PM: Gespräch zwischen YEK-KOM und Mannheims Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz nach den Auseinandersetzungen am Rande des 20. Internationalen Kurdischen Kulturfestivals

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YEK-KOM – Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland e.V. / 08.10.2012, Düsseldorf

Gespräch zwischen YEK-KOM und Mannheims Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz nach den Auseinandersetzungen am Rande des 20. Internationalen Kurdischen Kulturfestivals

In konstruktiver und freundschaftlicher Atmosphäre fand am 1. Oktober 2012 ein Gespräch zwischen dem Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Dr. Peter Kurz, VertreterInnen von Yek-Kom, des Migrationsrats Mannheim und der Polizei statt. Gesprächsthema waren die Ereignisse rund um das 20. Internationale Kurdische Kulturfestival am 8. September. Wir bedanken uns insbesondere bei Herrn Oberbürgermeister Kurz für seine Förderung des Dialogs und der demokratischen Diskussion und werden ihn darin stets unterstützen. Diese Art, Lösungen zu suchen, sollte für die Politik beispielhaft sein, wenn es um Angelegenheiten geht, die Kurdinnen und Kurden betreffen. Als Yek-Kom möchten wir betonen, dass wir jederzeit offen sind für Initiativen zum Dialog.

Die Föderation Yek-Kom drückte während des Gesprächs erneut ihr tiefstes Bedauern über die unerfreulichen Geschehnisse am Rand des Kulturfestivals aus, durch die PolizistInnen und FestivalteilnehmerInnen verletzt wurden. Wir hoffen und wünschen sehr, dass sich solche Vorfälle in keinster Weise jemals wieder wiederholen werden.

Yek-Kom setzt sich seit zwanzig Jahren für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage ein. Um die europäische Öffentlichkeit für die kurdische Thematik zu sensibilisieren und für eine friedliche Lösung des Konflikts in Kurdistan zu werben, veranstalten wir in Kooperation mit zahlreichen kurdischen Institutionen jährlich das Internationale Kurdische Kulturfestival, zu dem jedes Jahr zehntausende kurdische und internationale BesucherInnen aus ganz Europa anreisen.

Das 20. Internationale kurdische Kulturfestival in Mannheim war als ein Fest für Demokratie und Frieden gedacht und organisiert. Für die vielfache Unterstützung möchten wir der Stadt Mannheim nochmals unseren Dank aussprechen. Doch bedauerlicherweise wurde von anderer Seite versucht, bereits im Vorfeld Stimmung gegen das Kulturfestival und die kurdische Gemeinde zu erzeugen. Die Polizei kündigte an, sich mit großem Aufgebot auf „Auseinandersetzungen mit Türken“ vorzubereiten. Dabei waren alle vorangegangenen neunzehn Kulturfestivals friedlich verlaufen. Auch das Festival in Mannheim blieb friedlich bis zu dem Zeitpunkt, als Polizisten versuchten, einem 12 jährigen Jungen eine verbotene Fahne zu entreißen, und bei seiner Verfolgung in die Menschenmenge stürmten. Dieses Verhalten der Polizei war ausschlaggebend für die anschließenden Auseinandersetzungen mit FestivalbesucherInnen.
Die Polizeikräfte vor Ort ließen keine Absicht zur Deeskalation erkennen und verweigerten auch jede Zusammenarbeit mit den Veranstaltern zur Beruhigung der Situation.

Die Folge ist eine weitere Kriminalisierung der kurdischen Bevölkerung. Mit den Schlagzeilen „Kurden-Krawalle“, „Kurdenrandale“, „Kurden-Gewalt“ und einer einseitigen, weil nur auf Polizeiquellen beruhenden Berichterstattung haben zahlreiche Medien die KurdInnen tagelang als gewalttätig diffamiert.
Wir machen diese Art Journalismus dafür verantwortlich, dass die Ausgrenzung gegenüber KurdInnen wächst und dass bei Yek-Kom anschließend zahllose E-Mails eingingen, die uns aufforderten, Deutschland zu verlassen. Wir stellen fest, dass KurdInnen als Gefahr für die Sicherheit diffamiert werden.

Statt Lösung und Dialog drohen noch mehr Verbote. Mit Entsetzen verfolgen wir die Diskussion über weitere Einschränkungen der Versammlungsfreiheit für kurdische Veranstaltungen. Auch die Debatte im baden-württembergischen Landtag am 26. September drehte sich wieder nur um „kurdisch-türkische Kämpfe“ und darum, „Probleme anderer Länder hier auszutragen“. Eine Politik aus Verbotsmentalität löst keine Probleme, weil sie nicht über die Ursachen diskutiert und nicht alle Beteiligten mit einbezieht.
Wir haben mehrfach erklärt, dass das Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und alle damit begründeten Verbote das Leben und die demokratische Teilhabe der KurdInnen in Deutschland erheblich erschweren.

Regelmäßig fordert die türkische Regierung von Deutschland, Maßnahmen gegen die PKK – und damit gegen die KurdInnen – zu ergreifen. Wir sehen den Einfluss dieser Forderungen in der deutschen Politik. Auch im Vorfeld unseres Kulturfestivals konnten wir beobachten, dass die türkische Lobby vom baden-württembergischen Innenministerium und vom Polizeipräsidium Mannheim das Verbot der Veranstaltung forderte. Und die Polizei setzte anschließend Verbote gegenüber unseren FestivalbesucherInnen durch – mit den bekannten Folgen.

Wir widersprechen der Integrationsministerin von Baden-Württemberg, wenn sie in Bezug auf die kurdische Gemeinde behauptet: „Einige Minderheitengruppen versuchen, ihre Konflikte aus dem Herkunftsland hier auszutragen, teilweise auch mit Gewalt.“ Es sind nicht die KurdInnen, sondern es ist die türkische Lobby, die versucht, die antidemokratische Verbots- und Verfolgungspolitik der Türkei in Deutschland durchzusetzen. Warum werden gegen die Provokationen von türkischen Rassisten gegen kurdische Versammlungen bis heute keine Maßnahmen unternommen, und stattdessen immer die KurdInnen als die Schuldigen dargestellt?

Demokratie muss für alle gelten. Die KurdInnen in Deutschland besitzen das gleiche Recht auf Anerkennung, Organisierung und Versammlungsfreiheit wie alle anderen Bevölkerungsgruppen.
Wir fordern für die kurdische Bevölkerung nicht mehr Rechte ein als für andere. Eine Verbotspolitik, die jede kurdische Aktivität als Sicherheitsrisiko kriminalisiert, ist nicht hinzunehmen.

Die Föderation YeK-Kom appelliert an den baden-württembergischen Innenminister, sich nicht von der rassistischen und faschistischen Lobbypolitik des türkischen Staates instrumentalisieren zu lassen. Wir bestehen auf der im Grundgesetz verankerten Versammlungsfreiheit als Eckpfeiler einer demokratischen Gesellschaftsordnung.

Wir appellieren an alle JournalistInnen, die einseitige Berichterstattung gegen die kurdische Bevölkerung einzustellen und stattdessen objektiv und wahrheitsgemäß zu berichten.

Wir fordern:
Kontakt statt Ausgrenzung!
Dialog statt Ignoranz!
Freiheit statt Verbote!

YEK-KOM – Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland e.V. / 08.10.2012, Düsseldorf

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