Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 26.10.2016
Am Tag nach den Festnahmen der beiden Ko-Bürgermeister von Amed (Diyarbakir) war das Bild in der Stadt von Protesten geprägt. Ab 11 Uhr Ortszeit versammelten sich die Bürger der Stadt vor dem Rathaus von Amed, um gegen die gestrigen Festnahmen ihrer beiden Bürgermeister Kışanak und Anlı zu protestieren. Die Polizeikräfte duldeten den Protest allerdings nicht und griffen die Menschenmenge an, woraufhin es teilweise zu Auseinandersetzungen kam. Über den ganzen Tag hinweg griffen die Polizeikräfte immer wieder Menschengruppen an, die sich in der Stadt zum Protest versammelten. Dabei setzte die Polizei u.a. Wasserwerfer ein. Insgesamt 25 Demonstranten sollen in Amed festgenommen worden sein. Am späten Abend versammelten sich erneut Protestierende vor dem Rathaus, darunter auch mehrere Abgeordnete der HDP. Sie erklärten, dass sie bis zu einer Freilassung der Bürgermeister ihren Protest fortsetzen werden. Auch in weiteren Städten Nordkurdistans und der Türkei kam es aufgrund der Festnahme zu Protesten. In der westtürkischen Stadt Bursa wurden zehn Teilnehmer der Proteste festgenommen.
Verurteilung der Festnahme durch HDP und KJA
Der Vorstand der Demokratischen Partei der Völker äußerte sich mit einer schriftlichen Stellungnahme zu der Festnahme der beiden Bürgermeister. Darin heißt es u.a.: „Die Festnahme Gültan Kışanak und Fırat Anlı übersteigt im Krieg der Regierung gegen die demokratische Politik die Grenze der Absurdität. Diese rechtswidrigen und willkürlichen Festnahmen verstoßen gegen internationales Menschenrecht und die Prinzipien der demokratischen Rechte. […] Verantwortlich für diesen historischen Fehler und dem resultierenden Chaos ist die Regierung dieses Landes.“
Auch der Kongress der Freien Frauen (KJA), ein Dachverband kurdischer Frauenverbände in der Türkei und Nordkurdistan, verurteilte die Festnahme der Bürgermeister von Amed und rief die Frauen zum kollektiven Widerstand gegen dieses Unrecht auf. Während der Proteste im Laufe des Tages wurde auch die Sprecherin der KJA und ehemalige Abgeordnete Ayla Akat Ata durch die Polizeikräfte festgenommen.
Proteste auch in Deutschland und weiteren europäischen Ländern
Auch in mehreren deutschen Städten versammelten sich Menschen, um gegen die Repressionsmaßnahmen des türkischen Staates zu protestieren. So kam es unter anderem in Hamburg, Dortmund, Köln und Bielefeld zu Protestaktionen. Auch im französischen Marseille, in der italienischen Metropole Milan und in der norwegischen Hauptstadt Oslo kam es Kundgebungen für die Freilassung der Bürgermeister.
Der Demokratische Gesellschaftskongress der KurdInnen in Europa, kurz KCDK-E, rief die kurdische Bevölkerung am Tag nach den Festnahmen dazu auf, ihre Proteste auch in Europa fortzusetzen und auszuweiten. In ihrer Erklärung kritisierte der größte Dachverband der Kurden in Europa das Schweigen der europäischen Politik gegenüber den Repressionsmaßnahmen des türkischen Staates. Diese Haltung Europas stärke die Hand des autoritären AKP-Regimes bei der Bekämpfung der Kurden.
Für den kommenden Samstag rief die KCDK-E zu Protesten in ganz Europa auf, um gegen die Angriffe des AKP-Regimes in Nordkurdistan und in Rojava zu protestieren.