Syrienkonflikt: Der neue ‘Shehba Plan’ der USA und der Türkei

anhaHawarnews (ANHA), 16.05.2016

Ein neuer geheimer Plan der USA, der Türkei, Katar und Saudi Arabiens ist an die Öffentlichkeit gelangt. Dabei geht es darum, die bewaffneten Gruppen in der Region unter einem Dach zu vereinigen und die Kontrolle über das auf der Grenzlinie Azaz – Cerablus gelegene Shehba zu gewinnen.

Nach vertrauenswürdigen Quellen, welche die Situation vor Ort aus der Nähe verfolgen, soll dieser Plan durch Luftunterstützung von US Bombern und Artilleriebombardement aus der Türkei umgesetzt werden. Als neue bewaffnete Kraft sollen sich die Gruppen im „Nordheer” (Jaysh as Simal) organisieren. Aber anders als bei den vorigen Plänen, die alle in Niederlagen und Katastrophen endeten, soll keine türkische Militärkraft an den Kämpfen direkt teilnehmen. Nach ANHA vorliegenden Quellen wurden diese Punkte auf einem Treffen am vergangenen Montag in der Türkei diskutiert. Nach dem Plan haben sich die Vertreter der Geheimdienste von USA, Türkei, Saudi Arabien und Katar und die Kommandanten der bewaffneten Gruppen auf dem Treffen auf folgende Punkte geeinigt:

Alle Brigaden, die sich nicht auf der Liste der Terrororganisationen befinden sollen sich unter dem Namen „Nordheer (Jaysh as Simal)“ vereinigen. Saudi Arabien und Katar werden dieser neuen Struktur logistische Unterstützung  leisten.

Das „Nordheer (Jaysh as Simal)“  wird wie auch Jaysh al Fatah zuvor Gruppen wie Ahrar Al-Sham, Feyleq As-Sham, Ceysh As-Sham, Suwar Sham, Cebhet As-Shamiye und Nureddin Zenkî beherbergen.

Weiterhin drohte die Türkei allen Gruppen, die von ihr abhängen und „sich dieser Struktur nicht anschließen, die Unterstützung zu entziehen und sie auf die Terrorliste zu setzen“. Als ein solches Druckmittel gegen diese Gruppen wird auch die Drohung der Türkei vor 20 Tagen gewertet, „die Arbeit aller Hilfsorganisationen für Syrien zu stoppen.“

Andererseits haben die USA für diesen Plan die Forderung Russlands zurückgewiesen, Ahrar al-Sham und Jaysh al Islam auf die Terrorliste zu setzen. Nach der vorliegenden Quellenlage der Nachrichtenagentur ANHA, haben alle militärischen Gruppen und Brigaden akzeptiert, an dem bald mobilisierten „Nordheer (Jaysh as Simal)“  teilzunehmen. Weiter wurde vereinbart, dass nicht das Baath-Regime das Angriffsziel dieser Gruppe sein würde. Die Quelle besagt, dass der IS das Ziel sein solle, welcher mit Artillerieunterstützung der Türkei und Luftunterstützung der USA bekämpft werden würde. Weiterhin  solle das „Nordheer“ nicht nur gegen den IS kämpfen, sondern auch die Region Idlib unter ihre Kontrolle bringen. Darauf sollen Gruppen wie Jaysh al Mujaheddin und Nûreddin El-Zenkî  vorbereitet werden und in Koordination mit den USA und der Türkei vorgehen.

Dass verschiedene Kreise gerade dabei sind, für diesen Plan eine Grundlage zu legen, wird in diesbezüglichen Äußerung und Erklärungen deutlich. Diese Kreise erklären auf der einen Seite, dass sie in Zusammenarbeit mit der internationalen Koalition gegen den IS kämpfen und den Krieg gegen den IS als legitim betrachten. Auf der anderen Seite aber erklären sie auch den kurdischen Kräften (YPG/YPJ) und der SDF (Demokratischen Kräfte Syriens) den Krieg, die wiederum bislang am effektivsten gegen den IS in Syrien vorgegangen sind.

Einer von denen, welche diesen doppelten Ansatz vertreten, ist Eyman Hermûş. der für seine Nähe zu Ahrar al-Sham bekannt ist. Vor Kurzem hatte Hermûş folgende Fatwa ausgesprochen: „Es ist legitim, dass mit der Unterstützung von Kampfflugzeugen der USA und der Türkei gegen den IS Krieg geführt wird und die AKP Regierung ist die Regierung, welche die Gruppen, welche diesen Krieg führen werden, vertritt.“

In der Rede von Hermûş heißt es weiter „Es ist notwendig, dass in den vom IS abgenommenen Gebiete (sogenannte) islamische Gruppen stationiert werden, ansonsten geraten diese Gebiete unter die Kontrolle der PKK(!), welche ein wichtiges Standbein der westlichen Staaten in der Region darstellt.“

Die Fatwa, aus der wir nicht erfahren, auf welche westlichen Länder sich Hermûş bezieht, und in der die Unterstützung der internationalen Koalition als „Helal“ (aus islamischer Sicht erlaubt) betrachtet wurde, ist in sich widersprüchlich und inkonsistent.

Der Vorsitzende der Syrischen Nationalen Koalition Enes Ebdê hat vergangen Mittwoch folgende Erklärung abgegeben: „Der Türkei, die im Rahmen des Adana Abkommens in syrisches Territorium eindringen können wird, wird eine führende Rolle in der Neustrukturierung Syriens zufallen.“

Die Phasen des Plans

Die Informationsquelle stellte dar, dass der Plan in drei Phasen umgesetzt werden solle. In der ersten Phase soll Jaysh as Simal aufgebaut werden. In der zweiten Phase soll diesen bewaffneten Kräften über ihr Türkei der Zutritt in die Region gewährt werden. Und in der dritten Phase sollen der Krieg und die Kämpfe beginnen sollen.

Nach Angaben der Quelle von ANHA wurde den Kräften, welche am Krieg teilnehmen sollen, am letzten Mittwoch beim Grenzübergang Bab as Salam in Azaz mit Panzern und schweren Waffen logistische Unterstützung geleistet. Die dritte Phase des Plans soll bereits innerhalb einer Woche in die Praxis umgesetzt werden.

Vor Beginn der dritten Phase werden die USA und der türkische Staat mit der Bombardierung beginnen. Es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, dass im vergangenen Monat auf Befehl der Türkei die militärische Führung der Nureddin Zenki Brigaden, das Bestandteil von Jaysh as Simal ist,  ausgetauscht worden ist.

Angriff von vier Seiten

Nach Informationen der Quelle soll in der Umsetzung der dritten Phase des Plans ein Angriff von vier Seiten begonnen werden. Demnach soll der erste Vorstoß von  der Türkei aus auf Cerablus, der zweite von El-Rai aus, der dritte von den Dörfern im Osten von Azaz aus und der Vierte von Mari aus erfolgen. Im Rahmen dieses Plans sollen diese Gruppen in der Stärke von 3.000 Kämpfern vorrücken.