Pressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 24.04.2019
Bundesaußenminister Heiko Maas, die US-Schauspielerin Angelina Jolie und die Jesidin Nadia Murad forderten den UN-Sicherheitsrat zum Handeln gegen sexualisierte Gewalt in bewaffneten Konflikten und deren Straflosigkeit auf und dieser beschloss am 23.04.2019 eine entsprechende Resolution.
Der sogenannte Islamische Staat hat Tausende Menschen ermordet, Tausende jesidischer Frauen vergewaltigt und versklavt, aber die Taten wurden bislang nicht geahndet, die Täter gingen straflos aus. Daher ist die Resolution lange überfällig und begrüßenswert.
In Gefängnissen der autonomen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien sitzen über 1.300 ausländische IS-Mitglieder, denen schwerste Verbrechen zur Last gelegt werden, sie kommen auch aus den USA, Frankreich und die Bundesrepublik. Hinzukommen 11.000 IS-Frauen und Kinder, die in Lagern versorgt werden müssen, in denen es an allem mangelt, weil die internationale Gemeinschaft den Kurden in Syrien Hilfe versagt. Seit langem appelliert die autonome Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien an die Herkunftsstaaten, dass sie Verantwortung für ihre Staatsbürger übernehmen, diese zurückholen und vor Gericht stellen. Den deutschen Behörden wurde umfangreiches Belastungsmaterial zur Verfügung gestellt, der Bundesnachrichtendienst war vor Ort und es gibt inzwischen 18 Haftbefehle gegen deutsche IS-Mitglieder.
Aber ausgerechnet Heiko Maas, der sich vor den UN öffenlichtkeitswirksam gegen die Straflosigkeit dieser Täter ausspricht, tut nichts, um diese einem ordentlichen Strafverfahren zuzuführen. Mit der fadenscheinigen Begründung, dass es in Syrien keine konsularische Vertretung gebe, ignoriert er eine Überstellung der Gefangenen und lässt die autonome Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien mit dem Problem der inhaftierten IS-Mitglieder und ihrer Familien allein. Ibrahim Murad, Repräsentant der autonomen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in Berlin, berichtet von mehrfachen Kooperationsangeboten an das Auswärtige Amt und konkreten Vorschlägen, wie eine Überstellung organisiert werden könnte. Auf Anfrage der WELT leugnet das Amt diese Angebote. ((https://www.welt.de/politik/plus190604481/IS-Rueckkehrer-Andere-holen-ihre-Verbrecher-zurueck-die-Deutschen-nicht.html)). Dr. Abdulkarim Omar, Verantwortlicher für Außenbeziehungen der Autonomen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, zeigt ebenfalls zwei Möglichkeiten zur Verurteilung der festgenommenen IS-Mitglieder auf, entweder vor Ort oder in den Herkunftsländern. ((https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/entweder-ruecknahme-der-dschihadisten-oder-verurteilung-hier-10884))
Die Bundesrepublik leugnet Kontakte mit der autonomen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, obwohl sie als Teil der internationalen Koalition vor Ort einen direkten, offiziellen Kontakt mit den Verantwortlichen der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) pflegt. Doch die Sensibilität der türkischen Regierung scheint wichtiger zu sein als die eigenen Wertvorstellungen – entgegen der Verlautbarung von Heiko Maas vor der UN. In Prozessen gegen IS-Mitglieder wird ans Tageslicht kommen, in welchem Ausmaß die Türkei den IS unterstützt hat und was die Bundesregierung davon wusste. Gegen sie könnte sogar der Vorwurf der Strafvereitelung im Amt erhoben werden.
Ungeachtet dessen muss Heiko Maas, wenn er es mit dem Kampf gegen sexualisierte Gewalt und Straflosigkeit der Täter ernst meint, dafür sorgen, dass die IS-Gefangenen entweder vor ein deutsches Gericht oder – wie von der autonomen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien vorgeschlagen – vor ein internationales Sondergericht gestellt werden. Dies wäre eine fortgesetzte Bekämpfung gegen den IS wie dies zuvor in Form der militärischen Bekämpfung der Fall war. Das gebietet das Völkerrecht und die moralische Verpflichtung gegenüber denjenigen, die zu Opfern dieser Verbrecher wurden und denen, die die größten Opfer im Kampf gegen den IS gebracht haben.
Zuletzt aktualisiert am 29.04.2019.