Das Hauptproblem im Irak ist die Unterdrückung der Frau

frauen irakFrauen aus Südkurdistan und Irak auf der ersten Frauenkonferenz des Mittleren Ostens
DIHA, Ankara, Juni 2013

Frauen aus Südkurdistan und dem Irak nahmen an der unter der Leitung der Bewegung Demokratischer Freier Frauen (DÖKH) organisierten ersten Frauenkonferenz des Mittleren Ostens (31.05-02.06.2013) teil und diskutierten ihre Probleme.

Die südkurdische Abgeordnete im irakischen Parlament und wichtige Figur in der Forschung für Frauenrechte im Irak, Houzan Mahmoud, erläutert: „Wenn wir uns die Situation in Südkurdistan ansehen, stellen wir fest, dass Frauen in den letzten 22 Jahren einige Rechte erlangt haben. Doch das Problem ist die Umsetzung dieser Gesetze. Leider finden Massaker, Unterdrückung und Gewalt an Frauen ihre Fortsetzung. Seit 22 Jahren sind wir vom Baath-Regime befreit, aber die Situation der Frau ist immer noch gleich; die Lage hat sich sogar verschlechtert.“

Versuch, die Scharia zu legalisieren
Mahmoud weist darauf hin, dass ein Hoher Islam-Rat im Mittleren Osten angestrebt wird, und es werde versucht, die Scharia zu legalisieren. Viele Länder würden dort zu solchen Ideen neigen: „Religiöse Phänomene müssen tabuisiert werden. Wenn wir uns die Frauenbewegung in Nordkurdistan anschauen, sehen wir, dass die RevolutionärInnen die Frauenbefreiung nicht für die nationale Befreiung geopfert haben. Mehr Frauen sollten von diesen Erfahrungen profitieren.“

Die Vorsitzende der Frauensektion der Vereinten Islam-Partei, Kajal Hadi, erklärt ebenfalls, dass sie gegen die Schwierigkeiten von Frauen in der Politik und in Führungspositionen arbeite. „In der Autonomen Region Kurdistan steigen die Unterdrückung von und die Gewalt an Frauen von Tag zu Tag“, so Hadi. Es sei notwendig, dass Frauen in jedem Lebensbereich Führungsrollen übernehmen können.

Der Kampf der RJAK
Pervin Assan, Mitglied der Frauenbewegung für Freiheit in Kurdistan (RJAK), die einen Teil der Partei für eine Demokratische Lösung in Kurdistan (PÇDK) darstellt, erläutert, dass die Probleme von Frauen in allen Bereichen wie auch in Südkurdistan auf die männerdominierte Mentalität in der Gesellschaft zurückzuführen sind. Das Patriarchat in Südkurdistan sei sehr dominant und aus diesem Grund werde das gewünschte Niveau bei den Aktivitäten nicht erreicht, trotz all der Kämpfe der Frauen. Deshalb seien Frauen auch nicht einfach in der Lage, in zivilgesellschaftlichen Organisationen mitzuarbeiten, da auch die irakischen Gesetze Frauen oft davon abhielten, sich aktiv am politischen und sozialen Geschehen zu beteiligen. Assan weist auf die extreme Rückständigkeit dieser Gesetze hin und stellt fest, dass die RJAK diesen Kampf weiterführen werde.

Mangelndes Geschlechterbewusstsein
Assan zufolge sind die Probleme ideologischer, intellektueller und wirtschaftlicher Natur, sie betont, dass die rechtlichen Möglichkeiten ebenfalls unzureichend seien. In Südkurdistan besetzten zwar mehr Frauen politische und wirtschaftliche Führungspositionen, doch: „Sie spielen ihre Rollen nicht gut. Weil sie sich der Geschlechterfrage nicht genügend bewusst sind.“ Frauen seien im Alltag psychischer und physischer Unterdrückung und Gewalt ausgesetzt. „Dies bedeutet, dass Frauen herabgesetzt werden. Mit der Reduktion der Frau wird auch die Gesellschaft reduziert. Das Hauptproblem in der Autonomen Region Kurdistan und im Irak ist die Unterdrückung der Frau. Wenn der Irak und die Autonome Region Kurdistan das Problem der Frauenunterdrückung lösen, werden alle anderen sozialen Probleme auch gelöst. Doch nur im Kampf können die Hindernisse für die Frauen überwunden werden“, sagt sie.

Trotz der Unterschiede sind die Probleme gleich
Ala Kemal ist Frauenrechtsaktivistin in Südkurdistan: „Frauen haben viel zur Politik, zum Staat und zur Wirtschaft beigetragen. Doch die Verletzung von Frauenrechten drückt sich in vielen Farben und Facetten aus.“ Sino Emin Mansur von der Frauenvereinigung Kurdistan hingegen erklärt, dass das männerdominierte System mit seinen ganzen Widerwärtigkeiten dazu führe, dass Frauen trotz ihrer unterschiedlichen Lebenssituation oft dieselben Probleme hätten. Mansur, die auf die Stärkung des Frauenkampfes und weitere Erfahrungen des Widerstands in der Zukunft hofft, betont die Bedeutung der Führungsrollen, die kurdische Frauen in diesem Zusammenhang übernehmen müssten.

„Wir haben zu spät mit der Politik angefangen“
Meryem Demirel, Vertreterin der Assyrischen Frauenföderation in Schweden, berichtet, dass sie 33 Jahre lang für das assyrische Volk, für die Rechte der Frauen gekämpft habe. „Ohne Frauen kann es keinen Frieden geben. Das gibt mir Kraft“, sagt sie. Sie verweist darauf, dass das assyrische Volk über die ganze Welt verteilt sei und Frauen sich aus diesem Grunde einander fremd fühlten: „Alle AssyrerInnen haben ein Stück der Staaten, in denen sie leben, mitgenommen. Wir müssen uns außerdem behaupten, weil wir in Europa wohnen. Das versuchen wir dadurch, dass wir uns als Volk definieren, unsere Geschichte erläutern. Da wir oft im späteren Alter ins Exil gezwungen wurden, haben wir spät mit der Politik angefangen. Das sind unsere Probleme.“

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