Kurdische Bürgermeister im Visier – AKP will kurdische Stadtverwaltungen unter eigenes Mandat stellen

Leyla SalmanCivaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 06.09.2016

Per Dekret wollen nun der türkische Staatspräsident und seine AKP gegen die kurdischen Stadtverwaltungen im Land vorgehen. So sollen zahlreiche Bürgermeister kurdischer Kommunen abgesetzt und unter die kommissarische Leitung von AKP-Bürokraten gestellt werden. Ziel ist es durch diese Praxis die Bürgermeister der Demokratischen Partei der Regionen (DBP) abzusetzen, die bei den Kommunalwahlen im Frühjahr 2014 von der Lokalbevölkerung gewählt wurden. Die rechtliche Grundlage für dieses Vorgehen ergibt sich aus dem in der Türkei weiterhin geltenden Ausnahmezustand. Diesen hatte der türkische Staatspräsident Erdogan nach dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli zunächst für drei Monate ausgerufen .

Auf der Zielscheibe der AKP stehen unter anderem auch die Stadtverwaltungen in der Provinz Merdin (Mardin). Doch die Bevölkerung von Merdin, die Mitarbeiter der Stadtverwaltungen und die Ko-Bürgermeister bereiten sich bereits für den Widerstand gegen das mögliche Vorgehen der AKP vor. So erklärt Leyla Salman, Ko-Bürgermeisterin der Kreisstadt Qoser (Kiziltepe), das zur Provinz Merdin gehört, dass ihre Stadtverwaltung bereits seit Monaten von Repressionen betroffen ist. Aber es werde eben auch seit Monaten Widerstand geleistet. Eine Absetzung der gewählten BürgermeisterInnen werde niemand akzeptieren, macht die Ko-Bürgermeisterin von Qoser klar. Salman selbst wurde erst im März dieses Jahres aus politischen Gründen festgenommen und nach viereinhalb Monaten Haft wieder entlassen.

„Der eigentliche Putschist ist die AKP“

Salman erklärt auch, mit welcher Hinterlist die AKP nun die Absetzung der kurdischen Stadtverwaltungen umsetzen will. So sei im türkischen Parlament der Gesetzentwurf zur Absetzung und de facto Übernahme von gewählten Stadtverwaltungen durch die Regierungspartei zurückgenommen worden. Die AKP wollte mit diesem Schritt den Schein erwecken, als ginge sie auf die Opposition zu und sei bereit, Kompromisse einzugehen. Doch im nächsten Schritt habe dieselbe AKP nun auf Grundlage des Ausnahmezustands per Dekret das zuvor zurückgezogene Gesetz erlassen.  Salman sieht in diesem Vorgehen den Versuch der AKP, die Bevölkerung zu täuschen, um mögliche Proteste zu ersticken. Doch mit der Erlassung des Dekrets beweise die türkische Regierung, dass sie die eigentliche putschistische Kraft in der Türkei sei.  Die kurdische Bevölkerung werde allerdings den Putsch gegen ihren Wählerwillen nicht hinnehmen und ins Leere laufen lassen, erklärt Salman.

„Die kurdische Bevölkerung hat unter großen Opfern sich das Recht erkämpft, ihre eigenen Stadtverwaltungen wählen und über sich selbst bestimmen zu können. Keiner braucht deshalb zu erwarten, dass wir nun die Absetzung der gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister einfach hinnehmen werden.  Ob die AKP nun ihre Pläne zur Übernahme der Stadtverwaltungen umsetzen wird oder nicht, wir werden weiterhin gemeinsam mit unserer Bevölkerung uns selbst verwalten und gemeinsam Widerstand leisten“, so die abschließenden Worte von Salman.