Newsletter I: Hungerstreik kurdischer Aktivistinnen und Aktivisten

Aktuelle Meldungen zum Hungerstreik, 26.03.2019

Aktuelle Entwicklungen

Der Protest gegen die Isolationsbedingungen des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan kostete am gestrigen Tag ein weiteres Menschenleben. Die politische Gefangene Medya Çınar nahm sich in der Haftanstalt von Mardin das Leben. Die 24-jährige ist bereits die fünfte Person, die seit Beginn der Proteste ihr Leben verloren hat.

Bereits am 24. Februar hatte die kurdische Politikerin Leyla Güven am 137. Tag ihres Hungerstreiks in einer öffentlichen Erklärung dazu aufgerufen, dass sich keine weiteren politischen Gefangenen aus Protest gegen die Isolationshaft ihr Leben nehmen sollten. Gestern wurde dieser Appell auch von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Partei der Freien Frauen Kurdistans (PAJK) wiederholt. „Wir appellieren an unsere Genossinnen und Genossen in den Gefängnissen: Wählt nicht die Selbsttötung als Protestform“, heißt es in der Erklärung der PAJK. Die meisten der aktuell rund 7.000 Hungerstreikenden in den türkischen Gefängnissen sind politische Gefangene aus PKK- und PAJK-Verfahren.

Unterdessen dauern auch die Hungerstreikaktionen außerhalb der Gefängnisse an. Der Hungerstreik im französischen Straßburg  tritt heute in den 100. Tag. Wir werden heute im Laufe des Tages die insgesamt 14 Hungerstreikenden in Straßburg um kurze Statements bitten und diese über unsere Twitter- und Facebookaccounts veröffentlichen.

Gestern trat aus Solidarität zu den andauernden Hungerstreikaktionen der Politiker Martin Dolzer, Abgeordneter der Hamburgischen Bürgerschaft für die Linksfraktion, in einen dreitägigen Hungerstreik. Die Forderung der Hungerstreikenden kommentierte Dolzer in seiner Erklärung wie folgt: „Abdullah Öcalan könnte in Bezug auf eine friedliche und demokratische Entwicklung der Türkei und des Mittleren Ostens eine weit ausgeprägtere Rolle spielen – ähnlich wie einst Nelson Mandela in Südafrika ist er die zentrale Figur für respektvollen Dialog.“

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Stimmen zum Hungerstreik

Die Solidarität mit den hungerstreikenden Gefangenen und ihrer Forderung nach Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans und der Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen reißt nicht ab. Im Folgenden einige aktuelle Stimmen zum Hungerstreik:

  • Der Ehrenvorsitzende des türkischen Menschenrechtsvereins und Preisträger des Amnesty International Menschenrechtspreis Akın Birdal erklärte gegenüber der Presse: „Wir sprechen von einem rechtlichen Ende der Isolation gegen Öcalan. Gefangene haben Rechte, die international gesichert sind. Wir versuchen mit Eren Keskin seit zwei Wochen Gespräche zu arrangieren. Wir haben eine Delegation zusammengestellt, die aus Menschenrechtsaktivisten und Kulturschaffenden besteht. Seit Tagen finden wir jedoch keinerlei Gesprächspartner. Die parlamentarische Menschenrechtskommission in der Türkei muss heute ihrer Aufgabe erfüllen.“
  • Der Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel, der Schweizer Soziologieprofessor Ueli Mäder, Politiker Fabian Molina und Ruedi Tobler, Präsident des Schweizerischen Friedensrats, bekundeten ihre Solidarität mit den hungerstreikenden Gefangenen.
  • In einem Interview äußerte sich der inhaftierte kurdische Politiker Selahattin Demirtaş zu der von Leyla Güven initiierten Hungerstreikbewegung und zu den bevorstehenden Kommunalwahlen in der Türkei: „Das Isolationssystem auf Imrali beschränkt sich nicht darauf, dass Abdullah Öcalan kein Kontakt zu seinem Rechtsbeistand und seinen Angehörigen gewährt wird. Die Isolation Öcalans ist Ausdruck des Gewaltsystems, das gegen die gesamte Gesellschaft angewendet wird. Und solange die Isolation bestehen bleibt, wird es unmöglich sein Freiheit, Demokratie und Frieden zu erreichen.“
  • Die kurdische Politikerin Sebahat Tuncel befindet sich seit dem 15. Januar im Gefängnis Kandira im unbefristeten Hungerstreik. Sie ist Ko-Vorsitzende der DBP (Partei der demokratischen Regionen) und wurde im Februar nach über zwei Jahren Untersuchungshaft zu 15 Jahren Freiheitsstrafe wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verurteilt. Die 43-jährige Politikerin ist nicht das erste Mal im Gefängnis in der Türkei. Bereits 2006 wurde sie verhaftet und bei den Parlamentswahlen 2007 aus dem Gefängnis als Abgeordnete in die türkische Nationalversammlung gewählt: „Das heute auf Imrali angewandte Sonderrecht und die Isolationspolitik werden über die Person Abdullah Öcalans gegen alle Völker der Türkei angewendet. Die Durchbrechung der Isolation würde nicht nur für die Kurden, sondern für alle Menschen in der Türkei einen Neuanfang darstellen.“

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Was bislang in unserer Informationswoche geschah

Wir haben gestern unsere Informationswoche mit einer Pressemail gestartet. In einem Factsheet haben wir die wichtigsten Eckdaten zum Hungerstreik zusammengetragen. Wir haben außerdem Informationsmails zum Hungerstreik mit dem Angebot für ein Hintergrundgespräch an zahlreiche Bundestagsabgeordnete aus den Ausschüssen für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, für Auswärtiges und für Inneres und Heimat  gesendet. Auch haben wir verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen per Mail über den andauernden Hungerstreik informiert. In unseren E-Mails an Politik und Zivilgesellschaft haben wir zudem auf unsere Handlungsvorschläge zum Hungerstreik verwiesen. Schließlich haben wir über unsere Social-Media Accounts umfassend über die aktuellen Geschehnisse im Hungerstreik informiert.