den Weg weist, muss sofort beendet werden; die Gespräche müssen beginnen. Wir wiederholen hier nochmals unseren Aufruf, dass für eine Fortsetzung des Prozesses die Isolation beendet und dringlich die notwenigen Schritte folgen müssen.“

Dinç: Die Isolation ist eine verfassungsrechtliche Straftat

Ein Anwalt von Öcalan, Mazlum Dinç, bewertete für die Tageszeitung Özgür Gündem die Isolation gegen seinen Mandanten. Laut Dinç wurden die insgesamt 400 Besuchsanträge, die seit dem letzten Treffen vom 27. Juli 2011 gestellt wurden, alle unter fadenscheinigen Begründungen abgelehnt: „Die Isolation von Herrn Öcalan benutzen sie als Erpressung gegen die kurdische Gesellschaft und die kurdische Bewegung.“ Angesichts der Isolation, die auch die Verhinderung einer gesundheitlichen Behandlung miteinschließt, und eine verfassungsrechtliche Straftat darstelle, haben sie sich, als Anwälte und Anwältinnen von Öcalan, an alle möglichen internationalen Rechtsinstitutionen, wie dem CPT, ohne nennenswerte Erfolge gewandt.

Cemil Bayık: Isolation ist Teil der psychologischen Kriegsführung

Der Kovorsitzende des Exekutivrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans KCK Cemil Bayik erklärte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur ANF, dass eine Fortsetzung der Isolation einer Kriegserklärung von Seiten des türkischen Staates gleichkomme. Er erklärte in dem Interview unter anderem folgendes: „Die Isolation wird angewandt, damit die Ideen des Vorsitzenden Öcalans nicht die Gesellschaft erreichen sollen. Denn sie wissen, dass Öcalan an nichts anderes als die Demokratisierung der Türkei denkt. Aus diesem Grund wendet die AKP ständig die Isolation an. Sie führen gegen den Vorsitzenden Öcalan einen speziellen Krieg und wollen ihn als Geisel benutzen. Wir wissen nicht, ob zurzeit Gespräche mit der Delegation des Staats stattfinden oder nicht.“

Seit drei Jahren: Mahnwache „Free Öcalan“ in Straßburg

Täglich seit dem 25. Juni 2012 findet eine „Free Öcalan“-Mahnwache vor dem Gebäude des Europarats in Straßburg statt. Jede Woche übernimmt eine neue Gruppe von AktivistInnen die Betreuung der Mahnwache. Seit dem 21. Juni haben Vertreterinnen der Presseorganisation kurdischer Frauen „RAJIN“ die Verantwortung übernommen. Am Donnerstag den 25. Juni wird die Aktion ins vierte Jahr übergehen. Zu diesem Anlass wird vor dem Europarat eine größere Pressekonferenz  organisiert.