Start der Kampagne “EDI BESE (ES REICHT!) Unsere Grundrechte gemeinsam verteidigen!”

Aufruf mit Informationen zum Inhalt und den Zielen der Kampagne “Êdî Bese”, die gestern mit einer Pressekonferenz am Brandenburger Tor, bekanntgegeben wurde; 27.11.2017

Dass der deutsche Staat heute auf den Demonstrationen und Festivals kurdischer, revolutionärer und demokratischer Organisationen Flaggen, Symbole, Essen und Trinken verbietet, ist Ausdruck seiner intensiven Partnerschaft mit der Türkei. Das kann niemand akzeptieren, der sich für grundlegende Menschenrechte und Freiheiten einsetzt. Die Politik und Angriffe des Staates sind ein Ausdruck der Missachtung von demokratischen  Rechten und Freiheiten. Dieses Verhalten wird undemokratischen, rassistischen und faschistischen Einstellungen wieder verstärkt den Weg bereiten. In diesem Zusammenhang ist auch der Einzug einer rechten Partei wie der AfD in das deutsche Parlament kein Zufall.

Die Verbote und Angriffe der deutschen Regierung richten sich gegen alle freiheitlichen und demokratischen Kräfte in diesem Land. Während wir uns gegen den Faschismus und die Unterdrückung aller Menschen in der Türkei wehren, führen wir zugleich einen Kampf gegen die Verbots- und Kriminalisierungspolitik in Deutschland. Sie resultiert aus den  ökonomischen, militärischen und politischen Beziehungen Deutschlands mit der Türkei.

Mit der Weigerung Erdoğans, die Wahlen vom 7. Juni 2015 anzuerkennen, begann ein erneuter schmutziger Krieg gegen die HDP, die Kurdinnen und Kurden und die gesamte demokratisch-sozialistische Opposition. Nach dem Putschversuch im letzten Jahr rückte Erdoğan immer enger mit seinen Vertrauten zusammen und offenbarte das Gesicht eines faschistischen Regimes. Seither entwickelt sich die Türkei im Rahmen des Ausnahmezustandes und durch zahlreiche Dekrete zu einem Gefängnis unter freiem Himmel.

Alle Verfechter von Demokratie, Menschenrechten, der Gleichheit von Mann und Frau, Frieden und Freiheit werden ins Gefängnis geworfen. All diejenigen, die sich dem Regime Erdoğans nicht beugen, werden als Verbrecher betrachtet. Neben den HDP Co-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş, dutzenden Abgeordneten und BürgermeisterInnen wurden auch zehntausende AktivistInnen, ArbeiterInnen, Studierende, GewerkschafterInnen, AkademikerInnen, JournalistInnen, AutorInnen, KünstlerInnen und Rechtsanwälte festgenommen.

Mit Vorwürfen wie der „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ werden alle inhaftiert, die sich gegen den Faschismus wehren. Die grundlegendsten rechtlichen Normen werden heute in der Türkei mit Füßen getreten, indem die Gerichte längst zu Handlangern des Diktators Erdoğan geworden sind.

In einer Atmosphäre von massiver Polizeigewalt, Massenverhaftungen und weit verbreiteter Folter erreichen auch die Fälle von Morden an Frauen, Belästigungen und Vergewaltigungen ein erschreckendes Ausmaß.

Gegen den politischen Repräsentanten der Kurdinnen und Kurden, Abdullah Öcalan, wird seit 19 Jahren eine vergleichslose Isolationspolitik umgesetzt. Seit mittlerweile 2,5 Jahren befindet er sich komplett ohne Kontakt zur Außenwelt in einer Isolationshaft, die sogar jeglichen Kontakt zu Rechtsanwälten und Familienangehörigen ausschließt. Dieses menschenverachtende System widerspricht jeglichen rechtlichen und humanitären Grundsätzen. Trotz seiner Haftbedingungen hat sich Öcalan stets für das friedliche, demokratische und freie Zusammenleben der Völker eingesetzt.

In den Gefängnissen der Türkei wird versucht, den Willen der Inhaftierten zu brechen und sie von ihrer Identität zu entfremden. Durch Folter, Isolationshaft und den Zwang zu einheitlicher Gefängniskleidung sind die revolutionären und oppositionellen Gefangenen ständigen Angriffen des türkischen Staates ausgesetzt. Aber der Widerstand im Gefängnis wird zu einem der entscheidenden Faktoren für den Freiheitskampf der Menschen in der Türkei werden.

Auch der seit über einem Jahr andauernde Protest von Nuriye Gülmen und Semih Özakça und ihr mehr als 250 Tage andauernder Hungerstreik ist ein wichtiger Teil des Kampfes für die Rechte derer, die aufgrund des Ausnahmezustandes ihre Arbeit verloren haben. Die täglichen Proteste in Ankara halten trotz der täglichen Festnahmen an und tragen ihren Teil zum Widerstand bei.

Erdoğan führt den Krieg gegen die unterschiedlichen Gruppen, Kulturen und Glaubensrichtungen, insbesondere gegen die Kurdinnen und Kurden mit der Unterstützung des deutschen Staates. Dabei setzt er in der Türkei und in Kurdistan mit Armee, Polizei, Spezialeinheiten, Kampfflugzeugen und Panzern die ganze Macht der türkischen Kriegsmaschinerie ein.

Im Irak und in Syrien sind es die kurdischen Kräfte, die den entschlossensten und erfolgreichsten Kampf gegen den Islamischen Staat führen. Mit seinen Angriffen und Besetzungsplänen in Rojava und Shengal, aber auch durch die Feindschaft gegenüber der PYD, YPG und YPJ stellt Erdoğan ein Risiko für alle Menschen im Mittleren Osten dar.

Erdoğan erhält von Angela Merkel für seine Politik der Spaltung und Feindschaft große Unterstützung und trägt sie heute bis nach Deutschland. Die  Bundesregierung unterstützt das türkische AKP-MHP-Regime passiv, indem sie weitgehend ihre Augen verschließt vor den 6.000 türkischen MIT-Agenten in Deutschland, der Unterstützung  Erdoğans für den IS mit seinen verheerenden Folgen für Europa und den Aktivitäten der DITIB in der BRD. Sie unterstützt die Politik Erdoğans außerdem aktiv, indem sie eine Verbots- und Kriminalisierungspolitik gegen alle kurdischen, revolutionären und demokratischen Kräfte betreibt. Die Aktivitäten der kurdischen, türkischen und deutschen revolutionären, demokratischen Organisationen in Deutschland sind Ausdruck der demokratisch-freiheitlichen Gesinnung ihrer Mitglieder und Gesellschaften. Mit der Kriminalisierungspolitik gegen diese Gruppen wird die Bundesregierung ihr Ziel nicht erreichen, sondern im Gegenteil, den Willen und das Bekenntnis zur Verteidigung von Demokratie, Grundrechten und Freiheit weiter verstärken.

Das seit 1993 andauernde Verbot der PKK hat ebenso wenig eine legitime Grundlage wie die Verbote der Bilder Abdullah Öcalans, kurdischer Flaggen und Symbole. Die aktuelle Ausweitung der Verbote auf die Flaggen der PYD, YPG und YPG widerspricht fundamental der weltweiten Sympathie und Unterstützung für diese Organisationen in ihrem entschiedenen, opferreichen und erfolgreichen Kampf  gegen den IS. Sie ist ein Ausdruck der erweiterten Unterstützung Deutschlands für den Diktator Erdoğan, womit sich Deutschland  zum Verbündeten der faschistischen AKP-MHP-Koalition macht, die eine offen kurdenfeindliche Politik verfolgt.

Die Verbote von Fahnen, Essen und Trinken, Bücher- und CD-Ständen auf dem Internationalen Kurdischen Kulturfestival im September oder der Demonstration in Düsseldorf am 4. November diesen Jahres zeigen, dass auch in Deutschland die demokratischen Rechte und Freiheiten zunehmend mit Füßen getreten werden. Als Gegenleistung für die Angriffe Deutschlands auf kurdische und demokratische Organisationen und die Partnerschaft Merkels mit Erdoğan kauft der türkische Staat nun Waffen im Wert von sieben Milliarden Euro vom deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall.

Im Namen der unten aufgelisteten demokratischen Institutionen, Parteien und Organisationen erklären wir:

Wir werden uns auch in diesen dunklen Zeiten in der Türkei und trotz der Kriminalisierung und Unterdrückung, weiterhin nicht dem Faschismus beugen und alle demokratischen Kräfte unterstützen, die sich für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzen.

Wir fordern die Freilassung des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan und aller politischer Gefangener. Für ihre Freilassung werden wir unter allen Bedingungen weiter kämpfen. Wir unterstützen den Widerstand der Inhaftierten in der Türkei gegen die Einführung einheitlicher Häftlingskleidung.

Wir werden unsere Solidarität mit den Kräften der PYD, YPG und YPJ fortsetzen, die als Teil der SDF (Syrian Democratic Forces) gegen den IS und für ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller Menschen kämpfen.

Gegen die militärische, ökonomische und politische Unterstützung der Bundesregierung für das faschistische Regime in der Türkei werden wir die Solidarität der Menschen und unseren Widerstand weiter verstärken.

Wir akzeptieren die Verbote und Angriffe gegen Grundrechte wie das Recht auf Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht. Die Einschränkungen  und Verbote menschlicher Grundbedürfnisse wie Essen und Trinken, der Pflege der eigenen Kultur in Form von Büchern und Musik oder des Ausdrucks politischer Meinungen durch Flaggen, Bilder oder Parolen werden wir durch unseren gemeinsamen Widerstand brechen.

Wir rufen alle Institutionen und Organisationen, die sich für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit einsetzen, zum gemeinsamen Widerstand auf.

 

Unterzeichnende Institutionen und Organisationen

  1. KCDK-E (Demokratischer Gesellschaftskongress der Kurden, Europa)
  2. AvEG-KON (Konföderation der unterdrückten Migranten in Europa)
  3. TJKE (Einheit der kurdischen Frauen Europa)
  4. ATIF (Föderation der ArbeiterInnen aus der Türkei BRD)
  5. NAV-DEM (Demokratischen Gesellschaftskongresses der KurdInnen und Kurden in Deutschland e.V.)
  6. HDK-A (Demokratischer Kongress der Völker – Europa)
  7. BAF (Europäisches Friedensforum gegen Krieg und Diktatur)
  8. ADHK (Föderation der demokratischen Völker, Europa)
  9. Neue Frau
  10. YDG (Neue Demokratische Jugend)
  11. SKB (Bund Sozialistischer Frauen)
  12. YS (Young Struggle)
  13. Yaşanacak Dünya/devrimci proletarya (für eine lebenswerte Welt/revolutionäre ProletarierInnen)
  14. MDDP (Partei des demokratischen Wandels Mesopotamien)
  15. FEDA (Föderation der demokratischen AlevitInnen)
  16. ADEF (Föderation der demokratischen Dersim-Vereinigungen, Europa)
  17. Ciwanen Azad und Jinen Ciwanen Azad (Freie Jugend und Junge Frauen)
  18. SYKP (Trotzdem Sozialistische Partisi)
  19. TAJÊ (Frauenfreiheitsbewegung der Êzidinnen)
  20. FDG (Föderation der Dersim Gemeinden])
  21. FCIK (Föderation der islamischen Gesellschaften)
  22. NAV-YEK (Föderation der ezidischen Vereine)
  23. YSGP (Partei der grünen und linken Zukunft)
  24. Revolutionäre Partei
  25. ISKU – Informationsstelle Kurdistan
  26. YXK (Verband der Studierenden aus Kurdistan)
  27. KOMEW (Familien von Verschwundenen und Opfern)
  28. Plattform der Eziden in Exil
  29. Europäische Initiative der Menschen aus Maras
  30. Europäischer Initiative der Menschen aus Kürecik
  31. Plattform der Aufbau –Dersim
  32. Düsseldorf für Kurdistan
  33. IL- Interventionistische Linke
  34. FIDEF (Föderation der ArbeiterInnen-Vereine der BRD)
  35. TATORT – KURDISTAN
  36. AKKUSTAN
  37. KV Die Linke Düsseldorf
  38. NRW Landesverband Die Linke
  39. PYD-Europa
  40. Zagros Plattform
  41. PEKAN /Platform der Menschen aus Anatolien
  42. NOR-ZARTOK
  43. Stimme der Gefangenen
  44. Kurdistan-Solidaritätskomitee Berlin
  45. MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands)
  46. Azadi Rechtshilfefonds e.V.
  47. CENÎ e.V. Kurdische Frauenbüro für Frieden
  48. Freiheitspartei Mesopotamiens
  49. Rat der ExılantInnen in Europa
  50. Europäische Schwarzmeer-Plattform
  51. Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) – Düsseldorf