Feuerbälle im Schoße Erdogans

gulen_erdoganHintergründe des polizeilichen Großeinsatzes gegen die AKP
Cahit Mervan, Journalist, Brüssel, 18.12.2013

Die islamistische Gülen-Sekte hat auf Grundlage von „Veruntreuung- und Bestechungsvorwürfen“ gegen die AKP-Regierung eine großanlegte juristische Operation gestartet. Hierbei wurden bereits dutzende Personen, unter diesen auch der Sohn des AKP-Innenministers Muammer Güler, festgenommen. Diese Vorgänge sind als der Beginn einer offen ausgetragenen längeren harten Auseinandersetzung zwischen der Gülen-Sekte und der AKP-Regierung zu verstehen. Die Regierung wird es hierbei auch nicht dabei belassen lediglich die Vertreter der sogenannten „Dienstbewegung“ im Polizei-, Justiz- und Staatsapparat zu entlassen.

Denn auch sie wird mit ähnlichen Mitteln wie polizeilicher Operationen antworten. Daher sollte es niemanden überraschen, wenn übermorgen hohe Vertreter der Gülen-Sekte unter dem Vorwurf eines „Putschversuches“ und „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ verhaftet würden. Denn Fakt ist nur eins, dass es in diesem nun offen aufgetragenen Krieg in naher Zukunft keinen wirklichen Waffenstillstand geben wird. 

Denn es ist offensichtlich, dass einige förmlich einen Schock erlitten haben, da in einer im Morgengrauen durchgeführten polizeilichen Operation nun drei Ministersöhne, mit Erdogan eng verbündete Geschäftsleute und der AKP-Bürgermeister von Fatih, einer strategisch extrem wichtigen Istanbuler Kommune, inhaftiert wurden.

Der durch die Operationen bei vielen hervorgerufene Schock ist im Kern nicht nachvollziehbar. Jeder, der diese Sekte beobachtet und studiert weiß um deren blutige und auch unblutige Verbrechen, so dass diese Operationen seid längerer Zeit zu erwarten waren.

Die Gülen-Sekte ist zwar eine Zivile aber auch zugleich dunkle Macht

Die Operationen treffen auf Grundlage der „Veruntreuungs- und Bestechungsvorwürfe“ die AKP an ihrer empfindlichsten Stelle und zeigen uns durch den Grad der Organisation, Geheimhaltung und Durchführung wie mächtig die Macht hinter diesen Aktionen wirklich ist. Denn es handelt sich hierbei offensichtlich um eine Macht, die sich im Staate eingenistet hat und über die nötige Vernetzung im geheimdienstlichen, polizeilichen und juristischen Apparat der Türkei verfügt. Hinzu kommen noch die massive Vernetzung in vielen Branchen der Wirtschaft, damit die Einnahme von Milliarden Dollars, und die überproportionale Präsenz in der Medienlandschaft der Türkei. Auf den ersten Blick wirkt diese Sekte wie eine zivile Macht, jedoch ist sie erprobt und meisterlich in der Organisation und Umsetzung von Verschwörungen, Fallen und Intrigen. Wir sehen nun auf eindrucksvolle Weise welch dunkle Macht sie wirklich ist.

Daher können wir davon ausgehen, dass dieser Schachzug der sogenannten „Gemeinde“, die eigentlich eher ein „Netzwerk“ ist, nicht ihr letzter Trumpf war. Diese Bewegung hat bereits viele blutige Operationen, vor allem in Kurdistan gegen die kurdische Freiheitsbewegung, durchgeführt.

Als die AKP-Regierung ihre Pläne zur Schließung der privaten Nachhilfezentren und Schulen veröffentlicht hat, war allen aufmerksamen Beobachtern klar, dass die Gülen-Sekte hier in Aktion treten wird, um wie in den Phasen der Friedensgespräche von Oslo und Imrali die Agenda zu ändern. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass die privaten Nachhilfezentren und Schulen für die Gülen-Sekte nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht außerordentlich wichtig sind, sondern sie dienen vor allem als Zentrum der Kaderausbildung und Mitgliederakquise. So war es dann auch wenig verwunderlich, dass die sonst so AKP-Freundlichen Gülen-Medien begannen eine Lawine von Angriffen gegen die AKP-Regierung los zu treten. Der Pakt zwischen der AKP und Gülen-Sekte hatte lange Jahre Bestand, bis die Sekte begann den Staatsapparat systematisch zu unterwandern. Der Sekte ist es gelungen einen Parallelstaat aufzubauen und die Stellung und Funktion der Regierung, damit der AKP, in Frage zu stellen.

Die Feuerbälle im Schoße Erdogans

Die augenscheinlich zivile, jedoch im Grunde dunkle und schmutzige, Gülen-Sekte ist zur erst in Kurdistan in Aktion getreten. Die Polizisten und Soldaten der Sekte haben in Gewer (Yüksekova) während einer Kundgebung gegen die Schändung von Guerillakämpfern drei Demonstranten, mit dem Ziel eine Provokation und Chaos zu erzeugen, erschossen. Als dies aufgrund der Sensibilität innerhalb der kurdischen Bevölkerung und Bewegung wegen der laufenden Friedensgespräche zwischen der türkischen Regierung und dem Vorsitzenden der PKK nicht gefruchtet hat, ist die Sekte dazu übergegangen über ihr juristisches Netzwerk eine weitere Sabotage zu organisieren. So kam es dann auch, dass fünf kurdische Abgeordnete der BDP, die seid knapp 4,5 Jahren im Gefängnis wie Geiseln gehalten werden, trotz eines Beschlusses des türkischen Verfassungsgerichtes und des EuGH´s entgegen dem Beispiel eines anderen Abgeordneten der oppositionell-kemalistischen CHP nicht frei gelassen wurden. Diese kolonialistische Rechtssprechung verdeutlicht erneut die Existenz und Macht des parallel- bzw. tiefen Staates.

Dies ist ein erneuter Beleg, dass der türkischen Ministerpräsident Erdogan bereits mehrmals die Machenschaften des „Netzwerkes“ gedeckt hat, lediglich um seine eigene Macht erhalten und festigen zu können. Hierbei war er bereit, die erzeugten Feuerbälle in seinem eigenen Schoß zu beherbergen. Denn nach dem Feuerball von Roboski sind weitere aus Paris und Gewer dazu gekommen.

Wir erinnern uns daran, dass die türkischen Streitkräfte am 28 Dezember 2011 eine Gruppe von mehrheitlich Jugendlichen Schmugglern aus dem Grenzdorf Roboski, die als solche unwiderruflich erkennbar waren, mit beladenen Mauleseln kommend aus Südkurdistan/Nordirak aus der Luft bombardiert hatten. Den Beteiligten war glasklar, welche Folgen dieses Massaker an den 34 kurdischen Zivilisten mit sich bringen würde, so dass sie durch massive Manipulation bemüht waren das zustande gekommene Chaospotential für sich zu instrumentalisieren.

Die Täter in Roboski waren auch beim Massaker an drei kurdischen Politikerinnen in Paris bemüht Theorien in die Welt zu streuen, die die Wahrheit verschleiern sollten. Hierbei ist vor allem Mehmet Baransu, der sich Journalist nennt und nichts anderes als eine Spezialkraft der Sekte mit extrem guten Verbindungen zum tiefen Staat ist, mit seinen Manipulationstheorien aufgefallen. Da er unmittelbar nach dem Massaker von Roboski behauptet hat, dass das Bombardement auf einen geheimdienstlichen Fehler innerhalb des türkischen Geheimdienstes MiT zurück zu führen ist. Laut seiner Theorie soll ein MiT-Agent in den Reihen der PKK das Ziel bestimmt und übermittelt haben.

Diese schmutzige und unsachliche Propaganda hat drei Ziele, die es zu vereinen versucht:

1) Man will die wahren Täter verdecken und versucht daher bewusst die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf andere potentielle Täter zu lenken.

2) Obwohl das Bombardement von türkische Kampfjets ausgeführt und die Opfer Kurden sind, ist man bemüht, die kurdische Freiheitsbewegung PKK indirekt unter Tatverdacht zu bringen. Hierbei will man sie verleumden und bei der Bevölkerung in Misskredit bringen.

3) Man instrumentalisiert das Massaker von Roboski im damals bereits auf MiT- bzw. Geheimdienstebene tobenden Machtkampf zwischen der AKP und Gülen-Sekte.

Die Gülen-Anhänger haben auch beim Massaker in Paris medial betrachtet exakt dieselbe Strategie verfolgt. Die Berichte und Titel der Gülen-Clique zum aktuellen Massaker in Gewer sind zwar noch recht neu, sind aber aufgrund der bösartig gefälschten Bilder, die zu den extralegalen Hinrichtungen der kurdischen Demonstranten veröffentlicht wurden, aussagekräftig genug und sagen uns, wo wir die Mörder dieser patriotischen Menschen zu suchen haben.

Die sabotierende Macht der friedlichen Lösung

Die AKP-Regierung hat sich zwei Mal mit der kurdischen Freiheitsbewegung an dich Tisch gesetzt und über die friedliche Lösung der kurdischen Frage verhandelt: hierzu gehören die Gespräche in Oslo und nun auf der Gefängnisinsel Imrali.

Eigentlich hatten beide Seiten in Oslo bereits große Hürden genommen und sich in vielen strittigen Punkten geeinigt und auf eine Lösung verständigt. Genau in dem Moment ist diese dunkle Macht in Aktion getreten und hat die Gespräche sabotiert, so dass, obwohl diese fortliefen, eine in dieser Dimension nie dagewesene Hexenjagd auf kurdische Politiker der Partei für Frieden und Demokratie (BDP) sowie gegen politische Aktivisten gestartet wurde. Im Anschluss wurden dann auch noch die Gesprächsmanuskripte zu den Verhandlungen in Oslo veröffentlicht und eine Einheit der türkischen Armee in eine mehr als offensichtlich schwachsinnig-tödliche Militäroperation in Silvan entsandt. Somit waren die Gespräche beendet.

Als man nach Oslo einen erneuten Anlauf nehmen wollte, wurde dieser durch das Massaker von Roboski bereits vor Beginn sabotiert. Die Sabotage und Provokation der Friedensgespräche auf Imrali mit Abdullah Öcalan fand dieses Mal mit dem Massaker an den drei kurdischen Politikerinnen in Paris statt.

Selbstverständlich trägt Recep Tayyip Erdogan als Ministerpräsident der Türkei unwiderruflich die politische Verantwortung für die Massaker von Roboski, Paris und Gewer und dem politischen Genozid an der BDP und ihrer Basis. Jedoch zieht sich nun dieses Seil, das er mit gestrickt um seinen eigenen Hals gelegt, stark zusammen.

Erdogan müsste, wenn er sich dazu entschließt mit der Gülen-Sekte erneut Frieden zu schließen, die Feuerbälle der Massaker und nun auch die Korruption, auf seinem eigenen Schoß weiterhin beherbergen, so dass er sich daran verbrennen wird. Er würde zu Asche verfallen. Man müsste nur ein einziges Mal die Sache anständig angehen. Da wären zum ersten die Gespräche in Oslo, dann das Massaker von Roboski und die anderen Sachverhalte wie Paris, Gewer, etc. nacheinander …

Dann werden wir glasklar die Ausmaße dieses Sachverhalts erkennen! Ob dies uns bis Pennsylvania führt, oder der Boden beben wird, werden wir dann sehen!

ANF, 18.12.2013, ISKU

 

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