Afrin: Ein international unterstützter Besatzungskrieg im 21. Jahrhundert

Songül Karabulut, Mitarbeiterin des „Information Center of Afrin Resistance“, 02.04.2018

Der türkische Staat erklärte am 20. Januar 2018 offiziell den Beginn des Krieges gegen Afrin. Als Grund wurde aufgeführt, dass die Grenzsicherheit der Türkei durch die YGP/YPJ bedroht wäre. Sie untermauerte ihre Anschuldigung mit angeblich 700 Angriffen, die aus Afrin in die Türkei erfolgt sein sollen. Die BBC ging dieser Behauptung nach und untersuchte die genannten Fälle mit dem Ergebnis; dass 674 vorgegebene Angriffe überhaupt nicht existieren, also erlogen sind; dass lediglich 26 Vorfälle zu verzeichnen waren, von denen wiederum nur 15 aus Afrin kamen und die Urheber dieser, aber nicht klar zugeordnet werden können. ((http://www.bbc.com/news/world-middle-east-43262839#))

So richtig geglaubt wurde diesem Vorwand der Türkei ohnehin nicht. Aber welches Ziel die Türkei mit diesem Krieg verfolgt, darüber gab es unterschiedliche Ansichten.

Wenn wir uns jetzt die vergangenen zwei Monate anschauen, können wir klar benennen um was für einen Krieg es sich hierbei handelt: der türkische Staat führt gegen Afrin einen Besatzungskrieg.

Dieser Besatzungskrieg wurde unter der Leitung der türkischen Armee gemeinsam mit islamistischen (dschihadistischen) Rebellen, die unter dem Label der „Freien Syrischen Armee“ (FSA) getarnt wurden, geführt. An mehreren Fronten wurde gleichzeitig mit dem Einsatz von Kampfflugzeugen, Kanonen, Mörsern und aller erdenklichen Artillerie angegriffen und der Weg Stück für Stück für die Bodentruppen frei gebombt – bis sie schließlich am 58. Tag des Krieges, also am 18. März ins Stadtzentrum von Afrin vordringen konnten. Die Selbstverwaltung von Afrin evakuierte die Bevölkerung aufgrund anhaltender gezielter Bombardierungen auf zivile Wohnviertel, Krankenhäuser etc. um noch größere Massaker zu verhindern.

Am Beispiel von Afrin haben wir erneut gesehen, warum die Türkei seit Jahren trotz weltweiter Kritik diese islamistischen Gruppen genährt, organisiert und unterstützt hat. Diese Gruppen dienen lediglich als Handlanger der Türkei, die die Drecksarbeit erledigen (morden, plündern, vergewaltigen, foltern). Sie sind die neue Kontraguerilla der Türkei, sowohl im Inland (verantwortlich für die vielen Anschläge gegen Oppositionelle wie in Suruç, Ankara und Diyarbakır oder auch den Massakern sowie der Zerstörung von Cizîrê und Sûr im Jahr 2016) als auch im Ausland.

Dieser Krieg kam ja nicht unerwartet. Seit Jahren und verstärkt seit Monaten wurde dieser Angriff angekündigt. Wer sich die Äußerungen des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan und anderen Staatsvertretern vor und während des Angriffes anhört, wird keine Schwierigkeiten haben, die eigentlichen Gründe bzw. die Ziele dieses Krieges zu verstehen.

Der türkische Staat bringt seit Jahren und bei jeder Gelegenheit unermüdet seine Feindschaft gegenüber den Selbstverwaltungsstrukturen, die seit dem Beginn des Bürgerkrieges 2011 unter Federführung der Kurden Schritt für Schritt mühsam aufgebaut wurden, zur Sprache. Sie erklärt, dass sie es nicht zulassen wird, dass an ihrer Grenze ein von Kurden dominiertes System entsteht. Die Entwicklungen in Nordsyrien, wo die Kurden gemeinsam mit anderen Volks- und Glaubensgemeinschaften ein basisdemokratisches Model aufbauen und im Rahmen dieses Modells ihre ethnischen kollektiven Rechte wahrnehmen, begreift die Türkei als eine Bedrohung und einen Angriff, dem sie primäre Priorität einräumt. So sah sie zum Beispiel keinerlei Anlass Maßnahmen zu ergreifen, als ihre Grenzen vom Islamischen Staat kontrolliert wurden.

Seit Jahren versucht sie die internationalen Kräfte davon zu überzeugen, dass eine „Sicherheitszone“ an der türkisch-syrischen Grenze entstehen müsse, die 30 Kilometer tief nach Syrien reichen und von der Türkei kontrolliert werden müsse. Das was sie als Sicherheitszone begreift, wird von der Bevölkerung in Nordsyrien als Bedrohung gesehen. Der Krieg gegen Afrin hat bewiesen, dass die Befürchtung der Bevölkerung nicht unberechtigt war und ist. Zweifellos hat die Türkei es auf das Land der Kurden abgesehen. Auch wurde diese Forderung nach einer „Sicherheitszone“, während des Krieges in Afrin zur Sprache gebracht. Parallel zu dieser Forderung wurde auch immer das Vorhaben hinzugefügt, dass die 3,5 Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei nach Afrin verlegt werden sollen, um sie weiterhin von Europa fern zu halten. All dieser Argumente und Pläne sollen dazu dienen, die Kurden aus ihrem Heimatland, das sie seit dem Neolithikum besiedeln, zu vertreiben, um es zu besetzen.

Erdogan erklärte, er würde Afrin von Terroristen befreien um das Land seinen rechtmäßigen Besitzern zurück zu geben. Laut ihm sind nicht die Kurden die eigentlichen Bewohner, sondern die Araber, die der Türkei nahestehen.

Nachdem die Türkei mit ihrer militärischen Invasion im Jahr 2016 in Cerablûs, Bab und Azaz einen Keil zwischen der Enklave Afrin und Kobane getrieben hatte, versucht sie nun über einen islamistisch-arabischen Gürtel an der Grenze einen Keil zwischen den Kurden in Nordkurdistan (türkischer Teil Kurdistans) und Rojava (syrischer Teil Kurdistans) zu treiben. Die Türkei knüpft damit an das Projekt der ethnischen Säuberungen des Baath-Regimes entlang der Grenze aus den 1970er Jahren an.

Die Vertreter der Kurden haben immer wieder versucht die Weltöffentlichkeit über die eigentlichen Ziele der Türkei zu informieren und vor allem über die Gefahr eines Völkermordes. Mit dem Besatzungskrieg in Afrin sehen wir die Umsetzungsversuche dieses Plans. Ein Völkermord hat mehrere Ebenen. Neben dem physischen Genozid gibt es auch den kulturellen Genozid, dem das kurdische Volk seit Jahrzehnten ausgesetzt ist. Vertreibung ist ein wesentlicher Teil dieser kulturellen Genozides.

Der Besatzungskrieg der Türkei in Afrin am Beispiel von Bildern

Die Bilder, die während des Krieges in Afrin durch die Welt gingen, sprechen für sich. Viele erschütternde Videoaufnahmen, auf denen der verstümmelter Körper der Kämpferin Barin Kobani zu sehen ist oder wie der Leichnam eines YPG-Kämpfers mit den Füssen getreten wird. Ein Video, auf dem zu sehen ist wie ein Bauer kaltblütig niedergeschossen wird. Viele Bilder und Aufnahmen wo die islamistischen Dschihadisten den „Tauhid“-Finger ausstrecken und immer wieder „Allah-u-Ekber“ rufen. Oder ein Bild auf dem auf Türkisch geschrieben steht: „Wir wissen zwar nicht wer Rom verbrannt hat, aber Raco haben wir verbrannt“ mit einer türkischen Fahne und Soldaten die das Zeichen der rechtsextremistischen Grauen Wölfe machen. Der Journalist Christoph Sydow schreibt zutreffend in einem Kommentar für den Spiegel: „Auf den Bildern aus Afrin lässt sich so oft erst auf den zweiten Blick erkennen, dass die Stadt nicht vom IS, sondern von der türkischen Armee und ihren Verbündeten eingenommen worden ist.“ ((http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-erobert-afrin-mit-deutschen-panzern-gegen-kurden-a-1198807.html))

Die Video- und Fotoaufnahmen der türkischen Armee und ihrer islamistischen Verbündeten drücken viel Gewalt und Hass aus. Gewalt ist ein wichtiges Anzeichen für Besatzung. Auch Afrin konnte nur durch die Anwendung von physischer und psychischer Gewalt „eingenommen“ werden. Die Stadt wurde aus der Luft ständig beschossen und bombardiert. Nur so konnten die türkischen Soldaten und Sondereinheiten gemeinsam mit den jihadistischen Verbündeten auf dem Land vorrückten, ohne sich davor zu scheuen, alles was sich ihnen auf den Weg stellte, zu ermorden. Dies wurde ausreichend mit Bildern und Videos dokumentiert. Die Türkei hatte schon in den Jahren 2015 und 2016 bewiesen zu was sie fähig ist. In dem Krieg gegen die kurdische Bevölkerung innerhalb der türkischen Staatsgrenzen ging sie brutal vor, bombardierte Städte und machte sie dem Erdboden gleich. Sie tötete Zivilisten und verbrannte über 200 Menschen in den Kellerräumen. Auch während ihres Angriffskrieges in Afrin griff sie gezielt Siedlungsgebiete an und tötete Zivilisten ohne Rücksicht auf Kinder, Frauen und ältere Menschen. Was in Afrin passierte, ist längst nicht in seinem ganzen Umfang aufgedeckt und dokumentiert.

Einige Bilder und ihre Deutungen

Als die Kräfte der türkischen Armee und die islamistischen Gruppen das Stadtzentrum erreichten, häuften sich die Meldungen über Plünderungen und Raub. Immer wieder tauchten Bilder auf, auf denen zu sehen war, wie die Truppen sich Eigentum der Bevölkerung aneigneten. Von Hühnern, Enten, Ziegen, Schafen bis zu Fahrzeugen und Traktoren. Aber die Dimension erreichte seinen Höhepunkt im Stadtzentrum. Bilder von Straßen auf denen kein Laden unbeschädigt geblieben ist, alles leergeräumt und das Inventar zerstört. Wohnungen wurden geplündert. Von Lebensmitteln, elektronischen Geräten, Schmuck, Mobiliar, Fahrzeuge, kurzum was man sich vorstellen kann. Das Bild erinnerte sehr stark an Zeiten, wo den Söldnern „Ganimet“ d.h. Kriegsbeute versprochen wurde, wenn sie sich am Krieg beteiligen. Alles was dem Feind gehört kann geplündert werden. Genau diese Mentalität wurde mit dem Bildmaterialien bewiesen. Ein klares Bild von Besatzungskriegen.

Eine weitere Regel der Besatzungsmentalität ist es, die ideellen Werte der Völker anzugreifen, sie zu erniedrigen und zu schikanieren. Auch in Afrin wiederholte sich diese Praxis. Während des Angriffskrieges der Türkei auf Afrin wurden immer wieder Friedhöfe, religiöse Stätten wie Moscheen bombardiert und zerstört. Am 18. März, also am ersten Tag im Stadtzentrum wurde die Statue des Schmieds Kawa, einer kurdischen Sagenfigur zur Zielscheibe und zerstört. Der Schmied Kawa ist das Symbol der Befreiung des Volkes aus der Knechtschaft der Tyrannei. Auch wurden Bilder von gefallen Kämpferinnen und Kämpfern, Symbole der Selbstverwaltung sowie Bilder der kurdischen Führungspersönlichkeit Abdullah Öcalan angegriffen und zerstört.

Eine unbeirrte Regel der Besatzungsmächte ist es, die eigene Flagge zu hissen. Am selben Tag wurde auch über das Gebäude der Stadtverwaltung die türkische Flagge gehisst und Soldaten ließen sich siegessicher fotografieren. Die Aussage oder Botschaft ist unmissverständlich: Ich habe es unterworfen, es gehört mir, ich bin hier jetzt der Herr.

Obwohl alles, sowohl die verbalen Äußerungen, als auch die Praxis in Afrin auf eine klare Besatzung mit dem Ziel des Genozides deutet, versucht die Türkei diese Wahrheit zu verschleiern.

Der Versuch die Besatzung zu vertuschen

Erdogan verkündigte am 18. März mit den folgenden Sätzen den Einmarsch in das Stadtzentrum an: „Ich möchte euch eine gute Nachricht mitteilen. Die Stadt Afrin ist seit dem Morgen 8:30 Uhr unter unserer Kontrolle. Im Stadtzentrum von Afrin wehen nicht mehr die Fetzen (Lumpen) der Terrororganisation, sondern das Symbol für den Frieden und die Sicherheit. Dort weht jetzt die türkische Fahne gemeinsam mit der Fahne der FSA.“ ((https://flasflas.com/gaziantepte-afrin-kurtulus-kongresi-toplandi-3856 und http://www.karar.com/guncel-haberler/afrin-kurtulus-kongresinden-11-maddelik-karar-789624))

Um diesen mit ausreichenden Bildmaterialien dokumentierten Besatzungskrieg der Öffentlichkeit als „Befreiungskrieg“ zu verkaufen, hat die Türkei natürlich sofort Schritte eingeleitet. Am 18. März, genau an dem Tag der Zerstörung der Statue vom Schmied Kawa, war in der türkischen Presse zu lesen, das in der Grenzstadt Antep der „Afrin Befreiungskongress“ mit der Teilnahme von 100 Personen durchgeführt wurde und ein 30-köpfiger „Stadtrat von Afrin“ bestimmt wurde. Als Sprecher dieses „Stadtrates“ wurde Hasan Şindi benannt. ((http://www.karar.com/guncel-haberler/afrin-kurtulus-kongresinden-11-maddelik-karar-789624))

Den Informationen nach haben auf diesem Kongress neben Mitgliedern von jihadistischen Gruppen aus Bab, Azaz und Şehba auch Menschen aus Afrin, die in Europa leben, teilgenommen. Zudem waren auch Mitglieder des türkischen Geheimdienstes, der Armee und des Sicherheitsapparats sowie außenpolitische Berater der Türkei anwesend. All dies zeigt, mit welcher Zielsetzung dieser Kongress durchgeführt und als Kontrastruktur entwickelt werden soll. Diese Gruppe wird Spionagearbeit für den türkischen Staat durchführen.

Nun versuchen Regierungsvertreter und staatstreue Presse dieses ernannte „Kontragremium“ als die demokratisch legitime Vertretung darzustellen. Es ist zu lesen, dass auf diesem Kongress Vertreter aller ethnischen und religiösen Gruppen, sowie Persönlichkeiten aus Afrin vertreten seien, die der Türkei für die „Befreiung“ sehr dankbar wären.

Es ist auch kein Geheimnis, dass die Türkei Gruppen innerhalb der Demokratischen Föderation Nordsyrien/Rojava unterstützt, die als „Oppositionelle“ agieren, aber eigentlich versuchen gegen das demokratische Model gemeinsam mit der Türkei und der KDP zu arbeiten. Hasan Sindi ist in dieser Hinsicht kein Unbekannter. Ihm wird Mitarbeit beim türkischen Geheimdienst nachgesagt und er wird verantwortlich gemacht für Ermordungen und Provokationen.

Alle Nachrichten über Plünderungen wurden lange von der türkischen Regierung als Lügen abgetan, aber nachdem sich die Informationen dermaßen angehäuft hatten, dass es nicht länger verheimlicht werden konnte, versuchen sie es als Einzelfälle darzustellen. Zu diesem Thema sagte der Außenminister Çavuşoğlu: „Wir sind als Nation, als Regierung und als Staat gegen alles, was unmenschlich ist. Wir sind gegen schlechte Behandlung und Plünderung (…). Uns haben Informationen darüber erreicht, dass es Menschen waren die aus Aleppo kamen und geplündert haben. In dieser Hinsicht ist die FSA mindestens genauso sensibel wie wir.“ ((http://www.haber7.com/guncel/haber/2580908-afrin-bundan-sonra-boyle-yonetilecek/?detay=1))

Der Türkische Rote Halbmond und der türkische Katastrophenschutz (AFAT) sind ebenfalls bestrebt die Besatzung zu verschleiern, wie wir sehen zum Teil mit Erfolg. So berichtet zum Beispiel die deutsche Tagesschau: „Geduldig warten Männer und Frauen vor den Lastwagen des türkischen Roten Halbmondes. Kartons mit Lebensmitteln werden ausgeladen und an die Bevölkerung Afrins verteilt. Mit dem Essen muss niemand warten, bis er den Karton zu Hause ausgepackt hat, sagt Ibrahim Alten vom Roten Halbmond: “Unsere Feldküche teilt warmes Essen aus. Es gibt Bohnen, Reis, Joghurt und Brot.” ((https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-afrin-107.html))

Aber alle Versuche diese Besatzung anders als sie ist darzustellen stellen eine Tragikomödie dar.

Pläne der Türkei für Afrin

Am 21. März machte Erdogan während einer Sitzung mit AKP-Abgeordneten folgende Erklärung: „In den kommenden Tagen werden wir einen Gouverneur zuweisen sowie weitere Zuweisungen für die Lokalverwaltung vornehmen“. ((http://www.hurriyet.com.tr/gundem/afrine-vali-40781395)) In der Türkei gibt es 81 Provinzen mit jeweils einem Gouverneur. Nach der Besatzung von Cerablûs wurde dort der erste Gouverneur außerhalb der Türkei eingesetzt. Mit Afrin nun der zweite. Somit erhöht sich die Provinzzahl der Türkei auf 83.

Regierungskreise erklären, dass es jetzt vordergründig darum geht Afrin „lebenswert“ zu machen. Die lokale Verwaltung soll von ethnischen Gruppen und Vertretern von Großfamilien zusammengesetzt werden. Die Sicherheit soll in erste Linie von der FSA gesichert werden, bis eigene lokale Sicherheitskräfte aufgebaut sind. Wenn die Sicherheit für Afrin gewährleistet ist, sollen 350.000 bis 400.000 Menschen aus Kilis, Hatay und Gaziantep nach Afrin gebracht werden.

In den letzten Tagen vermehren sich Berichte darüber, dass weitere dschihadistische Gruppen aus Ost-Ghouta nicht wie behauptet nach Idlib, sondern nach Afrin verlegt werden sollen. Auch die Erklärung Erdogans „Wir müssen für die Familienangehörigen der FSA-Märtyrer etwas machen, wir müssen ihre Leid lindern“ deutet darauf hin, dass auch sie in Afrin belohnt werden sollen.

Die Türkei hat mit Gewalt eine Gesellschaft, die seit 2011 schrittweise Selbstverwaltungsorgane aufgebaut hat, die es geschaffen haben das Leben für eine Bevölkerungszahl von ca. 1 Millionen Menschen (die Hälfte flüchtete im Folge des Krieges aus Kobane und Aleppo nach Afrin) in Frieden und Sicherheit zu verwalten, zu vertreiben um eine fremdbestimmte und fremdbevölkerte Region und Verwaltung zu installieren.

Während die Demografie Afrins (bis zum Beginn des Bürgerkriegs 2011) bis zu 90% kurdisch war, nennt Erdogan neue Bevölkerungszahlen: Seiner Aussage nach wäre Afrin 50% Prozent Arabisch, 35% Kurdisch (die dort später angesiedelt worden seien) und knapp 7% Prozent Turkmenisch.

Wir werden Zeuge, wie eine Besatzung im 21. Jahrhundert durch ethnische Säuberung mit Unterstützung und Duldung internationaler Institutionen und Staaten aufgrund ihrer Interessenpolitik vollzogen wird. Während Werte wie Menschenrechte, Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie, für die die Menschen seit dem Bestehen von Ungleichheit, Unterdrückung und Ausbeutung bis heute ankämpfen und einen hohen Preis gezahlt haben, werden diese Werte von Staaten und Regierungen mit den Füßen getreten. Die vielen Solidaritätsaktionen weltweit zeigen, dass die Menschen wissen, dass diese Werte von Staaten verraten werden und zu verteidigen sind.

Aber diese kalte, auf Interessen fixierte Politik von Staaten ist nicht nur kurz gedacht sondern äußerst gefährlich. Weil die Türkei nicht in ihrem völkerrechtswidrigen Besatzungskrieg aufgehalten wird, verwandelt sie Afrin zur Hochburg radikal-islamistischer Gruppen, die sie als ihre inoffizielle zweite Armee aufbaut. Die Türkei versucht in den besetzten Gebieten für die Dschihadisten den erträumten islamischen Staat zu formen, der wiederum an sie angebunden ist. Zu was diese Söldner fähig sind beobachten wir mit Schrecken Tag für Tag. Wer glaubt, dass diese tödliche Waffe nur gegen Kurden zum Einsatz kommt, wird sich schon früh genug wundern. Aber dann wird es zu spät sein.