KON-MED fordert von Grünen deutlichere Positionierung zur Türkei

An diesem Wochenende starten die Grünen in die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs. Auf einer dreitägigen Bundesdelegiertenkonferenz wird das Wahlprogramm debattiert und verabschiedet. Die kurdische Konföderation KON-MED nimmt dies zum Anlass, die Grünen zu einer deutlicheren Positionierung zur Türkei in ihrem Wahlprogramm aufzufordern. In einem offenen Brief verweist KON-MED auf einen beim 44. Parteitag im November 2019 verabschiedeten Antrag mit dem Titel „Eskalation in Nordsyrien: Völkerrechtswidrigen Militäreinmarsch der Türkei verurteilen – Rüstungsexporte stoppen – Exportgarantien beenden – Täter bestrafen“, in dem sich die Grünen unter anderem zu einem „grundlegenden Kurswechsel im Umgang mit der türkischen Regierung“ aussprechen.

Beschluss fordert politische Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts

In dem Beschluss wenige Wochen nach der Besetzung von Serêkaniyê und Girê Spî rügen die Grünen, dass die Bundesregierung „viel zu lange kaum folgenreiche Kritik an der zunehmend autokratischen und unberechenbaren Innen- und Außenpolitik der türkischen Regierung geübt, geschweige denn konkrete politische Maßnahmen ergriffen“ habe. Eine solche Außenpolitik, die „rein aus innenpolitischem Kalkül“ betrieben werde, breche „mit einem werte- und menschenrechtsgeleiteten Politikverständnis“ und schade auch „den Sicherheitsinteressen Europas“. Den „völkerrechtswidrigen und durch nichts zu rechtfertigenden Angriff der türkischen Regierung und verbündeter islamistischer Milizen gegen Teile der autonomen kurdischen Selbstverwaltungszone in Syrien“ verurteilen die Grünen in dem Papier und fordern „eine politische Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts“, da diese die „notwendige Voraussetzung für Stabilität und Frieden in der gesamten Region“ darstelle.

Inhalte des Beschlusses kaum in Entwurf des Wahlprogramms eingeflossen

KON-MED kritisiert, dass die Inhalte des Beschlusses „kaum in den Entwurf des Wahlprogramms” der Grünen eingeflossen seien, obwohl sich die Situation in den kurdischen Gebieten in den vergangenen zwei Jahren durch Angriffe und Invasionen der Türkei sogar verschlechtert hat. Mit Blick auf die Lage in Südkurdistan (Irak) unterstreicht die Konföderation in ihrem Brief, dass dort „weitgehend unbeachtet von Politik und Öffentlichkeit in Deutschland” ein erneuter Genozid an den Kurd:innen stattfindet. Der Versuch der türkischen Armee, eine dauerhafte Militärpräsenz in der Region einzurichten, komme de facto einer Besetzung des Gebietes gleich. „Unterstützt wird die türkische Armee dabei von islamistischen Söldnern, die vor allem für ihre brutalen Massaker gegen die ezidische Bevölkerung in der Region bekannt sind”, so KON-MED.

Kurswechsel muss sich auch in Deutschland eindeutig zeigen

Europa und Deutschland als wichtigster Partner der Türkei dürften den eigenmächtigen, völkerrechtswidrigen Angriffskriegen der Türkei in ihren Nachbarländern und anderen Orten in der Region nicht länger schweigend zusehen. Wie auch im Beschluss der Grünen formuliert, reichten mahnende Worte und der Verzicht auf einige wenige Waffendeals nicht aus. Der geforderte Kurswechsel sollte sich aber auch hier eindeutig zeigen, findet KON-MED. Um die Kurd:innen in ihrem Kampf für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zu unterstützen, müsste vor allem das seit 1993 in Deutschland bestehende Betätigungsverbot der PKK aufgehoben werden, fordert der Dachverband. „Dieses Verbot, das ein politisches Geschenk an die damalige Regierung der Türkei war, sorgt für die Kriminalisierung des kurdischen Engagements hier in der Bundesrepublik für Freiheit und Frieden in der Region. Dass dieses Verbot nicht gerechtfertigt ist, ergibt sich auch aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg aus November 2018, nach dem die Listung der PKK auf der EU- Terrorliste in den Jahren 2014 bis 2017 als unrechtmäßig eingestuft wird.”

Erneuerung der Forderungen aus dem Beschluss von 2019

Die Kurd:innen gehören mit über eine Millionen Menschen zu den größten Gruppen von Migrant:innen hier im Lande. „Viele von ihnen sind deutsche Staatsbürger:innen, sind wahlberechtigt und verfolgen das politische Geschehen in Deutschland mit großem Interesse. Dabei stellen die Ereignisse in ihrer Heimat und die Rolle der deutschen Politik einen der wichtigsten Punkte auf der politischen Agenda dar”, heißt es weiter. Eine eindeutige Positionierung gegen die Politik der Türkei und die Erneuerung der Forderungen aus dem Beschluss von 2019 seien damit nicht nur wichtige Schritte in Richtung einer Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik, sondern auch ein deutliches Signal von den Grünen an die hier lebenden Kurd:innen, dass es sich um eine Partei handele, „die sich für Frieden und eine nachhaltige Konfliktlösung in ihrer Heimat sowie für die Entkriminalisierung der kurdischen Befreiungsbewegung in Deutschland einsetzt”.

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