Presseerklärung von CENÎ – Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V., 16.10.2017
Der kurdische Repräsentant Abdullah Öcalan ist nach dem internationalen Komplott vor 19 Jahren einer anhaltenden Isolationshaft ausgesetzt. Seitdem vor anderthalb Jahren die Friedensgespräche, die 2013 geführt wurden, seitens der AKP Regierung abgebrochen wurden, unterliegt er einer totalen Isolation. Im Rahmen der Zusammenarbeit der zunehmend faschistischen AKP und der ultranationalistischen MHP hat sich in den letzten Jahren die Lage der Menschenrechte verschlechtert. In dem jede Art von Gewalt seitens der Regierung und Erdogan legitimiert wird, breitete sich eine von faschistischen Pogromen geprägte Welle über das Land aus. So hat sich die politische Situation in der Türkei in den letzten Jahren dramatisch verschärft. Seit ein paar Tagen werden in den türkischen Sozialmedien Nachrichten verbreitet, dass der Begründer der größten Frauenbewegung im Mittleren Osten und der Vorsitzende des kurdischen Volkes Abdullah Öcalan ums Leben gekommen sei.
Die anschließenden unklaren und wagen Aussagen der Generalstaatsanwaltschaft in Bursa (Türkei) über seinen Gesundheitszustand und seine Sicherheit, versetzt nun die Frauenbewegung, das kurdische Volk und alle solidarischen und demokratischen Kräfte in akute Besorgnis. Die Befreiung der Frau bleibt für Abdullah Öcalan immer der wichtigste Aspekt für die Befreiung der Gesellschaft und damit für eine revolutionäre-demokratische Bewegung. Durch seine Analyse in der Frauenbefreiungsideologie hat das von ihm angestoßene Projekt der Frauenrevolution gegen das patriarchale System im Mittleren Osten das Unmögliche möglich gemacht. In allen vier Teilen Kurdistans organisieren sich Frauen nach diesen Ideen in Frauenräten und -kommunen und ihre Bedürfnis nach einem freien Leben in Akademien, Institutionen und sogar in eigenen Dörfern. Mit den Gedanken Abdullah Öcalans kreieren sie im Mittleren Osten entgegen aller Angriffe eine freie, ökologische und gleichberechtigte Gesellschaft. Die Avantgarde der kurdischen Frauenbewegung hat den Vorschlag Abdullah Öcalans des demokratischen Konföderalismus als Friedenskonzept für mittleren Osten u.a. in Rojava realisiert. Kurden und andere Völker sehen in diesem föderalen System ihre Existenz garantiert und ihre demokratischen Rechte gesichert. Innerhalb dessen finden sie gleichberechtigt in aller Vielfalt in diesem basis-demokratischen Modell ihren politischen Ausdruck. Die jeweiligen Identität der Völker wie Kurden, Araber, Suryoye (Assyrer, Chaldäer und Aramäer), Tschetschenen, Turkmenen u.a. sowie die Religionsgemeinschaften wie die
Eziden, Alevitien, Christen, Kaka-i, Drusen und Muslime werden zusammen verteidigt. Trotz der massiven Angriffe in der Isolationshaft war Abdullah Öcalan in seiner Selbstlosigkeit die Entwicklung dieses revolutionären Modells als künftiges Friedenskonzept für die Menschen im Mittleren Osten und der Friedensprozess mit dem türkischen Staat in den vergangenen Jahren sein Hauptanliegen.
Statt das sich die europäischen Staaten wie die deutsche Regierung für dieses Lösungsmodell und damit für eine Hoffnung auf Demokratie und Frieden einsetzen, unterstützen sie die AKP Regierung und Erdogan, die seit Jahren mit der IS-Terrormiliz zusammenarbeiten, deren Schrecken sich über den Mittleren Osten erstreckte und auch in Europa zunehmend zur Gefahr wird.
Für uns bedeutet die Bedrohung Abdullah Öcalans nicht nur die des Friedens sondern sogar unser aller Existenz. Wir als Internationale Vertretung der Kurdischen Frauenbewegung und als CENÎ, dem Kurdischen Frauenbüro für Frieden sehen das Vorgehen seitens der türkischen Regierung und ihren Verbündeten zur Gesundheit und Sicherheit von Abdullah Öcalan als höchst verantwortungslos und riskant. Auch die passive Haltung des Europarates, dessen Antifolterkomitee CPT (Committee for the Prevention of Torture) mehrfach auf die verschiedenen Foltermethoden und die problematische Gesundheitssituation von Abdullah Öcalan hingewiesen hat, unterstützt diese Politik auf unverantwortliche und gefährliche Weise.
So wie Abdullah Öcalan mit seinem Lebenswerk der Gründung der kurdischen Frauenbewegung das Leben von uns als Kurdinnen, Frauen und Menschen gerettet hat, werden wir nun mit der gleichen Einsatzbereitschaft sein Leben verteidigen. Denn die Freiheit, wie wir sie von Abdullah Öcalan leben gelernt haben, entspricht der Natur des Menschen und kann nicht gefangen genommen werden. Wir lassen uns unsere Freiheit nicht nehmen. Da die Forderungen nach der Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan zu keinen Konsequenzen führen, kündigt deshalb die Kurdische Frauenbewegung und die Kurdische Freiheitsbewegung, die Isolation und Bedrohung von Abdullah Öcalan mit ihren Aktionen zu beenden!
Wir schließen uns dieser Erklärung an und rufen alle Frauen und Menschen zu vielfältigen unbefristeten Aktionen auf, bis von vertrauenswürdigen Vertretern, wie seinen Anwälten bzw. seinen Familienangehörigen die Sicherheit von Abdullah Öcalan und sein Gesundheitszustand für stabil erklärt wird