Presseerklärung: Wie viel Kriminalisierung und Diskriminierung vertragen KurdInnen in Deutschland?

mannheim2Eine Gegendarstellung von YEK-KOM – Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland e.V. zu der Berichterstattung über das 20. Kurdische Kulturfestival vom 8. September 2012 in Mannheim.

Verbote, Diskriminierung, Rassismus, Ausgrenzung, Folter und ein feindliches Gesamtbild… Müssen KurdInnen das alles hinnehmen oder gelten auch für sie demokratische Rechte? Einige Betrachtungen und Gedanken zu den Vorfällen beim „20. Kurdischen Kulturfestival“ in Mannheim.

Mannheim wurde, der Berichterstattung der Medien zufolge, scheinbar von „Kurdengewalt“ heimgesucht. „Gewalttätige Kurden”, „Kurdische Gewaltorgie”, „Kurden-Krawalle”, „Kurden-Randale”, „Kurden machen Jagd auf deutsche Polizisten” und ähnliche Überschriften dominierten die Schlagzeilen. Eine solche Hysterie führt zu einem erschwerten Leben der KurdInnen in Mannheim und in Deutschland. Denn beunruhigend sind nicht allein die einseitigen Berichte der Medien, beunruhigend ist vielmehr die Selbstverständlichkeit und Plausibilität, die den Ausführungen darin vielerseits zugestanden wird. Denn letztendlich wird in den Berichten das Ursache- Wirkungsverhältnis auf den Kopf gestellt.

Die KurdInnen sind sich einig: Die systematische Kriminalisierung der KurdInnen hat zwar in Deutschland eine besondere Ausprägung – im Kern liegen die Ursachen für die Vorkommnisse in Mannheim jedoch tiefer und sind zudem multikausal. Wer politisches Engagement einer ganzen MigrantInnengruppe verbietet und die Realität in deren Heimat nicht wahrhaben will – und die entsprechende Verbotspolitik in der BRD mit Gewalt, Polizeiübergriffen, Beschlagnahmung von Symbolen und Festnahmen durchsetzen will, wird zwangsläufig immer wieder in eine Sackgasse laufen. Dass dem so ist, zeigt sich auch im Fall der KurdInnen und des PKK Verbots von 1993 und der damit zusammenhängenden bis heute fortgesetzten Repression.

Auslöser für die Auseinandersetzungen beim kurdischen Kulturfestival in Mannheim war nicht alleine der Versuch der Polizei, einem 12jährigen eine Fahne mit einem verbotenen kurdischen Symbol abzunehmen, sondern u.a. das Verbot selbst und vorausgegangene systematische Polizeiübergriffe und rassistische Ausfälle bei einem Friedensmarsch von Jugendlichen im Vorfeld des Kulturfestivals sowie Polizeigewalt bei Großdemonstrationen 2011 in Berlin und 2012 in Frankfurt. Eine 12jährige wurde in Frankfurt mit Pfefferspray in Ohnmacht gesprüht, unzählige KurdInnen von Polizeibeamten systematisch rassistisch beschimpft – mehrere Frauen und Kinder in Berlin von Polizeibeamten schwer verletzt. U.a. in diesem Zusammenhang zeigt sich, dass eine Verweigerung des politischen Dialogs und der Grundrechte sowie das PKK Verbot offensichtlich nicht mit rechtstaatlichen Mitteln durchgesetzt werden können.

Eine einseitige, verzerrte und aufhetzende Berichterstattung über die Ereignisse, wie die der dpa und des dpad ist unser Ansicht nach verantwortungslos. Die verwerteten Informationen beruhten lediglich auf Aussagen und Stellungnahmen der Polizei und des Baden-Württembergischen Innenministers, während eigene Recherche offenbar nicht angestellt und die Stellungnahmen der OrganisatorInnen des Kulturfestivals nicht berücksichtigt wurden. Mit Schlagzeilen wie “Gewalttätige Kurden”, “Kurdische Gewaltorgie”, “Kurden-Krawalle”, “Kurden-Randale”, “Kurden machen Jagd auf deutsche Polizisten” etc., wurde ein weitaus differenzierterer Konflikt in die deutsche Öffentlichkeit getragen. Der Tenor und die damit verbundene Zielrichtung ist eindeutig: Weitere Verbote und größere Einschränkungen für „per se“ gewaltbereite KurdInnen! „Sämtliche Großveranstaltungen der kurdischen MigrantInnengruppe sollten verboten werden“, war zu vernehmen. Das widerspräche dem Grundgesetz, Art. 8 (Versammlungsrecht). Sinnvoller wäre demgegenüber eine Diskussion über die Aufhebung des PKK Verbots. Denn die PKK ist in der kurdischen Bevölkerung verankert und leistet völkerrechtlich legitimen Widerstand gegen anhaltendes Unrecht und staatliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit – und setzt sich seit 10 Jahren für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage ein. Unter anderem hat die Organisation diesbezüglich in Oslo bis 2011 Gespräche mit der türkischen Regierung geführt. Diese wurden dann jedoch abgebrochen – und die türkische AKP Regierung spitzte den militärischen Konflikt erneut zu. Was hat das PKK Verbot für eine Bedeutung, wenn nicht einmal ein 12jähriger davon überzeugt werden kann?”.

Wir fragen: Welche kurdische Gewalt ist gemeint? Die Stigmatisierung der KurdInnen als gewalttätig und chaotisch gehört zum Standardrepertoire in deutschsprachigen Medien – und zwar immer dann, wenn die kurdische Bewegung in der Türkei erstarkt und erfolgreich ist und in der Bundesrepublik eine entsprechende Dynamik befürchtet wird. Darauf folgt regelmäßig eine diffarmierende Berichterstattung, die juristische und politische Repressalien flankiert. Das war in den 1990er Jahren genauso der Fall wie heute. Es ist nicht leicht, den infamen Behauptungen der Polizei journalistische, der Realität entsprechende Fakten entgegenzustellen, da diese nicht gehört werden wollen. Es ist aber auch nicht möglich zu beweisen, das KurdInnen „wirklich“ gewalttätige und verfassungsfeindliche Menschen sind – da dies nicht der Wahrheit entspricht, Deshalb bedarf es offensichtlich einer derart verzerrenden und verkürzenden Berichterstattung, wie wir sie jetzt erlebt haben. Die öffentliche Meinung gegenüber den KurdInnen soll auf die Ausschreitungen reduziert werden um etwaige weitere Verbotsmaßnahmen oder politische und juristische Schritte zu rechtfertigen.
Wir fragen: Warum wird nicht über die Forderungen von zehntausenden KurdInnen nach Freiheit, Frieden und Demokratie berichtet? Warum wird nicht über die starke kurdische Frauenbewegung, die immer weitere Schritte der Gleichberechtigung umsetzt, berichtet?
Die Ausschreitungen im Rahmen des 20. Kurdischen Kulturfestivals in Mannheim sowie die einseitige Berichterstattung in den Mainstreammedien haben sowohl den Ruf der KurdInnen als auch der VeranstalterInnen geschädigt. Das zum 20. Mal veranstaltete Festival hatte die Forderungen „ Freiheit für Öcalan – Ein Status für Kurdistan“ und brachte den politischen Willen der Mehrheit der KurdInnen in Deutschland und Europa zum Ausdruck. Mit einem kulturellen Programm und politischen Botschaften sollten die Forderungen von hunderttausenden KurdInnen an die deutsche und türkische Regierung übermittelt werden.

Einem rassistischen und diskriminierenden Einsatzleiter der Polizei, der die Jugendlichen und Besucher des Kurdischen Kulturfestivals sowie die VeranstalterInnen in Mannheim u.a. als „Banden“, „Hunde“, „Mob“, „Dreck“, „Verbrecher“ bezeichnete, wird der Rücken nicht nur durch ein massives Polizeiaufgebot, sondern im Grunde genommen auch durch das PKK Verbot gestärkt. Sein Handlungs- und Ermessensspielraum wurde in diesem Fall schon im Vorfeld bestimmt. Auch die undifferenzierten und negativen Einschätzungen des Verfassungsschutzes spielen dabei eine Rolle. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass die Entscheidung des Bundesjustizministeriums über die Verfolgung von KurdInnen gemäß § 129 b StGB (Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland) maßgeblich auf den Einschätzungen eines Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) beruhen, der sich in der Problematik so wenig auskennt, dass er weder Wissen über die im türkischen Parlament vertretene Demokratische Friedenspartei BDP, noch von Menschenrechtsverletzungen in der Türkei oder der Existenz der Kurdischen Autonomieregion im Nordirak, geschweige denn von inhaltlichen Entwicklungen der Politik der PKK hat. Dies wurde jüngst in einem der begonnenen § 129 b Verfahren gegen einen kurdischen Politiker offensichtlich.
Stimmung gegen das Kulturfestival, das bisher 19 Jahre lang friedlich abgelaufen war, wurde im Vorfeld auch durch den enormen Druck der türkischen Community/Lobby in Mannheim geschürt. Diese „berichteten“ von angeblichen Bombendrohungen und geplanten Terrorakten gegen türkische Geschäfte seitens der PKK. Eine entsprechende Hetzkampagne wurde im Vorfeld seitens des Türkischen Unternehmerverbands und der türkischen Tageszeitung Hürriyet gestartet. Zusätzlich wurde die Stimmung auf dem Festival und dem Weg dorthin durch eine massive und aggressive Polizeipräsens sowie die ständige Überwachung durch einen Polizeihelikopter über dem Festivalgelände bewusst angeheizt. Inwieweit sollte zugelassen werden, dass die türkische Lobby durch Falschinformationen Polizeistrategien beeinflusst – und ohne Konsequenzen eine derartige Hetzkampagne durchführen?

Der Einsatz von Schlagstöcken, Pfefferspray, bissigen Hunde, rassistisch schimpfenden Polizistinnen und einem rassistischen Einsatzleiter führten, im Zusammenhang mit den vorher geschilderten Grundbedingungen, letztendlich zu den Ausschreitungen mit mehr als 100 verletzten BesucherInnen der Veranstaltung. „Im letzten Veranstaltungsdrittel hatten wir ausschreitungsbedingte medizinische Versorgungen durchzuführen. Hierzu zählten Kontaktreaktionen mit Reizgas, Hundebisse und Platzwunden. Entgegen der Presseberichte kann ich dementieren, dass es Übergriffe seitens der Besucher auf Sanitäter von unserer Organisation gab. Die Besucher erlebten wir überwiegend friedlich uns gegenüber und dankbar für die Versorgung.“ heißt es vom beauftragten Sanitätsdienstleiter gegenüber dem Veranstalter. Für die kurdischen Organisationen stellt sich die Frage: wird Demokratie in Deutschland mit Reizgas und Hunden durchgesetzt oder ist ein Weg des Dialogs gewollt und möglich?

Ganz zu schweigen von zwei Jugendlichen die im Vorfeld der Veranstaltung (am Freitagabend) auf dem Mannheimer Polizeipräsidium misshandelt wurden und im Krankenhaus behandelt werden mussten – und inzwischen Anzeige erstattet haben. Wie viel Gewalt, Schläge und Misshandlungen die uns an die Folter der türkischen Polizei erinnern, sind in Deutschland erlaubt? Oder werden die Grundrechte für KurdInnen aufgehoben?

Auch der Fall des vierzehnjährigen Mädchens R. aus Magdeburg ist besorgniserregend: Sie übergab am Eingang des Geländes PolizistInnen ihre verbotene Fahne. Später wurde sie ohne ihre Begleitperson zum Polizeipräsidium gebracht, da sie keinen Ausweis bei sich hatte. Sie war einem ca. zweistündigen Verhör ausgesetzt, bei dem sie eingeschüchtert und völlig verängstigt wurde. Obwohl der Grund für die Festnahme eine verbotene Fahne war, wurde Sie in einem anderen Raum von einer Polizeibeamtin gezwungen sich nackt auszuziehen. Gerade in der kurdischen Kultur bedeutet dies eine besondere Erniedrigung. Ein solches Vorgehen ist rechtswidrig und verletzt die Menschenrechte. Muss eine 14jährige Kurdin dritter Generation mit diesen menschenunwürdigen Handlungen, die Sie aus türkischen Verhältnissen kennt, leben oder werden die verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen?

Diffamierungen, Rassismus und Gewalt werden durch solche Vorgehensweisen „normalisiert“. Da sie für viele KurdInnen z.b. im Kontakt mit Behörden, in Sicherheitsbefragungen oder im täglichen Leben alltäglich sind, werden sie schon beinahe als unvermeidbar betrachtet – das bedeutet eine gravierende Form der Ausgrenzung. Sollten die diskriminierenden und rassistischen Aussagen und das brutale Vorgehen der Mannheimer Polizei, deren Einsatz mit Steuergeldern sämtlicher BürgerInnen finanziert wird, die Meinung der deutschen Öffentlichkeit und Gesellschaft widerspiegeln, bleibt den KurdInnen nichts anderes übrig, als damit zu „leben“. Aber sollte dies nicht der Fall sein, was wir KurdInnen hoffen und annehmen – sollten Öffentlichkeit und Gesellschaft sich ernsthaft damit auseinandersetzen und die dafür verantwortlichen wie z.b. den Einsatzleiter zur Rechenschaft ziehen. Sollen eine erweiterte Verbotspolitik und Sondergesetze sowie die Unterstützung einer derart diskriminierenden und rassistischen Praxis von Beamten und Behörden durchgesetzt werden – oder gelten demokratische Standards und rechtstaatliche Normen auch für KurdInnen?

Es ist fatal und alles andere als im Sinne eines rechtsstaatlichen, demokratischen und fortschrittlichen Staates, welcher Schaden mit einer derart einseitigen und verallgemeinernden Sichtweise auf die Ereignisse verursacht wurde. Eine ganze Bevölkerungsgruppe, deren Angehörige zum Teil schon seit über 50 Jahre in Deutschland leben, wurde von heute auf morgen erneut unter Generalverdacht gestellt. Lediglich ein lokaler Fernsehsender lädt uns als VeranstalterInnen und VertreterInnen der KurdInnen zu einer Sendung mit dem Titel „Wildes Kurdistan in Mannheim – Wie viel Risiko verträgt die Toleranz?“ gemeinsam mit dem Einsatzleiter der Polizei. Traurig wie unverantwortlich durch einen solchen Titel versucht wird, die Würde der KurdInnen dem Wahn der Mediengesellschaft unterzuordnen. Wenn die KurdInnen von Medien auf als Wild und Risiko reduziert werden, trägt dass eindeutig stigmatisierende Züge und öffnet rassistischen Übergriffen Tür und Tor. Unsere Antwort darauf: „Wilde Verbotspolitik! Wie viel kriminalisierende und menschenunwürdige Handlungen müssen wir noch ertragen?“

Jenen, die die Nachrichten lesen oder hören, wird ein Bild vermittelt, dass die Kurden grundsätzlich als wilde, unberechenbare und gewalttätige Menschen (ein rassistischer Stereotyp) sowie als Krawallmacher stigmatisiert. Eine Bevölkerungsgruppe, die sich gegen den Rechtsstaat stellt, die Gesetze bricht und sich die deutsche Polizei als Feindbild aufgebaut hätte. Das ist für uns entwürdigend und erinnert fatal an die kurdenfeindliche und rassistische Einstellung der Verantwortlichen in der Türkei. Die Folgen für die KurdInnen aber auch für die gesamte Gesellschaft sind verheerend. So wurde eine Kurdin am vergangenen Sonnabend – direkt nach dem kurdischen Festival am Mannheimer Paradeplatz von einem türkischen Fahrer gezwungen aus der Straßenbahn auszusteigen, da Sie ein Halstuch mit kurdischen Farben trug. Woher nimmt dieser Straßenbahnfahrer sich das Recht eine feindliche und rassistische Handlung durchzuführen, die an das Südafrikanische Apartheidsregime erinnert?

Man kann die Debatte und Berichterstattung nach dem Kurdischen Kulturfestival in Mannheim nicht versachlichen – denn nichts an ihr ist richtig. Wir können keine Haltung akzeptieren, die auf die sachliche Darstellung der Problematik verzichtet und die Äußerungen der VeranstalterInnen und die politischen Forderungen der KurdInnen ignoriert und die KurdInnen zu Sündenböcken, die lediglich ein Sicherheitsproblem darstellen erklärt.

Keiner der Presseartikel enthält irgendeine Hintergrundinformation über die kurdische Frage, gravierende Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen in der Türkei – oder die jahrzehntelange blutige Unterdrückung durch das türkische Regime, die Dorfvertreibungen, die Dorfzerstörungen, die Umweltvernichtung, die zahllosen Morde durch „unbekannte“ Täter, die Folterungen in Gefängnissen und auf Polizeistationen, den Einsatz von sogenannten Dorfschützern und Todesschwadronen, die massenhaften Verhaftungen von türkischen und kurdischen MenschenrechtlerInnen, JournalistInnen, Abgeordneten, Jugendlichen und sogar Kindern. Der Platz reicht nicht aus, um darzustellen, mit welcher Lebensrealität das kurdische Volk seit Jahrzehnten und in den letzten Jahren, seit Antritt der AKP Regierung, erneut verstärkt konfrontiert ist.

Erschreckend ist auch, dass die bundesdeutsche Regierung die AKP noch immer als demokratisch orientiert und bestes Rollenmodell für Reformen im Mittleren Osten verklärt und der Lobbyarbeit der AKP, wie auch der sie maßgeblich tragenden Bewegung des Predigers Fethullah Gülen auf den „Leim“ geht. Die AKP Regierung gestaltet die türkische Gesellschaft zunehmend autokratisch und fundamental islamisch und verfolgt zudem im Mittleren Osten ein Neo- osmanisches Projekt. Grundrechte, wie das Recht auf freie Meinungsäußerung werden systematische ausgehebelt, mehr als 8000 KurdInnen, darunter 6 ParlamentarierInnen, 33 BürgermeisterInnen und hunderte JournalistInnen und GewerkschafterInnen wurden inhaftiert. Auch die Frauen werden immer weitergehend unterdrückt. Diesbezüglich hat die Zahl der Vergewaltigungen sich seit dem Regierungsantritt der AKP um mehrere 100% gesteigert. Die AKP verkauft all das jedoch durch geschickte Lobbyarbeit international als demokratische Öffnung.

Aus geostrategischen und wirtschaftlichen Gründen stützt die Bundesregierung die menschenverachtende Politik der AKP und versucht im Gegensatz dazu die demokratische Stabilisierung in den von der BDP verwalteten Regionen der Türkei und die dort immer weitergehend umgesetzten Frauenrechte zu ignorieren. Das erscheint auch Notwendig um die Verbots- und die Kriminalisierungsspirale gegenüber den KurdInnen in der BRD aufrecht zu erhalten.

Das spiegelt sich leider auch in der einseitigen Berichterstattung der Presse in Deutschland wieder. Dadurch, dass den LeserInnen wichtige Informationen vorenthalten werden, die jedoch für ein Verständnis der Konflikte und Probleme unabdingbar sind, wird unserer Meinung nach verantwortungslos gehandelt. Tatsache ist, dass die Mehrheit der etwa 1 Million in Deutschland lebenden KurdInnen der beschrieben unmenschlichen Politik ausgesetzt waren – und dass sie aus Angst um ihr Leben Ihre Heimat Kurdistan verlassen mussten.

Nachhaltig und unabdingbar für ein friedliches und politisches Zusammenleben ist eine offene Debatte auf gleicher Augenhöhe. Die Frage, die sich vielen KurdInnen, aber auch zahlreiche weitere BürgerInnen in Deutschland stellen, ist: „Was hat das PKK-Verbot heute noch für eine Bedeutung – und was behindert eine Aufhebung des Verbots?“ Sollte sich die Politik wirklich um eine nachhaltige und effektive Lösung der Kurdenfrage in Deutschland bemühen, ist der erste und ausschlaggebende Schritt, dass PKK-Verbot aufzuheben. KurdInnen werden u.a. durch dieses Verbot und dessen weitreichende Folgen faktisch seit zwanzig Jahren von entscheidenden Grundrechten ausgeschlossen.

Wir als Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland YEK-KOM e.V. und die KurdInnen wollen das Offensichtliche verdeutlichen. Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat, dessen Verfassung für uns von großer Bedeutung ist. Das bedeutet: Wenn wir über das friedliche Zusammenleben in Deutschland sprechen wollen, dessen Grundlage im Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland verankert ist, dann müssen wir aufhören, von „kurdischer Gewalt“, „Kurden-Krawallen“ etc. zu reden und zu schreiben. Ein demokratischer und vorurteilsfreier Umgang ist daher ein erster Schritt. Im Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Das heißt, die Würde des Menschen stellt den obersten Verfassungsgrundsatz dar – und der Staat hat alles zu unterlassen, was die Menschenwürde beeinträchtigen könnte. Also gilt Artikel 1 auch für die KurdInnen. Im Beschriebenen wird jedoch die Missachtung der Würde der KurdInnen vielfach deutlich.

Für eine positive Entwicklung muss gewährleistet werden den Kurdinnen, rechtlichen und politischen Raum zu geben, der Ihnen ermöglicht als gleichberechtigt anerkennt zu werden um ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten – und das beinhaltet auch, das PKK Verbot aufzuheben.

Wenn alle Menschen sich universelle Rechte zubilligen, dann müssen diese auch für die KurdInnen gelten. Entsprechend der UN Charta und weiteren völkerrechtlichen Regulierungen ist Widerstand gegen anhaltendes Unrecht und Tyrannei legitim. Da die KurdInnen die in der Türkei, in Syrien und im Iran nachgewiesener Maßen kontinuierlich mit lang anhaltenden gravierenden Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, Folter und rassistischer Unterdrückung konfrontiert sind, ist auch ihr Widerstand legitim. Die kurdischen Bevölkerungen sind in diesen Ländern mit rassistischen, nationalistischen, menschenunwürdigen und despotischen Politiken konfrontiert. Inakzeptabel ist nicht nur der Rassismus und die Unterdrückung der KurdInnen z.b. in der Türkei, sondern auch deren oben beschriebene indirekte und direkte Unterstützung durch die Innen- und Außenpolitik der Bundesrepublik – die anstatt für die Menschenrechte und einen Friedensdialog zu wirken, die türkische Regierung, entgegen eigens deklarierten demokratischen und menschenrechtlichen Ansprüchen, juristisch, wirtschaftlich und militärisch unterstützt.
Es sind politische Entscheidungen, die für die zunehmende systematische Kriminalisierung und Ausgrenzung der Kurdinnen von der Teilhabe an Rechten in Deutschland verantwortlich sind. Es ist wichtig zu sehen, dass den KurdInnen in Deutschland durch das fast 20 Jahren andauernde PKK Verbot auf vielfältige Weise soziale und politische Rechte vorenthalten werden. Ihnen wird auf diese Weise zum Teil direkt, zum Teil indirekt, der Zugang zu Bildung, Wohnraum und Arbeitsplätzen, in öffentliche Institutionen und Ämter ebenso wie in Vereine und Sport systematisch erschwert. Das Problem sind weder die KurdInnen noch die kurdischen Jugendlichen, das Problem ist ein Verbot – dass die systematische Kriminalisierung und wie im letzten Fall in Mannheim Rassismus produziert. Das Problem ist eine politische Entscheidung, die auf Ausgrenzung und struktureller Gewalt beruht. Wir können nicht Gewalt, Ausgrenzung und Misshandlungen von KurdInnen als normal betrachten und „einfach wegschauen“.

Unübersehbar ist, welchen destruktiven Einfluss es auf demokratische Prozesse hat, wenn Politiker wie z.B. der Baden-Württembergische Innenminister Reinhold Gall oder der Integrationsministerin Bilkay Öney, eilig auf den „Zug aufspringen“ und nach mehr Verboten, Einschränkungen und polizeilichen Maßnahmen rufen – und das von den Medien unhinterfragt und ohne gegenteilige Meinungen zu zitieren, die ebenfalls geäußert wurden und werden, in die Öffentlichkeit werfen.

Deswegen fordern wir:
„Demokratie stärken, PKK Verbot aufheben“!
Hört auf mit der systematischen Kriminalisierung und Ausgrenzung der KurdInnen in Deutschland.

Hört auf mit den Feindbildern und Vorurteilen gegenüber KurdInnen!

Tretet ein für mehr Dialog, mehr Demokratie und mehr Toleranz, für eine Vielfalt der politischen Interessen.

Unser Appell an die Politischen Entscheidungsträger in der BRD ist;
Demokratie und Verbote können nicht gemeinsam gelebt werden. Eins von Beiden ist zu viel. Die Entscheidung liegt in euren Händen.

Unser Appell an die Medien ist;
Berichtet bitte über die Hintergründe der kurdischen Frage und die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei – sowie die positiven politischen Entwicklungen in den kurdischen Provinzen der Türkei und die Anliegen der KurdInnen in Europa – Hört bitte damit auf die Öffentlichkeit und die Gesellschaft in verzerrender Weise hauptsächlich dahingehend zu informieren, dass KurdInnen im Wesentlichen ein Sicherheitsproblem wären.

Unser Appell an die deutsche Öffentlichkeit und Gesellschaft;
Das PKK Verbot erschwert unser Zusammenleben durch eine grenzenlose systematische Kriminalisierung. Im Sinne der Ermöglichung wirklicher und gelebter Demokratie sollte es sofort aufgehoben werden. Auch in weiteren Europäischen Ländern ist die PKK nicht verboten.

YEK-KOM – Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland e.V.
15.09.12

Für Presseanfragen stehen der Vorsitzende von YEK-KOM, Herr Yüksel Koc unter der Telefonnummer 0173-8244709 und der stellvertretende Vorsitzende Erol Polat unter 0173-8107904 zur Verfügung

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