Die rechtswidrigen Notstandsverordnungen gehen weiter: Drei neue Regierungsdekrete

hdpHişyar Özsoy, Stellvertretender Ko-Vorsitzender und Außenbeauftragter der HDP, 11.01.2017

Am 6. Januar 2017 hat die AKP-Regierung drei neue Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen, die 8.398 weitere Angestellte des Öffentlichen Dienstes und 649 Akademiker aus ihren Ämtern verbannt und 83 weitere zivilgesellschaftliche Organisationen verbietet. 30 der entlassenen Akademiker sind Unterzeichner des Friedensaufrufs. Nach Aussage von Menschenrechtsorganisationen wurden mit den 13 Dekreten, die die Regierung seit dem 23. Juli 2016 erlassen hat, insgesamt 95.744 Angestellte des öffentlichen Dienstes entlassen und 1487 zivilgesellschaftliche Organisationen ohne Gerichtsbeschluss verboten. Regierungsquellen geben an, dass die Zahl der aus dem Staatsdienst Entlassenen, bis zum 10. Januar 2017, auf 135.000 gestiegen ist.

Die jüngsten Dekrete beinhalten weitere rechtswidrige Maßnahmen in Verbindung mit der Nutzung von Sozialen Medien sowie den Entzug der Staatsbürgerschaft. Neue Bestimmungen verpflichten Internetanbieter dazu, persönliche Informationen über ihre Kunden ohne Gerichtsbeschluss an die Polizei weiterzugeben, was eine offenkundige Verletzung der Ausdrucks- und Gedankenfreiheit darstellt. Angesichts tausender Verhaftungen und Verfahren aufgrund von Beleidigung und Propaganda in sozialen Medien, ist dies ein weiterer unmissverständlicher Schritt in Richtung Verfolgung und Erstickung aller oppositionellen und kritischen Stimmen auf dieser Plattform.

Hinsichtlich der Ausbürgerungen sieht der Erlass vor, dass Strafverfolger das zuständige Ministerium informieren, wenn sie in Erfahrung bringen das sich Staatsbürger außer Landes befinden, die einer Straftat gegen die verfassungsmäßige Ordnung beschuldigt werden oder gegen die ein entsprechendes Strafverfahren läuft. Das Ministerium wird dann über das Amtsblatt eine Anordnung veröffentlichen, die diese Staatsbürger zur Rückkehr in die Türkei auffordert. Wenn sie dieser Anordnung nicht innerhalb einer Frist von 3 Monaten nachkommen, steht es der Regierung frei ihnen die Staatsbürgerschaft zu entziehen.

Diese Säuberungsaktionen, die den Staatsapparat von “unerwünschten” Angestellten, die Universitäten von unerwünschten Akademikern, die Zivilgesellschaft von unerwünschten Organisationen, die sozialen Medien von unerwünschten Stimmen und schlussendlich das ganze Land von unerwünschten Staatsbürgern säubern, sind Schritte hin zu der sich abzeichnenden Ein-Mann-Herrschaft in der Türkei und gleichzeitig auch Merkmale dieser.

Daher müssen diese Säuberungsaktionen in Zusammenhang mit der Säuberung kurdischer Stadtverwaltungen und des Parlaments von „Unerwünschten“ betrachtet werden: Zwölf HDP-Abgeordnete, inklusive unserer beiden Ko-Vorsitzenden, 74 Ko-Bürgermeister sowie tausende kommunale Verwaltungsangestellte und Parteimitglieder wurden festgenommen und inhaftiert. Die Abgeordnete von Sirnak, Frau Leyla Birlik wurde kürzlich entlassen; die Zahl der inhaftierten HDP-Abgeordneten liegt somit nun bei elf.

Trotz dieser überaus düsteren Umstände ist die HDP entschlossen, ihren demokratischen Kampf für die Völker der Türkei weiterzuführen.