Demokratische Autonomie in Şengal deklariert

Demokratisch-autonomer Rat von Şengal verkündet Projekt und Prinzipien der demokratischen Autonomie, Civaka Azad, 23.08.2017

Auf einer Pressekonferenz des demokratisch-autonomen Rats von Şengal in Xanesor am vergangenem Wochenende, an dem die Ko-Vorsitzenden des Rates und weitere Vertreter, sowie Mitglieder des Jugend- und Frauenrats, der Asayiş (Sicherheitskräfte) und der YBŞ (êzîdischen Selbstverteidigungseinheiten) teilnahmen, wurde die demokratische Autonomie für Şengal deklariert.

Im Folgenden ein Auszug der Erklärung die auf de Pressekonferenz von den beiden Ko-Vorsitzenden des demokratisch-autonomen Rats von Şengal, Hisen Heci Nefso und Riham Hico, welche auf Kurdisch und arabisch verlesen wurde:

“Für uns Êzîden ist der Ferman vom 3. August ((gemeint ist der genozidale Angriff des IS  auf Şengal am 3. August 2014 )) ein Wendepunkt. Unser Volk hat nicht mehr die Absicht ihre eigene Existenz der Gnade anderer Kräfte zu überlassen. Um nicht nochmals einen Genozid zu erfahren, möchte es ein demokratisches und autonomes Leben führen. Aus diesem Grund hat unser Volk nur fünf Monate nach dem Ferman, also am 14. Januar 2015 auf einer Konferenz die Gründung des „Aufbaurates“ und somit den eigenen Willen verkündet. Auf dieser Konferenz wurde der Welt die Entschlossenheit und der Wille verkündet, den Widerstand bis zur Befreiung fortzuführen; zu gewährleisten, dass die Geflohenen wieder nach Şengal zurückkehren können sowie das eigene System der Selbstverteidigung und Selbstverwaltung zu entwickeln. Trotz aller Schwierigkeiten hat der Aufbaurat den Menschen wieder die Möglichkeit zu leben gegeben. Es gibt nun eine Vielzahl von selbstorgansierten Institutionen und Organisierungen.

Der Aufbaurat von Şengal ist nicht nur für die in Şengal verbliebenen Êzîden, sondern auch für die geflohenen Êzîden zu einer Hoffnung geworden. Tausende Familien konnten auf dieser aufgebauten Grundlage wieder in ihre Heimat zurückkehren.

Bis heute hat der Rat vorwiegend die lebenswichtigen Bedürfnisse der Gesellschaft befriedigt, sowie seine Rolle im Aufbau der Institutionen und der Selbstverteidigung der Gesellschaft gespielt. Ab sofort wird es neben diesen Aufgaben und Verantwortungen den Status von Şengal auf Basis von Autonomie sichern.

Unsere êzîdische Bevölkerung strebt nach einem autonomen Leben, in dem sie ihre Entscheidungen durch ihre eigenen Räte trifft. Es lehnt den Kampf um Hegemonie über ihre Gebiete ab. In dieser Hinsicht legen wir das Projekt der demokratischen Autonomie, dass unsere Gesellschaft als unverzichtbar betrachtet, zur Anerkennung allen politischen Kräften, den Staaten, den internationalen Kräften sowie der kurdischen Öffentlichkeit dar. Wir erwarten die Unterstützung aller verantwortlichen Kreise, bis im Land von Êzîdxan im Sinne der Demokratischen Autonomie ein freies und demokratisches Leben etabliert worden ist.“

Prinzipien der demokratischen Autonomie in Şengal

Weiterhin wurden auf der Pressekonferenz 23 Prinzipien der demokratischen Autonomie in Şengal verkündet. Diese beinhalten unter anderem, die Forderung nach der Gründung einer autonomen Kommission unter Aufsicht der Vereinten Nationen. In dieser sollen Vertreter des Irak, der südkurdischen Autonomieregion, der Arbeiterpartei Kurdistans und der Demokratischen Föderation Nordsyrien Platz nehmen. Des Weiteren wird im Kontext der Sicherheitslage von einem Zusammenführen der YBŞ und anderen êzîdischen militärischen Kräften unter eine gemeinsame Kommandantur gesprochen, die als Verteidigungskräfte Şengals an den Volksrat gebunden sein sollen.

Einen zentralen Punkt nimmt die Frauenbefreiung ein. So heißt es in der Erklärung: “In allen Arbeitsbereichen wird die autonome Organisierung der Frauen gewährleistet. Themen, die nur Frauen betreffen, werden von ihren eigenen Organisierungen und den Frauenräten beschlossen. In allen Räten und Kommunen wird eine Frauenquote von mindestens 40 Prozent angewandt.“