Was passiert zwischen Washington und Ankara?

Aslı Aydıntaşbaş über den gegenwärtigen Stand der türkisch-amerikanischen Beziehungen; 08.09.2017

Ein Journalist der Tageszeitung Hürriyet hat in seiner letztwöchigen Kolumne einige interessante Informationen mit der Öffentlichkeit geteilt. Demnach haben die USA, wie sie es auch in der Vergangenheit tat, Informationen über einen möglichen Anschlag des Islamischen Staats (IS) in der Türkei den Verantwortlichen in Ankara übermittelt. So soll der IS planen, mittels einer Drohne einen Anschlag auf den Luftwaffenstützpunkt Incirlik oder die US-Botschaft in Ankara durchzuführen. Nach Übermittlung dieser Information hat die Türkei ihre Sicherheitsmaßnahmen erhöht und die Nutzung von Drohnen deutlich eingeschränkt.

Die Informationen aus der Kolumne wirkten auf …

Vernichtungsplan gegen Kurden damals und heute

Aktuelle Bewertung von Hatip Dicle, Co-Vorsitzender des DTK (Kongress für eine Demokratische Gesellschaft); für den Kurdistan Report September/Oktober 2017

Die türkische Republik ist 1923 aus den Trümmern des Osmanischen Reiches entstanden. Dieser neue türkische Nationalstaat knüpfte auf der Suche nach seiner ideologischen Ausrichtung am rassistischen, monistischen, assimilatorischen und oligarchischen Geist der »İttihat ve Terakki«-Bewegung an – des Komitees für Einheit und Fortschritt, der letzten Regierungsmacht des Osmanischen Reiches. Auf diesem Wege sollte nach dem Genozid an den christlichen Armeniern und den Suryoye mittels einer auf längere Sicht angelegten Assimilationspolitik gegenüber den mehrheitlich muslimischen ethnischen Minderheiten, allen voran den Kurden, eine …

Die Türkei befindet sich in einer Phase des Selbstmords

Bese Hozat, Kovorsitzende des Exekutivrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Firat (ANF); im Folgenden veröffentlichen wir Auszüge aus dem Interview zur innenpolitischen Situation der Türkei und den dt.-türk. Beziehungen, 31.08.2017

Die Türkei wendet gegen Abdullah Öcalan eine verschärfte Form der lebenslangen Haftstrafe an. Begeht sie damit nicht ein Verbrechen?

In keinem nationalen oder internationalen Gesetzeswerk bzw. Rechtsabkommen lässt sich ein Konzept oder Gesetz wie das der „verschärften lebenslangen Haftstrafe“ finden. Dieses ist eine Erfindung des rassistischen und kolonialistischen türkischen Staates. Das steht zweifellos im Widerspruch zu den internationalen Menschenrechten und stellt dementsprechend ein großes …

Die Angeber-Politik

Der Journalist Fehim Taştekin über die diplomatischen Besuche des türkischen Außenministers im Iran und dem Irak, 26.08.2017

Unter dem Begriff der „Angeber”-Politik meine ich das „Kasımpaşa”-artige Auftreten türkischer Politiker auf internationalem Parkett – sowohl verbal als auch gestisch. Dies gilt insbesondere für die Zeit des „Arabischen Frühlings”, als die Regierung so tat als könne sie die Geschehnisse im Mittleren Osten lenken und somit all ihre Verbündete irritierte.

Die Themen, die als Anforderung oder Wünsche derjenigen, die der türkischen Diplomatie eine Richtung geben, werden mit Antworten wie “Mal schauen” bei Seite gelegt. Der Öffentlichkeit wird es aber so präsentiert, als hätte …

Was passiert nach Rakka?

Cahit Mervan über den Verlauf der Rakka-Operation und die Rolle der Türkei, 07.08.2017

Die am 5. Juni von den Demokratischen Kräften Syriens (SDF) begonnene Operation zur Befreiung der “Hauptstadt” des Islamischen Staates (IS) Rakka hat in kurzer Zeit große Erfolge erzielen können. Während diese Zeilen geschrieben werden, ist mehr als die Hälfte Rakkas unter Kontrolle der SDF. Die Kräfte des IS sind in Rakka vollständig umzingelt. Die falschen Informationen von AKP-Verantwortlichen, wonach die kurdischen YPG-Einheiten als Teil der SDF dem IS einen Korridor eröffnet hätten, damit diese aus Rakka abziehen können, haben sich in Luft aufgelöst. Der Kampf um die …

Die kurdisch-türkischen Beziehungen

Abdullah Öcalan zu möglichen Lösungsoptionen der kurdischen Frage und einer politisch-gesellschaftlichen Wende in der Türkei, 24.07.2017

Der Schlüssel für die Lösung der kurdischen Frage liegt in den kurdisch­-türkischen Beziehungen in der Türkei. Die Kurden im Iran, Irak und in Syrien besitzen nur ein begrenztes Potential, um für sich allein eine dauer­hafte Lösung zu erzielen. Solche Lösungen tragen eher Ersatzcharakter. Die Phasen, die die kurdische Frage im Irak durchgemacht hat, beweisen diese Tatsache. Der heutige kurdische Bundesstaat ist ein Gebilde, welches als Gegenleistung für die Bemühungen der Türkei entstanden ist, die USA und ihre Verbündeten die PKK als „terroristisch“ deklarieren zu …

In der politischen Sackgasse

Über die Beziehungen zwischen Türkei und Europäischer Union, Civaka Azad, 23.07.2017

Die Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union als höchstem sowie umfangreichstem Einheitsprojekt souveräner Staaten haben eine lange Historie. Die Wurzeln können auf die seit Mitte des 19. Jahrhunderts zwecks »Westorientierung« aufgebauten Beziehungen des Osmanischen Reiches mit den damaligen zentralen europäischen Staaten, England, Frankreich und Preußen (Deutschland), zurückgeführt werden. So hatte auch die auf dem Erbe des Osmanischen Reiches gegründete Republik das »Erreichen des westlichen Zivilisationsstandards« zum wichtigsten Element ihres offiziellen Diskurses deklariert. Mit dem Eintritt in den Europarat 1949 und in die NATO 1952 unternahm sie die …

Folter, Repression und Vertreibung in der Türkei

Pressemitteilung von IPPNW – Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, 20.07.2017

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW fordert die Bundesregierung anlässlich der jüngsten Verhaftung von MenschenrechtlerInnen auf, sich für alle aus politischen Gründen Verfolgten, Vertriebenen und Inhaftierten einzusetzen. Dazu gehören HDP-Abgeordnete, -BürgermeisterInnen und -Mitglieder, GewerkschafterInnen, JournalistInnen, ÄrztInnen, FrauenrechtlerInnen, VertreterInnen ziviler Vereine, Personen, die verhaftet wurden unter dem Verdacht auf „Terrorunterstützung“ ohne gerichtsverwertbare Beweise. Deutsche Waffenlieferungen an den NATO-Partner Türkei müssen verboten werden, auch die Auslagerung von Waffenproduktion in die Türkei, wie es zur Zeit von Rheinmetall mit Panzern geplant ist.

Eine Reisegruppe der IPPNW fand im März 2017 in der Türkei, …

Türkei: Ein Jahr nach dem Putschversuch

Elke Dangeleit, 15.07.2017

Am 15. Juli jährt sich der gescheiterte Putschversuch zum ersten Mal. Erdogan nahm vor einem Jahr dies zum Anlass, die Opposition auszuschalten. Die Zahl der Inhaftierten steigt stetig. Nun hat es auch den Regisseur von Erdogans Propagandafilm ‚Reis‘ getroffen. Während die Zahl der inhaftierten Deutschen in der Türkei steigt, steigt in Deutschland die Zahl der Asylanträge türkischer Staatsbürger. Doch in Sicherheit wähnen können sich diese Menschen nicht. Der türkische Geheimdienst hat in Deutschland mehr Spitzel als die Stasi in ihrer gesamten Zeit jemals hatte. Nun hat Erdogan einer Bundestagsdelegation den Besuch des Nato-Stützpunktes in Konya verwehrt.

Im …

Deir ez-Zor im Rückspiegel von Afrin und mögliche Entwicklungen

Abdulmelik Ş. Bekir zu den Hintergründen der Kriegsvorbereitungen des türkischen Staates gegen den kurdischen Kanton Afrin in Rojava, 13.07.2017

“Die Türkei ist nicht nur in Afrin, sondern in keiner Region Syriens in der Lage eine Operation durchzuführen. Der Angriff auf Afrin hängt vollständig von der Haltung Russlands ab. Und es ist klar, dass dies für Russland nicht sehr angenehm ist. Dafür gibt es einige Gründe. Aus der Perspektive der Türkei bietet ein möglicher Angriff auf Afrin ernsthafte Konsequenzen. Der bedeutendste ist, dass der Krieg in Syrien auf die Türkei überschwappen kann.“

Die Drohungen der Türkei gegenüber Afrin nehmen zu. Sie …

Der Dreißigjährige Krieg des Mittleren Ostens

Der Journalist Rauf Karakocan vergleicht die gegenwärtige Konfliktsituation im Mittleren Osten mit dem Dreißigjährigen Krieg in Europa und erklärt, weshalb gerade im Falle von Katar der Konflikt eine neue Ebene erreicht. Zum Schluss weist er am Beispiel des kurdischen dritten Weges Perspektiven für die Überwindung des “Dreißigjährigen Krieges des Mittleren Ostens” auf, 10.07.2017

Der Dreißigjährige Krieg begann als Religionskrieg und entwickelte sich zu einem Hegemonialkrieg um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und anderen Teilen Europas. Er fand schließlich sein Ende in der Gründung des europäischen Staatensystems. Es ist die Rede vom Dreißigjährigen Krieg, der zwischen 1618 und …

Schluss mit den Angriffen auf Afrin!

Stellungnahme des Kurdistan Nationalkongress (KNK) zu den Kriegsvorbereitungen des türkischen Staates gegen den kurdischen Kanton Afrin in Rojava, 07.07.2017

Die türkische Armee greift seit mehreren Tagen die befreiten Gebiete von Şehba und Afrîn in Rojava an.  Infolge der Angriffe sind bislang sechs Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Zahlreiche Siedlungsgebiete wurden zerstört und die Menschen sind gezwungen, ihre Dörfer zu verlassen. Die türkische Armee hat mit der Verlegung militärischer Fahrzeuge entlang der Grenze Vorbereitungen für einen großangelegten Krieg getroffen. Um die Erlaubnis für den Krieg gegen die Kurden in Syrien zu erhalten, führt der türkische Staatspräsident Erdogan Gespräche mit …

Vorbereitungen auf einen türkischen Einmarsch in Afrin

Der Journalist Seyit Evran analysiert die türkischen Vorbereitungen für einen Angriff auf den Kanton Afrin. Er stellt die Frage nach der Haltung Russlands und des Westens zu einer solchen Operation und erläutert, mit welchen Gruppen die Türkei den Angriff plant, 04.07.2017

Die Vorbereitungen der Türkei für einen Einmarsch im nordsyrischen Kanton Afrin und der Region Shahba sind im vollen Gange. Die Gebiete, von denen der Angriff ausgehen soll, wurden zur militärischen Sperrzone erklärt. Dörfer, die sich im Gebiet der Sperrzone befinden, werden aktuell geräumt. Wie die Haltung Russlands, der USA und anderer westlicher Länder zu einem solchen Einmarsch sein wird,

Die Krise am Golf: Bedeutet eine Niederlage Katars auch die Niederlage der Türkei?

Eine Analyse des Akademikers İlhan Uzgel zur jüngsten Krise in der arabischen Welt und der Rolle der Türkei, 31.06.2017

In den Köpfen der Öffentlichkeit gibt es einige vorurteilsbelastete Einstellungen zur arabischen Welt. Zum Einen dachte man, dass Länder wie Kuwait, Katar, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain alle über dieselben gesellschaftlichen und religiösen Wurzeln verfügen und deswegen auch dieselbe Außenpolitik verfolgen würden. Und zum Anderen dachte man, dass all diese Länder in ihrer Außenpolitik stringent auf dem vorgegebenen Kurs  der USA fahren würden. Die jüngste Krise am Golf hat deshalb für einige Verwirrung in den Köpfen der Menschen geführt.…

Warum ist Erdoğan so bestürzt über die Katar-Krise?

Ein Kommentar des Journalisten Ferda Çetin zur den Hintergründen der Katar-Krise und Rolle der Türkei, 20.06.2017

Während sich die Befreiungsoperationen von Rakka und Mossul dem Ende nähern, werden wir Zeuge von neuen Entwicklungen wie der Katar-Krise.

Die von der Türkei, Saudi Arabien und Katar bis zuletzt unterstützen Banden haben gegen die Kräfte der HPG, YPG, YPJ und SDF große Niederlagen erlitten und wurden geschlagen.

Wenn al Qaida, die al-Nusra Front, der IS, Ahrar al-Scham, die FSA und die Selahaddin Brigaden im Irak und in Syrien nicht von den Kurden besiegt worden wären, wäre es heute vermutlich auch zu keiner “Katar-Krise” …

Zur deutsch-türkischen Kurdenpolitik

Hacer Altunsoy, 19.06.2017

In den vergangenen Tagen wurde eine 75jährige kurdische Oma, die seit 23 Jahren in Bremen lebt, zu einer Geldstrafe von 300 € durch das Kölner Verwaltungsgericht verdonnert. Grund für die Verurteilung waren die Kleider, die sie bei einer Demonstration gegen Erdoğan im November 2016 trug. Sie hatte an jenem Tag ihr traditionelles Kleid in den kurdischen Farben rot-gelb-grün an und ihr Kopftuch war geschmückt mit den Symbolen, die ihr im Bild zu diesem Artikel sieht.

Dieses Urteil der deutschen Justiz erinnert unzweifelhaft an die Sackgassen der türkischen „Kurdenpolitik“ aus den 1990er Jahren. Damals hatte der türkische Staat …

Ich bewundere deine strategische Intelligenz!

Aslı Aydıntaşbaş, Cumhuriyet, 12.05.2017

Es kann keine tragischere Situation geben, als das die Türkei ihre „Kurdenkarte“ wie eine Waffe gegen sich selbst richtet. Die vergangenen drei Jahre spiegeln genau  dies wieder… Die Macht, die nicht lange, noch vor 2 Jahren, von der Notwenigkeit sprach, in dieser Region „mit den Kurden zusammen zu wachsen“ und auf dem Weg war in ihrer eigenen Region mit einem türkisch-kurdischen Bündnis eine riesige „Burg“ und Kraftzentrale im Mittleren Osten zu schaffen, hat von einem Moment auf den anderen ihre Idee verändert und ist in eine gänzlich andere Richtung getreten. Im Land fließen Blut und Tränen. …

„In Sachen Rakka blufft die Türkei“

Murat KarayilanFiratnews, 28.02.2017

Im Interview mit der Nachrichtenagentur Firatnews geht Murat Karayilan, Oberkommandeur der Volksverteidigungskräfte Hêzên Parastina Gel (HPG), auf die Hintergründe der Eroberung von al-Bab durch die türkische Armee ein. Laut Karayilan konnte die Stadt nur durch Abmachungen mit dem IS unter die Kontrolle der türkische Armee und ihrer Verbündeten gebracht werden. Das Drängen auf eine von der Türkei geführte Operation gegen die vermeintliche IS Hauptstadt Rakka nimmt Karayilan nicht ernst.

Die Verantwortlichen der AKP geben an, dass die türkischen Truppen in al-Bab einen großen Sieg errungen haben. Doch es gibt weiterhin Meldungen von Gefechten und Toten. Was passiert derzeit

Türkische Intrigen und die Phase nach al-Bab

Seyit Evran, Firatnews, 24.02.2017

Die türkische Armee und die an sie gebundenen Gruppen haben nach einer Übereinkunft mit dem IS die Stadt al-Bab eingenommen. Noch ist es zu früh, um die türkische Gegenleistung für den Rückzug des IS auszumachen. Auf der anderen Seite wartet die syrische Armee in Tedef, das ca. 3 km von al-Bab entfernt liegt, und die ihrerseits mit dem Rückzug des IS zwei weitere Dörfer unter ihre Kontrolle gebracht hat. Zeitgleich gab der frührere Verteidigungsminister und jetzige “Minister für gesellschaftliche Übereinkunft” des syrischen Regimes, Ali Haydar, eine bemerkenswerte Erklärung ab. Die Frage, die sich jetzt stellt, ist: …

Die Türkei auf dem Weg zum Verfassungsreferendum

Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 23.02.2017

Wie bekannt, hat das türkische Parlament am 21. Januar dieses Jahres die aus 18 Artikeln bestehende geplante Verfassungsänderung abgesegnet. Mit 367 Stimmen, also einer 2/3 Mehrheit, hätte das Parlament die Verfassungsänderung alleine verabschieden können. Doch dafür haben die gemeinsamen Stimmen der AKP und MHP Abgeordneten nicht ausgereicht. Da allerdings die Hürde von 330 Stimmen im Parlament genommen werden konnte, wird nun per Referendum über die Verfassungsänderung abgestimmt. Zuvor musste noch der türkische Staatspräsident Erdoğan seine Unterschrift unter die geplante Verfassungsänderung setzen, was er am 10. Februar tat. Und dann konnte der Tag …