Der ignorierte Krieg der Türkei gegen die Bevölkerung Südkurdistans

Seit Juli 2015 führt die Türkei einen umfassenden Krieg gegen die kurdische Bevölkerung. Dieser Krieg betrifft nicht nur die kurdischen Siedlungsgebiete innerhalb der türkischen Staatsgrenzen. In Rojava (Nordsyrien) ist die Türkei seit 2016 militärisch präsent. Gemeinsam mit islamistischen Milizen besetzen sie seit 2018 Efrîn und seit 2019 die Orte Girê Spî und Serêkaniyê. Der türkische Staatspräsident Erdogan droht in diesen Tagen zudem mit einem weiteren Angriffskrieg in Rojava.

Doch damit nicht genug, denn auch in Südkurdistan (Nordirak) führt der türkische Staat einen blutigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung. Auch wenn der türkische Staat behauptet, dass sich ihre kriegerischen Handlungen auf Gebiete der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) beschränken, reißen die Berichte von zivilen Opfern aus der Region nicht ab. Erst Ende Mai sind bei einem türkischen Drohnenangriff in Südkurdistan zwei Kinder ums Leben gekommen. Nach einem Bericht des Nationalkongress Kurdistan (KNK) sind seit der Kriegserklärung des türkischen Präsidenten im Jahr 2015 mindestens 168 Zivilpersonen bei Luft- und Drohnenangriffen der Türkei in Südkurdistan ums Leben gekommen. In dem Bericht werden einzelne Fälle von Kriegshandlungen der Türkei, die sich gegen die Zivilbevölkerung Südkurdistans richteten, aufgelistet. Diese Auflistung möchten wir nachfolgend wiedergeben:

4. April 2017: Eine tote Zivilperson im ezidischen Kerngebiet Şengal durch Bombardierungen der türkischen Luftwaffe.

14. Dezember 2017: Bei einem türkischen Luftangriff werden im Flüchtlingslager Mexmûr vier Bewohner:innen getötet und zahlreiche Häuser beschädigt.

13. Dezember 2018: Ein türkischer Luftangriff tötet drei Frauen und ein junges Mädchen und führt zu schweren Sachschäden im Flüchtlingslager Mexmûr.

23. Januar 2019: Vier Zivilist:innen werden bei einem Luftangriff auf Dêrelûk (bei Amêdî) getötet. Trotz Behinderung durch lokale Sicherheitskräfte geht die lokale Bevölkerung am 25. Januar in der Region auf die Straße, um gegen die Massaker des türkischen Staates zu protestieren. Infolge eines Angriffs türkischer Soldaten sterben zwei weitere Zivilisten – darunter ein Kind – sechs weitere Menschen werden verletzt.

25. Juni 2019: Bei einem Angriff eines türkischen Kampfflugzeugs auf ein ziviles Auto in der Gegend von Goşin (Soran/Hewlêr) wird ein Zivilist getötet und ein weiterer schwer verletzt. Die Opfer sind Brüder.

28. Juni 2019: Türkische Kampfbomber attackieren zwei zivile Fahrzeuge im Dorf Berd Kuran in der Nähe des Kortek-Gebirges. Abdula Alî Mîne (53) und seine Kinder Kurdistan Abdula (30) und Heryad Abdula (19) werden getötet. Ihre Mutter Rabî Mihemed, die Familienmitglieder Mihemed Abdula, Taybet Mihemed Abdula, Benaz Abdula und eine weitere nicht identifizierte Person werden verletzt.

19. Juli 2019: Bei einem türkischen Luftangriff auf das Flüchtlingslager Mexmûr werden zwei Jugendliche verwundet.

15. Oktober 2019: Seyitxan Ayaz und Eser Irmak werden bei einem türkischen Drohnenangriff in der Stadt Silêmanî getötet. Beide waren politische Aktivisten, die auf die Angriffe der Türkei aufmerksam machen wollten.

15. April 2020: Drei junge Frauen werden bei einem türkischen Bombenangriff auf das Flüchtlingslager Mexmûr getötet.

18. Juni 2020: Ebas Mexdît wird bei einem türkischen Luftangriff in der Gegend von Sidêkan getötet.

19. Juni 2020: Kriegsflugzeuge des türkischen Staates bombardieren zivile Siedlungsgebiete bei Şîladizê). Dabei kommen fünf Zivilpersonen ums Leben.

24. Juni 2020: Bei der Bombardierung eines Picknickplatzes im Gebiet Şarbajêr nahe der Stadt Silêmanî sterben zwei Zivilisten.

27. Juli 2020: Dilovan Şahîn, Omer Keşanî und Ebdullah Ehmed sterben bei der Bombardierung der Umgebung von Amêdî.

25. Mai 2021: Der 20-jährige Bawer Ahmed wird durch Artilleriebeschuss des türkischen Staates verwundet, während er seine Felder im Dorf Deşişe bewässert. Auch andere Landwirte in der Gegend wurden durch Granatsplitter verwundet.

26. Mai 2021: Der 16-jährige Ali Muhsin und der 20-jährige Hasan Muhsin – beide Brüder – werden beim Füttern ihrer Tiere verwundet, als der türkische Staat das Dorf Biherê bombardierte.

1. Juni 2021: Der 70-jährige Ramazan Ali wird durch Artilleriebeschuss von Soldaten des türkischen Staates verwundet, als er seine Felder im Dorf Hirûre bewässerte.

8. Juli 2021: Ein Zivilist wird im Dorf Hirûre verwundet, als das Feuer von Außenposten des türkischen Militärs auf seine Anbauflächen eröffnet wird.

13. August 2021: Ibrahem Hassan Mohamad (51) wird von türkischen Soldaten erschossen, als er seine Felder im Dorf Deşişe (Kanî Masî) bewässerte. Die Bewohner:innen des Dorfes waren gezwungen, ihre Häuser zu verlassen, da die türkische Armee seit Anfang des Jahres in diesem Gebiet operierte. Mohamad war kurz darauf zusammen mit zwölf anderen Vertriebenen zurückgekehrt, um seine Felder zu bewässern und so seine Familie zu versorgen.

17. August 2021: Bei vier türkischen Luftangriffen auf das Sikêniyê-Krankenhaus in Şengal kommen Elî Reşo Xidir, Sedo Îlyas Reşo, Hecî Xidir und Muhlise Sîdar vom Krankenhauspersonal ums Leben. Drei weitere Zivilpersonen werden durch türkische Bombardements verwundet, als sie den vom ersten Luftangriff Betroffenen zu Hilfe eilten.

20. August 2021: Ahmed Şakir (40) und Yousif Amir (26) werden bei Artilleriebeschuss durch türkische Soldaten im Gebiet Batifa (Zaxo) ermordet. Şakir und Amir waren als Touristen aus Mosul in die Region gekommen. Ihre Familien erfuhren erst zwei Tage später von ihrem Tod.

16. September 2021: Der aus Nordkurdistan geflüchtete Ferhat Barış Kondu wird beim Öffnen des Büros des Busunternehmens Can Diyarbekir in der Stadt Silêmanî von Killern des MIT (türkischer Geheimdienst) schwer verwundet.

17. September 2021: Der 64-jährige Yasin Bulut wird in Silêmanî von MIT-Killern erschossen.

17. Mai 2022: Mehmet Zeki Çelebi, ebenfalls Geflüchteter aus dem nördlichen Kurdistan, wird mutmaßlich von Auftragsmördern des MIT beim Verlassen seines Restaurants in Silêmanî ermordet.

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