Das „Information Center of Afrin Resistance“ berichtet über die Hintergründe und die Rolle der einzelnen islamistischen Gruppen im Krieg gegen Afrin und deren Zusammenarbeit mit der Türkei, 06.02.2018
Während der Völkermord und der Besatzungsversuch der Türkei in Afrin seit nunmehr über zwei Wochen andauern, lohnt sich ein genauerer Blick auf die islamistischen Gruppen, mit deren Hilfe das AKP-Regime Krieg gegen den nordsyrischen Kanton Afrin führt, um die Wahrheit hinter den aktuellen Angriffen deutlicher zu sehen. Gerade weil derzeit in Afrin ein versuchter Völkermord als Ergebnis der reaktionären und faschistischen Denkweise des türkischen Regimes zu beobachten ist, ist es notwendig, diejenigen zu identifizieren, die an diesen Angriffen teilnehmen und ihre Beziehungen untereinander zu verstehen. Dies wird uns helfen, die drohende Zukunft zu verstehen, in die die Menschen in der Region im Falle der Besetzung Afrins durch türkische und islamistische Truppen hineingezogen werden könnten.
Der faschistische türkische Staat versucht erneut, die verbliebenen Reste der islamistischen Gruppen trotz ihrer bisherigen menschenverachtenden Taten im syrischen Krieg gegen den Freiheitskampf der Völker und insbesondere der Kurden einzusetzen. Wenn man sich diese salafistischen Gruppen anschaut, einschließlich des Islamischen Staates (IS), Al-Nusra und Al-Qaida, die an die Frontlinie des Krieges in Afrin getrieben wurden und nun vom türkischen Staat angeführt werden, wird auch die Komplexität des Krieges in Nordsyrien anschaulicher.
Der türkische Staat greift Afrin mit Hilfe von islamistischen Gruppen an, die direkt mit Al-Qaida verbunden sind. Dies geschieht vor den Augen der ganzen Welt. Wer aber sind diese Gruppen genau?
Die ‚Sultan Murat Brigade‘
Die Sultan Murat Brigaden, deren Mitglieder überwiegend Turkmenen sind, ist die am stärksten vertretene Gruppe in den von der Türkei besetzten Gebieten Syriens. Sie bekommen direkte Unterstützung vom türkischen Geheimdienst. Die ehemals aktiven Gruppen im östlichen Teil von Aleppo, wie Fatih Sultan Mehmet Brigade, Märtyrer Zeki Turkmeni, Eşbal El Eqide Brigade, Turkmenische Märtyrerbrigade, Erste Brigade, Zweite Brigade, Spezialeinsatzbrigade, El Yermuk Brigade und dutzende anderer Gruppen, haben sich mitlerweile zu einer Gruppe zusammengeschlossen und nennen sich nun ‚Sultan Murat Brigade‘.
Im letzten Jahr erreichte die Gesamtzahl der Gruppenmitglieder durch die Aufnahme von Brigaden und Bataillonen wie Suleiman Schah Brigade, Sikor El Cebel, El Nixbe und Ehrar El Sherqiye ca. zweitausend. Sie besitzen leichte, mittlere und schwere Waffen sowie amerikanische Taw-Waffen (modernes Panzerabwehrsystem).
Neben der erwähnten direkten Hilfe durch den türkischen Staat erhält die Sultan-Murat-Brigade unter Führung des Bandenführers Fahim Isa alle Anweisungen direkt vom türkischen Geheimdienst. Die Gruppe wurde vom türkischen Staat zudem mit zahlreichen Panzern ausgerüstet.
Die ‚Uleiman Shah Brigade‘
Unter der Führung des Gruppenführers Abu Emsha setzt sich dieses Gruppe aus 300 Mitgliedern zusammen, die größtenteils aus Hama stammen. Bilder ihrer Angriffe auf Efrin zeigen, dass sie leichte und mittlere Waffen benutzen und offen Al-Qaida-Symbole tragen.
Die ‚Fatih Sultan Mehmet Brigade‘
Obwohl das Fatih-Sultan-Mehmet-Bataillon überwiegend aus Turkmenen besteht, gehören ihm auch türkische Mitglieder an. Während diese Gruppe früher in den östlichen Bezirken von Aleppo stationiert war, zogen sich ihre Mitglieder schließlich in die zum Teil von der Türkei kontrollierten Shahba-Region zurück. Die Gruppe, die auch an der Besatzungsoperation “Euphrates Shield” in Nordsyrien teilnahm, wird von Mehmud Sileman angeführt und besteht aus ca. 300 Mitgliedern.
Die ‘Samarqand Brigade’
Die Gruppe besteht aus fast 300 turkmenischen Mitgliedern, die hauptsächlich aus den ländlichen Gebieten von Aleppo kommen und über keinen festen Stützpunkt verfügen. In den letzten Monaten wurden die Mitglieder der El-Efad- und Samarqand-Gruppen von Ankara kontinuierlich ausgebildet. Sie erhalten 300 USD pro Monat und erhalten all ihre Befehle direkt vom türkischen Staat. Die ‚Samarqand-Brigade‘ wurde vom Bandenführer Ehmed Feyad kommandiert, bis er vor wenigen Tagen während der Angriffe auf Afrin von SDF-Kämpfern (Syrian Democratic Forces) getötet wurde.
Ahrar Al-Sharqiya
Ahrar Al-Sharqiya umfasst hauptsächlich Mitglieder des Al Shihatata-Stammes, die aus der ostsyrischen Region Dêra Zor nach al-Bab gewandert sind. Die 700 Mitglieder umfassende Gruppe aus al-Bab ist bekannt für ihren Drogenkonsum. Alle ihre Mitglieder wurden von der Türkei ausgebildet. Die Gruppe hat starke Verbindungen zu den Gruppen Hay’at Tahrir al-Sham und Ahrar al-Sham.
Faylaq Al-Sham
Nach vielen internen Konflikten besteht Faylaq al-Sham heute hauptsächlich aus Al-Shamal, einem Bataillon von 500 Mitgliedern, das derzeit in der nordsyrischen Stadt Ezaz stationiert ist und von Ebdullah Broz und Ebdullah Xelil angeführt wird. Faylaq Humus, eine kleine Gruppe aus Humus, gehört ebenfalls zu Faylaq al-Sham.
‚23 Kräfte‘
Die Gruppe besteht aus 300 Mitgliedern und wird von Yasir Ebu Eli Hirac angeführt. Sie wird derzeit an der Şex Isa-Front gegen die Syrian Democratic Forces (SDF) eingesetzt. Unter Einbeziehung vieler ausländischer Mitglieder hält die Gruppe ihre monatlichen Treffen in Mari ab. Sie erhält direkte Unterstützung vom türkischen Staat und erhält ihre Anweisungen vom türkischen Geheimdienst.
Sigor Al-Cebel
Nachdem sie von Jabhat Al-Nusra aus Idlib vertrieben wurde, zog diese Gruppe später weiter in den ländlichen Norden von Aleppo. Angeführt wird sie von Ehmed Xeriye. Sie besteht aus 1.900 Mitgliedern, darunter viele Ausländer. Unterstützt wird die Gruppe durch den türkischen Staat. Ausgebildet wurden ihre Mitglieder von Katar. Die Gruppe ist im Besitz von Taw-Waffen (modernes Panzerabwehrsystem). Ihre Befehle erhält Sigor al-Cebel direkt vom türkischen Staat. Sie unterhält starke Beziehungen zu den Gruppen Hamza, Sultan Murat und Faylaq al-Sham. Ihre täglichen Treffen finden in der türkischen Stadt Kilis statt.
‚Al Mistefa-Regimente‘
Diese Gruppe war früher bekannt als “Die 13. Kraft”. Sie änderte ihren Namen jedoch, nachdem sie vom IS umzingelt wurde, als sie in die Stadt Mari einmarschierte und dabei ihr Anführer starb. Mit 500 Mitgliedern hält diese Gruppe all ihre Treffen in der Türkei ab und wird logistisch vom türkischen Staat unterstützt.
Jabhat al Shamiyah
Die Gruppe besteht aus 1.000 Mitgliedern verschiedener dschihadistischer Gruppen wie Nour al-Din al-Zenki, der Armee der Mudschaheddin, Al-Jabhat Al-Islamiyyah (Islamische Front), Festeqem Kema Umirt, Jabhat al-Asala wal-Tanmiya, Ahrar al -Sham, Siqor al-Sham und Harakat Hazm. Die Al-Shamiyah sind eng mit Hay’at Tahrir al-Sham verbunden und stehen in direktem Kontakt mit dem türkischen Geheimdienst.
Jabhat al-Nusra (Hay‘at Tahrir al-Sham)
Die Gruppe, bekannt als der syrische Flügel von Al-Qaida, wurde Ende 2011 gegründet und ist hauptsächlich in den Gebieten der sogenannten ‚Freien Syrischen Armee‘ (FSA) tätig.
Nachdem sie 2012 von den USA als Terrororganisation eingestuft wurde, nahme die Kritik an der Bezeichnung der Gruppe als Teil der “syrische Opposition” zu. Ihr Anführer Mihemed El Colani änderte daher den Namen der Gruppe zu ‚Hay’at Al-Tahrir Al-Sham‘. Die Gruppe, die immer noch als Al-Qaidas Arm in Syrien agiert, setzt derzeit ihre militärische und politische Zusammenarbeit mit der Türkei im Rahmen der Angriffe auf Afrin fort.
Neben den oben genannten Gruppen gibt es auch einige weniger bedeutende Gruppen, die nur gelegentlich in der Presse erwähnt werden, wie z.B. Siqor Al-Sham, Al-Nikbe, Al-Wekkas Weqas, Em Munteser Billah, Al-Shamal und die ‚Neunte Spezialeinheit‘.
Alle oben genannten Gruppen verwenden Al-Qaida-Symbole auf ihren Fahnen und werden vom türkischen Staat in Syrien derzeit im Krieg gegen Afrin eingesetzt. Diese Gruppen gehen mit derselben Brutalität wie der IS vor und benutzen auch die gleichen Methoden bei ihren Angriffen.