Die Demokratische Autonomie ist maßgebend für ein demokratisches Syrien

Asya AbdullahAsya Abdullah, PYD-Co-Vorsitzende, im Interview mit Perwer Yas, ANF 18.10.2012

„Die Frau ist Vorreiterin der Revolution in Westkurdistan.“ Das ist so ziemlich das Erste, was Asya Abdullah im Interview zum Ausdruck bringt. Die 41-Jährige versteht sich als Frauenaktivistin und ist zugleich seit Jahren in der kurdischen Bewegung in Westkurdistan aktiv. Sie wurde auf dem 5. Kongress der Partei der Demokratischen Einheit (PYD) im vergangenen Juni gemeinsam mit Salih Müslüm zur Co-Vorsitzenden gewählt. Zu den aktuellen Entwicklungen in Westkurdistan sagt sie: „Zum ersten Mal verwaltet sich das Volk ohne Staat.“ Vom Gesundheitswesen über Bildung und Sicherheit bis hin zu kommunalen Diensten organisiert sich die Bevölkerung selbstständig, so Abdullah. Im Folgenden das Interview mit ihr vom 13. Oktober.

Sie sind seit langen Jahren in Westkurdistan politisch aktiv. Haben Sie sich erträumt, dass eines Tages eine solche Revolution beginnen und einen solchen Fortschritt erreichen würde?

Das ist richtig, wir führen seit langen Jahren einen Kampf. Seit Beginn der 2000er Jahre, seit der Gründungszeit der PYD, arbeiten wir politisch sowohl in Westkurdistan als auch in Syrien auf einem hohen Niveau. Bis zur diesjährigen Revolution haben wir in Kurdistan und Syrien einen harten Kampf geführt. Grund dafür waren die Übereinkünfte zwischen Assad-Führung und Türkei. Das eigentliche Ziel dieses Bündnisses waren zweifellos unsere Bewegung und die Errungenschaften des kurdischen Volkes. Daher waren wir erheblicher Gewalt ausgesetzt, in den letzten zehn Jahren wurden Hunderte unserer Mitglieder verhaftet und einige durch Folter ermordet.

Wie viele Ihrer Mitglieder befinden sich noch im Gefängnis? Stehen Sie in Kontakt mit ihnen?

Viele von ihnen saßen lange Jahre im Gefängnis und sind aufgrund einiger Gesetzesreformen freigelassen worden. Wir haben auch Gefallene in den Gefängnissen Syriens zu verzeichnen. Freunde wie Mamoste Osman, Bavê Cûdî und Ehmed Huseyin sind durch Folter ermordet worden. Und unsere Freundin Naziye Ehmed Keçel ist verschwunden. Sie wurde im Zuge ihrer Parteiarbeit in Afrîn festgenommen und seitdem haben wir keinerlei Nachricht von ihr. Unser Widerstand als oppositionelle Partei gegen die Führung Syriens in den letzten zehn Jahren ist für uns eine historische Erfahrung.
Ein Wandel im Mittleren Osten war unumgänglich. Regime, welche die Forderungen des Volkes nicht beachten, müssen sich wandeln oder sie werden gestürzt. In der aktuellen Phase haben wir gesehen, dass dieses Regime nicht selbst die Kraft dazu hat. Aus diesem Grund, damit komme ich zurück zu Ihrer Frage, haben wir vorhergesehen, dass es sich eines Tages ändern muss und der revolutionäre Wind, der im Mittleren Osten weht, auch dieses Land eines Tages erreichen wird. Denn das Regime in Damaskus ist eines der am längsten herrschenden mit einer 50-jährigen Vergangenheit. Es zählte jahrelang das Prinzip der einen Partei, einen Fahne, einen Ideologie und einen Idee. Es war unabwendbar, dass sich das eines Tages ändern musste.

Was für einen Wandel wünschen Sie? Inwieweit wird er in Syrien die Region beeinflussen?

Die Rechnung der 50-jährigen Herrschaft ist vom Volk in Syrien beglichen worden. Die gesellschaftlichen Probleme haben sich vertieft, so dass Syrien im Vergleich mit den anderen Ländern im Mittleren Osten ein besonderes Bild abgibt. Es gibt dort etliche Kulturen, ethnische Gruppen und Konfessionen. Die 50-jährige Einparteienherrschaft hat diesem Reichtum entgegengestanden. Das kurdische Volk war ohnehin aller Rechte beraubt. Bekanntlich sind hunderttausende Kurden noch nicht einmal als Staatsbürger anerkannt worden. Aus diesem Grund haben wir als kurdische Bewegung für einen Wandel gekämpft. Eine Revolution in Syrien wird sich auf den Wandel im Mittleren Osten auswirken und sich in der gesamten Region verbreiten.
Die neuen Leitungen müssen nicht mehr zentral von oben herab, sondern von der Basis nach oben aufgebaut werden. Die Anliegen und der Wille des Volkes müssen im Mittelpunkt stehen. Die Bevölkerung muss die Entscheidungen treffen und ihre Zukunft und das System selbst bestimmen. Denn wir haben ja gesehen, dass hierarchisch arbeitende Führungen Probleme nicht lösen können und die Gesellschaft in eine Katastrophe führen. Deshalb bildet nach unserem Paradigma die Gesellschaft den Kern und definiert die Art und Weise ihrer eigenen Führung selbst.

Sie haben gesagt, Sie hätten den Wandel vorhergesehen. Inwieweit waren Sie darauf vorbereitet?

Vor dem Beginn der Revolution hatten wir sowohl als Partei als auch als Bewegung allgemein Versammlungen abgehalten und uns auf Kongressen über unsere Vorstellungen von Wandel auseinandergesetzt. Auf Volksversammlungen wurden die Ansichten der Bevölkerung eingeholt. Wir analysierten eingehend die Lage im Mittleren Osten und in Syrien und schätzten unser Verhalten während dieser kritischen Phase ein. In den Versammlungen wurden Projekte vorbereitet, Entscheidungen getroffen und eine Roadmap erstellt. Anschließend veröffentlichten wir als kurdische Bewegung in Westkurdistan unser Projekt der Demokratischen Autonomie. Wir denken, dass sie die beste Lösung nicht nur für Westkurdistan, sondern gleichzeitig für ganz Syrien ist.

Ist die Demokratische Autonomie ein Projekt nur Ihrer Partei? Wie steht der Kurdische Hohe Rat, in dem Sie auch vertreten sind, dazu?

Architekten dieses Projekts sind die Bewegung der Demokratischen Gesellschaft (TEV-DEM) und ihr nahestehende Organisationen. Unsere Partei PYD, die den politischen Arm der TEV-DEM darstellt, unterstützt es und kämpft für seine Umsetzung. Dieser Kampf hat nicht erst vor wenigen Monaten begonnen, sondern schon vor anderthalb Jahren, und auf dem Weg zur Selbstverwaltung gründet die Bevölkerung in Westkurdistan ihre eigenen Stadträte, in allen Bezirken Westkurdistans. In jedem Stadtrat gibt es 17 ihm angebundene Komitees. Und in den Dörfern gibt es Dorfkommunen, je nach Einwohnerzahl werden die Leitungen gewählt. Die Dörfer werden von Sicherheitsangelegenheiten bis zu gesellschaftlicher Organisation von den Kommunen geführt.

Was ist die Funktion der an die Stadträte gebundenen 17 Komitees, die Sie erwähnt haben?

Es gibt spezifische Komitees für Politik, Frauen, Jugend, Bildung, Recht, Gesundheit, Sicherheit und kommunale Dienste. Ihre Repräsentanten sind auch in den Stadträten vertreten. Jedes Komitee hat seinen Arbeitsbereich und sie versammeln sich monatlich, um ihre Aktivitäten zu bewerten. Beispielsweise ist zu erwähnen, dass die Volksvertretungen in Kobanî (Ain al-Arab), Afrîn und Cizire (Region Al-Dschazira) durch den Erfolg dieser Komitees ihre Arbeit aufnehmen konnten. Alle Bedürfnisse der Bevölkerung, von Gesundheit bis Sicherheit, werden durch die Komitees abgedeckt. Kurzum, dieser Erfolg ist das Ergebnis unseres Projekts der demokratischen Selbstverwaltung.

In wie vielen Bezirken gibt es zurzeit einen Stadtrat? Auch in Bezirken, in denen das Assad-Regime noch immer das Sagen hat?

Diese Stadträte gibt es in Westkurdistan und in allen Städten, in denen Kurden leben. Beispielsweise sind in Städten wie Halab (Aleppo), Tiltemer (Tal Tammer) und Hesekê (Al-Hasaka) Stadträte und an sie gebundene Komitees tätig, sogar in der Hauptstadt Damaskus in den kurdischen Stadtteilen. In Städten wie Kobanî, Afrîn, Qamislo (Al-Qamishli), Dirbêsî (Al-Darbasiyah), Amûdê und Dêrike (Al-Malakiya) regiert und verwaltet sich das Volk vollständig selbst. Mit der Zeit und mit der Verlagerung der Machtverhältnisse nimmt die Zahl dieser Vertretungen zu.

Was war Ihr größtes Hindernis für die Umsetzung des Projekts der Demokratischen Autonomie?

Dies ist ein neues Modell der Selbstverwaltung, nicht nur für die Kurden, sondern für den gesamten Mittleren Osten. Und wir sind die Ersten, die es umsetzen. Und zum ersten Mal verwaltet sich das Volk ohne den Staat selbst. Vor allem möchte ich besonders darauf aufmerksam machen, dass alle bisherigen Führungen und Systeme hierarchisch von oben nach unten organisiert wurden, aber bei uns läuft es von unten nach oben. Das ist insbesondere eine neue Lebensphilosophie. Daher legen wir auch besonderen Wert auf die Bildung der Bevölkerung. In den von uns gegründeten Akademien stellen wir unser Projekt dar und die genannte neue Lebensphilosophie.

Wie organisieren Sie in den Akademien die Volksbildung? Nach Alter oder nach gesellschaftlicher Klasse?

Wir haben allgemeine Volksakademien und besondere Akademien. Alle Mitglieder der Komitees und der Verwaltung nehmen an der Ausbildung in den allgemeinen Volksakademien teil, wo das neue Paradigma detailliert erläutert wird. Zudem findet Unterricht statt zu Themen wie demokratische Kultur und Volksverwaltung. Für die Bevölkerung selbst gibt es in den Stadtteilen und den Dörfern regelmäßig Seminare und Diskussionsrunden. Und in regelmäßigen Abständen organisieren wir Volksversammlungen. Dort wird über die politische Situation und über Lösungen für gesellschaftliche Probleme diskutiert. Wir nehmen die Kritik, Vorschläge und Bewertungen aus der Bevölkerung sehr ernst.

Wie ist das allgemeine Interesse? Wie nimmt die Bevölkerung diese neue Art Administration auf?

Ich kann schon sagen, dass wir in der ersten Zeit der Umsetzung Probleme hatten. Vor allem beim Punkt Wahlen. Als Kern der Demokratischen Autonomie ist es wichtig, dass alle wählen. Beispielsweise stellten wir für die Wahl der Dorfkommune in dem jeweiligen Dorf eine Urne auf und führten die Wahl durch. Ich betone, diese Wahlen fanden das erste Mal statt und daher hatten wir einige Schwierigkeiten. Denn die Leute aus unserem Volk hatten bisher nie wählen dürfen und alle Entscheidungen waren zentral getroffen worden. Doch nun nehmen Wahlen und die demokratische Kultur ihren Gang.

Darf jeder bei diesen Wahlen kandidieren? Was sind die Voraussetzungen?

Zunächst einmal darf ein Kandidat in der Vergangenheit nicht der Bevölkerung geschadet haben. Zweitens muss die Person von der Gesellschaft anerkannt sein. Drittens eine moralisch saubere Vergangenheit. Und am wichtigsten ist die Bereitschaft, der Gesellschaft ohne persönlichen Eigennutz zu dienen.

Ich möchte hier kurz nachhaken. Dürfen Männer mit mehr als einer Ehefrau kandidieren und im Komitee arbeiten? Denn in Nordkurdistan gibt es bei BDP und DTK in dieser Hinsicht ein klares Votum. Ist das bei Ihnen ebenfalls der Fall?

Auch wir sind gegen die Polygamie, das waren wir vorher ebenso. Aber in der Gesellschaft blieb diese Einstellung erhalten. Doch nun ist die Lage anders, wir sind in diesem Punkt sehr konsequent. Jemandem, der eine zweite Ehefrau nimmt, wird die Ratsmitgliedschaft eingefroren und er wird aller Aufgaben enthoben. Der Frauenkampf ist ein zentraler Punkt in unserer Revolution und unserem nationalen Kampf.

Haben Sie in den Räten und den Komitees eine Geschlechterquote?

Wir wenden in allen Instanzen eine Geschlechterquote von 40 % an. In Gegenden, in denen die Frauenbewegung sehr stark ist, übersteigt die Beteiligung der Frauen die 40 % bei Weitem. Ich betone, dass in 90 % der Fälle durch die Bemühungen der Frauen, also die Organisierung der Frauen selbst, diese Quote von 40 % sowieso überschritten wird. Beispielsweise sind in Qamislo und Kobanî Frauen Ratsvorsitzende. Und durch das Co-System wird das Prinzip „ein Mann und eine Frau für eine Position“ gewährleistet.

Führt Ihr Ansatz hinsichtlich der Frauen zu Missmut in der Gesellschaft? Oder anders gefragt: Hat sich dieser Ansatz als Hindernis für die Organisierung herausgestellt?

Es gab schon vorher Hindernisse bei den Frauenaktivitäten, die gibt es auch heute. Sowohl wegen der gesellschaftlichen Werte als auch aufgrund der Auswirkungen staatlicher Politik war die Frauenarbeit von vornherein ein schwieriges Gebiet. Aber vergesst nicht, dem Kampf der Frauenbewegung in Westkurdistan wurde ein schweres Erbe zuteil. Es verpflichtet zum Widerstand, denn hunderte Freundinnen, Mütter sind in die Gefängnisse geworfen worden und haben starken Widerstand geleistet. Ich wiederhole, von Beginn an ist die Frau in Westkurdistan Vorreiterin der Revolution. Die Frauen spielen in der Politik, bei der Organisierung und auch bei den Volksaufständen eine wichtige Rolle, Mütter tragen ihre gefallenen Kinder mit traditionellen Trillerrufen zu Grabe. Sie beweisen eine große Opferbereitschaft. Seht einmal, die Frau führt in Westkurdistan zwei Kämpfe. Zum einen für die Freiheit der Kurden und dann auch für den Schutz der Frauenrechte, damit diese in der neuen Verfassung garantiert werden.

Lassen Sie uns kurz auf die Städte eingehen, in denen Sie die Administration übernommen haben. Wie werden die Dienstleistungen bei Strom, Wasser, Gesundheit und Bildung gewährleistet?

Natürlich gibt es in den von Ihnen genannten Punkten Einschränkungen. Der wichtigste Grund dafür ist der andauernde Bürgerkrieg. Auch wenn hier keine schweren Kämpfe stattfinden, sind doch auch in Kurdistan die Auswirkungen des Krieges ernsthaft spürbar. Auch gibt es Todesopfer zu beklagen. Täglich haben wir in Halab und Afrîn Gefallene. Städte sind voneinander abgeschnitten. Jederzeit kann es irgendwo eine Explosion geben.
Wir haben ernsthafte Schwierigkeiten, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Unsere größte Sorge ist die Knappheit an Medikamenten. Viele Krankenhäuser können die Nachfrage nicht mehr bedienen. Wir haben mit unseren eigenen Möglichkeiten einige Krankenhäuser gegründet. Wir haben sogar Ärzte organisiert, um die Gesundheitsprobleme zu lösen. Wir haben für Krankenhäuser Pläne, die im Falle einer Verschärfung des Krieges und einer Unterbrechung der Verbindungen innerhalb der Städte greifen. Doch wir brauchen dafür von außen Unterstützung, denn wir können nicht alles medizinische Material aus Syrien beschaffen.
Vor allem durch die Auswirkungen des Krieges gibt es in Kobanî und Afrîn Engpässe bei Strom und Wasser. Mit Hilfe der im Rahmen unserer Organisierung gegründeten Komitees versuchen wir diese Bedürfnisse zu befriedigen. Dutzende Komitees schicken der Bevölkerung Hilfe. Beispielsweise sorgt das Logistikkomitee durch seine Aufsicht dafür, dass die Lebensmittelpreise nicht steigen, dass Profiteure keinen Reibach machen. Wir haben Gas von Dêrike nach Kobanî transportiert und dort große Not gelindert. Durch eine solche eigenständige Organisierung und Verwaltung haben wir verhindert, dass das allgemeine Chaos in Syrien Kurdistan erreicht.

Wie organisieren Sie die Bildung der Kinder? Findet der Grundschulunterricht ununterbrochen statt? Haben Sie keinen Bedarf an Material und Lehrern?

Wir haben für ganz Westkurdistan eine zentrale Einrichtung für die Bildungsarbeit aufgebaut. Mit der arbeiten die Lehrer zusammen. Ich kann zwar ihre Zahl nicht schätzen, aber in einigen Regionen gibt es Hunderte. Jede Region versucht ihren eigenen Bedarf selbst abzudecken. Andererseits wird die Lehrerausbildung fortgesetzt. Viele wollen Lehrer werden, das ist sehr erfreulich. In Westkurdistan unterhält die Bewegung Yekitîya Star für Eltern Projekte, in denen es um die Erziehung ihrer Kinder geht. Schulungen über Themen wie Kindererziehung, die Unterbindung von Kinderarbeit und die Verhinderung von Gewalt gegen Kinder haben bereits begonnen.

Wird der Unterricht an Schulen, die dem Regime in Damaskus unterstehen, fortgeführt? Was wird mit den Lehrern und Staatsbediensteten arabischer Herkunft?

Unsere Politik in diesem Punkt besagt, dass wir alle Bediensteten, ob Araber oder Angehörige anderer ethnischer Gruppen, in ihren Ämtern belassen wollen. Wir sagen ihnen: „Ihr habt vorher dem Assad-Regime gedient, aber wenn Ihr von nun an dem Volk dienen wollt, könnt Ihr bleiben.“ Wir haben Komitees gegründet, welche die Verbindungen zwischen Rathäusern, Elektrizitäts- und Wasserwerken und anderen Institutionen bewahren. Mit Hilfe dieser Komitees gewährleisten wir die Aufrechthaltung der Dienstleistungen. Ich komme noch mal auf die Situation der Lehrer und Schüler zurück. Wir haben in den vergangenen Sommerferien die Schulen nicht geschlossen und dort den Unterricht weitergeführt. Wir hatten früher von der Führung in Damaskus verlangt, dass in den Grundschulen neben Arabisch, Mathematik und den anderen Fächern auch Kurdisch ein Unterrichtsfach wird. Aber die Assad-Führung lehnte unsere Forderung ab und hat die Schulen geschlossen. Wir haben an dieser Stelle entschieden, entweder werden diese Schulen auf jeden Fall mit Kurdisch als Unterrichtsfach neu geöffnet oder sie bleiben zu. Neben den staatlichen Schulen gibt es in jedem Dorf und in jedem Stadtteil Schulen, die an die Stadträte gebunden und in Eigenregie eröffnet worden sind und in denen der Unterricht ohne Unterbrechung stattfindet.

Welche Beziehungen unterhalten Sie in diesem Chaos und Kriegszustand zum Assad-Regime und zur übrigen Opposition?

Wie geschwächt die Führung in Damaskus auch ist, ihre Politik gegenüber dem kurdischen Volk hat sich nicht geändert. In einem Land, in dem täglich Hunderte von Menschen ihr Leben verlieren, hat das Regime seine Legitimität verloren. Unsere Politik ist seit dem Beginn der Krise in Syrien dieselbe. Wir haben alternativ zum Regime unser System und unsere Administration geschaffen. Das ist auch die Pflicht einer Opposition, denn wenn sie etwas entgegenarbeitet, dann muss sie die Alternative dazu aufzeigen.
Aber andererseits haben die anderen syrischen oppositionellen Gruppen nicht ein einziges Projekt für das Land im Allgemeinen und das kurdische Volk im Besonderen. Wir haben Beziehungen zur Opposition, aber nicht im Sinne eines Bündnisses. Denn wie ich schon sagte, sie haben kein Projekt für die Zukunft des Landes. Daher haben wir einen dritten Weg eingeschlagen, wir haben die Menschen in den Mittelpunkt gestellt und Verteidigungsstrategien entwickelt. Wir werden auf keinen Fall eine Partei des Krieges sein. Wir sind gegen jede Gewalt, doch wenn der Krieg auf Kurdistan übergreift, dann haben wir das Recht, uns selbst zu schützen.

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