Deutscher Delegation wird Einreise nach Nordsyrien/Rojava verwehrt

YXK LogoBerichte der YXK Delegation aus Südkurdistan, 15.09.2014

Seit nun zwei Tagen wird einer Delegation, bestehend aus rund 20 jungen Menschen aus Deutschland die Weiterreise aus der kurdischen Autonomen Region im Irak nach Syrien/ Rojava, verweigert. Verantwortlich dafür sind die Verwaltungs- und Sicherheitsbehörden der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP). Das Ziel der Delegation war es, sich ein unabhängiges Bild von der aktuellen Lage in den Autonomen Regionen in Syrien zu machen.

Duhok/Irak – Seit einigen Tagen befindet sich eine 20 köpfige Delegationsgruppe im Irak, um die humanitäre, soziale und politische Situation im Nordirak und vor allem in der, von der Außenwelt nahezu abgeschnittenen, Region Rojava in Nordsyrien für knapp zwei Wochen zu beobachten. Die Gruppe besteht aus Studierenden aus unterschiedlichen deutschen Städten.

Nach zahlreichen und über Tage andauernden Verhandlungen mit Behörden in Erbil, mit Beamten an der Grenze und Verantwortlichen in Duhok wurde der Delegationsgruppe die Weiterreise nach Nordsyrien verweigert. Die Verantwortung für diese Verweigerung liegt bei der KDP, die diese nicht begründete.

“Es ist unglaublich, dass die KDP verhindert, dass sich Menschen ein unabhängiges Bild von der Situation in Rojava machen.”, empört sich Christina Matt, eine der Delegationsteilnehmerinnen.

Diese Politik der KDP, die Revolution in Rojava gegebenenfalls mit repressiven Mitteln zu isolieren, hat System. Vor wenigen Wochen wurde das Büro der größten kurdisch-syrischen Partei aus Rojava, die Partei der Demokratischen Union (PYD), die eine zentrale Rolle im Aufbau selbstverwalteter Strukturen spielt, in Erbil von der KDP geschlossen.

Auch die Schwesterpartei der PYD in den kurdischen Autonomiegebieten im Irak, die Partei für eine politische Lösung in Kurdistan (PCDK), ist Repressionen ausgesetzt. Nicht selten werden AktivistInnen der Partei ohne nähere Begründung für Wochen inhaftiert, berichteten Betroffene der Delegation.

“Da die seit Monaten anhaltenden Angriffe des Islamischen Staates (IS) von der KDP nicht verhindert werden konnten, steht diese zur Zeit politisch unter starkem Druck. Faktisch garantieren die YPG und HPG (Volksverteidigungskräfte) die Sicherheit der Bevölkerung der kurdischen Autonomieregion im Irak und nicht die Peshmerga der KDP. Und vor dieser politischen Veränderung hat die KDP große Angst um ihre Stellung und zielt darauf ab, die oppositionellen Kräfte im eigenen Land zu schwächen”.

Die BRD unterstützt diese Politik, da sie offiziell nicht den direkten Dialog mit der PYD oder der PCDK, geschweige denn der PKK sucht, sondern ihre Politik in Syrien und im Irak allein über die Barzani-Partei KDP laufen lässt. Dazu gehören auch die einseitigen Waffenlieferungen an die KDP – Peshmerga.

“Die Zusammenarbeit der BRD mit der KDP kann so nicht weitergehen. Wir fordern die Bundesregierung auf, die kurdischen, selbstverwalteten Strukturen im Nordsyrien als eigenständige politische Strukturen und Verhandlungspartner anzuerkennen!”

Noch hat die Delegation nicht aufgegeben. “Wir lassen uns von der Strategie der KDP nicht abschrecken und versuchen weiterhin alles, um nach Rojava zu gelangen. Wir Fordern die Verantwortlichen der KDP auf, die Verhinderung der Delegationsarbeit sofort zu beenden.”

Für Rückfragen und Interviews stehen wir ihnen gerne zur Verfügung. Sie erreichen uns unter: 004915147424753 und rojava-delegation@riseup.net

Für weiteres Bildmaterial können Sie sich gerne an uns wenden.

Zur Teilnahme an dieser Delegation hatte der Verband der Studierenden aus Kurdistan (YXK) alle interessierten Jugendliche und Studierende aufgerufen, die ihre eigenen Erfahrungen in Rojava machen und solidarisch zum Aufbau der Demokratischen Autonomie beitragen wollten.

Mit freundlichen Grüßen

Rojava-Jugenddelegation der YXK – Verband der Studierenden aus Kurdistan e.V

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12.09.2014

Besuch einiger Flüchtlinge des “Camp Maxmur” in Ranya

Im Vorfeld der eigentlichen Delegationsreise nach Rojava zu welcher der Verband der Studierenden aus Kurdistan (YXK) aufgerufen hatte, besuchten einige Mitglieder der YXK und der radikalen Linken aus Deutschland Strukturen, Organisationen und Menschen in Südkurdistan/ Nordirak.

Eins unserer Ziele war der Besuch der Menschen aus dem Camp Maxmur, welche nach dem Angriffen auf das Flüchtlingscamp, in die Moschee Takwa im Ort Ranya geflohen waren. Insgesamt beträgt die Zahl der Geflüchteten aus dem Camp an die 13 tausend. In der Region Ranya haben allein über 6000 Menschen zuflucht gefunden. Sie sind zum Teil in Schulen und in 14 Moscheen untergebracht worden. In der Moschee Takwa, welche wir besuchten, leben zur Zeit ca. 200 Menschen, die Hälfte davon Kinder. Sie leben auf engem Raum zusammen und alles muss improvisiert werden. So wird im Hof der Moschee gekocht, welcher gleichzeitig für das gemeinschaftliche Essen genutzt wird. Der Schlafraum der Männer wird Tagsüber zum Spielen der Kinder verwendet und ein Teil des Gebetsraum dient als Schlafraum der Frauen. Hier schützen sich tagsüber ältere Menschen und Säuglinge vor der Hitze. Auch die hygienische Lage ist schlecht und die Menschen machen sich große Sorgen, wie das Leben unter diesen Bedingungen im Winter sein wird.

Das Camp Maxmur aus dem die Menschen geflohen sind, wurde in den 90er Jahren von Flüchtlingen aus der Nordkurdistan/Türkei gegründet. Besonders viele der Menschen flohen damals aus der Region Sirnak um dem Krieg des türkischen Staates gegen die kurdische Bevölkerung und der Befreiungsbewegung zu entkommen. Zum Teil wurden ihr Dörfer zerstört und sie wurden bewusst aus der ländlichen Region vertrieben. Nach längerer Zeit des wartens nach einem sicheren Ort wurde ihnen ein Platz in der Nähe der Stadt Maxmur gegeben, so entstand das Flüchtlingscamp Maxmur. Doch die Lebensbedingungen waren sehr schlecht und so mussten die Menschen über Jahre hinweg neue lebenswerte Strukturen aufbauen. Die Ignoranz der Regierung gegenüber den Menschen des Camps hat sich auch über die letzten Jahre nicht verändert. So wurde z.B.  immer wieder das Wasser und der Strom abgestellt, um den Menschen im Camp das Leben zu erschweren und um sie dazu zu bringen das Camp zu verlassen.

Somit hat der IS ihr Ziel erreicht, das Camp und seine über viele Jahre aufgebaute Struktur zu zerstören. Denn das Camp war immer ein Ort an dem die kurdische Bewegung ihre Idee von Demokratie, Ökologie und der Befreiung der Frau, über Räte und basisdemokratische Strukturen umsetzte. Das die Auflösung des Camps nicht nur im Interesse der IS war, sondern auch der KPD und YNK, wurde durch den kampflosen Rückzug der Peshmerge beider Parteien deutlich. Das Vorgehen der Peshmerge, als auch der längere Zeit zurückgehaltende Angriff der IS, wirft viele Fragen nach der Zusammenarbeit der verschiedenen Kräfte im Irak auf. Es scheint als ob es gezielte Absprachen zwischen der IS und der KDP gegeben habe und nach den Vorfällen in Sengal und Kirkuk, wo sich mehrere zehntausend Peshmerge der KDP kampflos zurückzogen, hat sich dieser Verdacht verstärkt.

Nachdem die Menschen das Camp am Anfang August verlassen hatten, übernahm noch am selben Tag der IS die Kontrolle über das Camp, doch Einheiten der HPG konnten es kurze Zeit später wieder einnehmen und der IS vertreiben.

Die geflohen Menschen leben nun schon seit einem Monat in Ranya unter erschwerten Bedingungen. Besonders Kinder und Frauen leiden unter der Situation. Doch auch wie in Maxmur, versuchen sich die Menschen hier Strukturen der Selbstverwaltung aufzubauen. Es gibt regelmäßige Sitzungen, u.a. der Frauen, und es wurde ein Rat für alle Flüchtlinge aufgebaut in dem Delegierte aus jeder Unterkunft zusammen kommen, um über die Probleme zu sprechen, sich zu Koordinieren und Lösungen zu finden.

Doch weiterhin brauchen die Flüchtlinge Hilfe und Unterstützung. Eigentlich waren sie auf der Suche nach einem neuen, dauerhaften Ort für ihr Camp, da nicht absehbar ist, wie sich die Lage um Maxmur auch langfristig entwickeln wird. Zu Beginn der Flucht hatte die YNK ihre Unterstützung für die Suche zugesagt, doch blieb diese bis jetzt aus.

Da den Menschen nun klar geworden ist, dass es auf absehbare Zeit kein neuer Ort von der Regierung zu Verfügung gestellt wird, die versprochene Unterstützung der Regierung also vollständig ausbleibt und das Leben in den Unterkünften nicht einfach ist, haben sich  viele entschlossen zurück zum Camp Maxmur zuziehen. Da die Situation jedoch immer noch unsicher und die IS jederzeit wieder angreifen könnte, haben sich viele, gerade der Jugendlichen den neu aufgebauten Selbstbverteidigungskräften des Camps Maxmur angeschlossen, welche zusammen mit der HPG und YJA-Star die Sicherheit des Camps garantieren.

Auch für die Zukunft will die Bevölkerung nun, mit Hilfe der  HPG und YJA-Star ihre Verteidigung selbst organisieren. Denn solange es keinen stabilen Frieden im Mittleren Osten gibt, welcher auf Demokratie und Freiheit basiert, kann es immer wieder zu Angriffen solcher Art kommen.

Da die PKK, mit ihren Selbstverteidigungsstrukturen HPG und YJA-Star wichtige Kraft für einen solchen Frieden in der Region ist, fordern wir als Teilnehmer*innen der Delegationsreise die sofortige Aufhebung des Verbotes der PKK in der BRD.

YXK-Rojava Delegation