Civaka Azad Dossier Nr. 9, Februar 2016
Lange Zeit galt die kurdische Bevölkerung in allen vier Ländern, auf die ihre Siedlungsgebiete aufgeteilt sind, als potentieller Instabilitätsfaktor. Die aus dem Vertrag von Lausanne nach dem 1. Weltkrieg hervorgegangenen Staaten Türkei, Iran, Irak und Syrien waren seit ihrer Gründung jeweils mit einer eigenen „kurdischen Frage“ konfrontiert, welche von der jeweiligen Staatsautorität als permanentes Sicherheitsrisiko behandelt und somit auch von der internationalen Staatengemeinschaft als ein Faktor der Instabilität betrachtet wurde.
Doch die Umbrüche und Krisen, denen der Nahe und Mittlere Osten seit dem letzten Jahrzehnt ausgesetzt ist, haben die Rolle der Kurden in der Region nachhaltig verändert. Insbesondere aus den anhaltenden Bürgerkriegen im Irak und in Syrien sind die Kurden bereits als maßgebliche Einflussgröße hervorgegangen. Zudem wird immer deutlicher, dass die Kurden einen der wenigen politischen Akteure in der gesamten Region darstellen, die trotz aller entgegenwirkenden Tendenzen im Nahen Osten das Modell einer fortschrittlichen Demokratie verteidigen und vorantreiben.
Die von uns gemeinsam mit KURD-AKAD, dem Netzwerk Kurdischer AkademikerInnen e.V., im September des vergangenen Jahres organisierte Expertenkonferenz hatte die Absicht, die Gründe für die veränderte Rolle der Kurden in der Region genauer zu betrachten und ein Forum für Diskussionen darüber zu bieten, welche Auswirkungen diese neue Rolle der Kurden auf die Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten haben kann. Damit verbunden sollte zugleich auch diskutiert werden, vor welchen Herausforderungen die deutsche „Kurdenpolitik“ vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Entwicklungen in der gesamten Region steht.
Neben renommierten internationalen Referenten waren auf der Experten- und Fachtagung geladene Gäste aus Politik, Wissenschaft, Medien, Nichtregierungsorganisationen vertreten, um dort ihr Fachwissen und ihre Einschätzungen innerhalb der Themenblöcke auszutauschen.
Die Tagung hat ihr Ziel nicht verfehlt. Viele interessante Vorträge wurden gehalten und lebhafte Diskussionen geführt. Mit der aktuellen Ausgabe der Civaka Azad Infoblätter möchten wir nun die Inputreferate auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.
Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle bei allen, die sowohl bei der Vorbereitung als auch an der Umsetzung der Fachtagung mitgewirkt haben. Unser Dank gilt ebenfalls all denjenigen, die bei der Übersetzung, Transkription und beim Korrekturlesen der Beiträge mitgearbeitet haben.
Die in den Beiträgen behandelten Themen haben auch im neuen Jahr nichts an ihrer Aktualität verloren. Wir wünschen deshalb allen eine erkenntnisreiche Lektüre!