17 HDP-Politiker verhaftet – Zwangsverwalter in der Provinz Kars eingesetzt

Im Rahmen des „Kobanê-Verfahrens“ hat ein Gericht in Ankara Untersuchungshaft gegen siebzehn Politikerinnen und Politiker der Demokratischen Partei der Völker (HDP) angeordnet. Die Betroffenen, allesamt bekannte HDP-Vertreter, waren am Freitag vor einer Woche bei Polizeioperationen in sieben Provinzen festgenommen worden. Hintergrund ist ihre vermeintliche Beteiligung an Demonstrationen im Oktober 2014, als die HDP anlässlich des IS-Angriffs auf die Stadt Kobanê in Nordsyrien auch gegen die Unterstützung der türkischen Regierung für die dschihadistische Terrormiliz protestierte. Die Haftbefehle ergingen u.a. gegen den früheren Bürgermeister der Provinz Kars (kurd. Qers) Ayhan Bilgen, Politökonom Alp Altınörs vom HDP-Exekutivrat, der langjährige außenpolitische Sprecher Nazmi Gür, die ehemaligen Parlamentarierinnen Ayla Akat Ata und Emine Ayna.

Über die Stadt Kars im Nordosten der Türkei/Nordkurdistans ist im Anschluss an die Verhaftung Ayhan Bilgens ein Zwangsverwalter ernannt worden. Damit werden inzwischen 52 von der Demokratischen Partei der Völker (HDP) bei den letzten Kommunalwahlen gewonnene Rathäuser von einem sogenannten Treuhänder regiert. Bilgen war nach seiner Festnahme am Mittwoch von seinem Amt zurückgetreten, um die Einsetzung eines Regimebeamten in seiner Stadt zu verhindern. Am Vortag wurde mit Şevin Alaca dann auch die weibliche Hälfte der genderparitätischen Doppelspitze im Rathaus von Kars festgenommen. Auch vier Bezirksverordnete sowie zwei Provinzratsmitglieder der HDP, allesamt aussichtsreiche Kandidatinnen und Kandidaten für den Posten des Bürgermeisteramts, sowie vierzehn weitere Personen aus den örtlichen HDP-Strukturen wurden zeitgleich mit Alaca in Gewahrsam genommen. Allen zwanzig Festgenommenen wird Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen. Den Zwangsverwalter stellt der Provinzgouverneur Türker Öksüz.

Die Ernennung von Zwangsverwaltern wird seit vier Jahren von der türkischen Regierung als Waffe gegen die kommunale kurdische Selbstverwaltung eingesetzt. Das Regime nutzt zur Zerschlagung stets das gleiche Muster. Zunächst finden Razzien statt, Ko-Bürgermeisterinnen und Bürgermeister werden festgenommen, Rathäuser umstellt und anschließend „Treuhänder“ ernannt.

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