Die Konferenz für kurdische Einheit in Rojava

In Qamişlo hat am vergangenen Wochenende die Konferenz für die Einheit und gemeinsame Haltung der Kurd:innen in Rojava stattgefunden. Über 400 Delegierte aus Rojava, Bakur (Nordkurdistan), Başûr (Südkurdistan) sowie weiteren Teilen Syriens wie Damaskus, Aleppo, Hama, Bab und Azaz waren angereist, um an dem Treffen teilzunehmen. Organisiert wurde die Konferenz von einem Vorbereitungskomitee, das politische Parteien, Jugend- und Frauenorganisationen, Intellektuelle, Schriftsteller:innen, religiöse Vertreter:innen, Kunstschaffende und gesellschaftliche Persönlichkeiten zusammengebracht hat. Auch Delegationen der Parteien und Organisationen DEM, DBP und HDK aus Nordkurdistan sowie Mitglieder von Organisationen aus Südkurdistan nahmen teil.

Mazlum Abdi: „Kurdische Einheit bedeutet auch syrische Einheit

Den Auftakt machte Mazlum Abdi, Oberkommandierender der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), der in seiner Rede die zentrale Bedeutung der kurdischen Einheit hervorhob. Er betonte, dass ein geeintes Vorgehen der Kurd:innen auch zur Einheit Syriens beitragen werde: „Wir wünschen uns ein Syrien, das dezentral, demokratisch und integrativ ist – ein Staat, in dem alle Völker gleichberechtigt miteinander leben“, sagte Abdi.

In seiner Ansprache gedachte Abdi der über 13.000 Gefallenen im Verteidigungskampf um die Region und hob die gemeinsamen Errungenschaften aller Volksgruppen Nord- und Ostsyriens hervor. Er würdigte zudem die Unterstützung von Persönlichkeiten wie Mesûd Barzanî, Nêçîrvan Barzanî und Bafel Talabanî für den Prozess.

Besonderes Gewicht legte Mazlum Abdi auf den „Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“, den Abdullah Öcalan am 27. Februar aus der Isolation auf dem türkischen Inselgefängnis Imrali heraus veröffentlicht hatte. Dieser Appell, so Abdi, sei von großer Bedeutung für den Frieden und die Stabilität in Rojava und werde von den Teilnehmenden der Konferenz ausdrücklich unterstützt: „Wir werden alles tun, um diesen historischen Aufruf zum Erfolg zu führen.“

Ein Signal an Kurdistan und darüber hinaus

Die Konferenz versteht sich als wichtiger Schritt hin zu einer stärkeren kurdischen Einheit in Rojava und darüber hinaus. Die Veranstalter:innen sind darum bemüht, dass die Ergebnisse nicht nur zur politischen Selbstbestimmung der Kurd:innen in Syrien beitragen, sondern auch Impulse für eine breitere nationale Einheitsbewegung in ganz Kurdistan setzen werden. Bei der Konferenz sind zahlreiche bedeutende Botschaften von kurdischen Institutionen und Parteien verlesen worden. Sie unterstrichen die Dringlichkeit der kurdischen Einheit und die Bedeutung der nationalen Zusammenarbeit.

KCK: „Jetzt ist die Zeit der Kurd:innen!

Die Ko-Vorsitzenden des Exekutivrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) erinnerten in ihrer Botschaft an die historischen Errungenschaften der Rojava-Revolution, die auf den Widerstand der Völker Nord- und Ostsyriens sowie die führende Rolle Abdullah Öcalans zurückgehe.

Die Botschaft der KCK wurde von der PYD-Politikerin Foza Yûsif verlesen:

„Jetzt ist die Zeit der Kurd:innen, jetzt ist die Zeit der Freiheit“, zitierte die KCK den kurdischen Vordenker. Man würdigte die Opfer der Revolution und betonte, dass die nationale Einheit nicht nur die Errungenschaften von Rojava schützen, sondern auch die Demokratisierung Syriens fördern werde. Die KCK rief zur intensiven Zusammenarbeit mit anderen gesellschaftlichen Gruppen auf und sieht die Konferenz als wichtigen Schritt in Richtung eines gesamtkurdischen Nationalkongresses.

Mesûd Barzanî: Hoffnung auf konstitutionelle Sicherung der Rechte

Der Präsident der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK), Mesûd Barzanî, lobte in seiner Botschaft die Konferenz als bedeutenden Schritt zur Einheit der Kurd:innen Syriens. Er drückte die Hoffnung aus, dass der Kampf der Kurd:innen erfolgreich sei und deren Rechte in einer neuen syrischen Verfassung fest verankert würden.

„Wir setzen auf friedliche und diplomatische Lösungen und hoffen, dass diese Bemühungen auch positive Auswirkungen auf die gesamte Region haben werden“, so Barzanî.

KNK und DBP: Freiheit und Frieden basieren auf Einheit

Zeynep Murad, Ko-Vorsitzende des Exilparlaments Nationalkongress Kurdistan (KNK), betonte, dass bereits der Widerstand von Kobanê ein Symbol der kurdischen Einheit gewesen sei und die heutige Konferenz diesen Geist weitertrage.

Keskin Bayındır, Ko-Vorsitzender der Partei der demokratischen Regionen (DBP), stellte klar: „Die historische Friedens- und Freiheitsinitiative Abdullah Öcalans fußt auf der Einheit des kurdischen Volkes. Ohne Einheit kann keine nachhaltige Lösung erreicht werden.“ Bayındır rief die gesamte kurdische Jugend auf, sich für diese Ziele einzusetzen.

YNK: Nationale Einheit als zentrales Ziel

In einer Rede im Namen der Patriotischen Union Kurdistans (YNK) erklärte Emin Babaşêx, dass die YNK die Bemühungen um nationale Einheit stets unterstützen werde. „Die Errichtung einer dauerhaften kurdischen Selbstverwaltung in Rojava ist ein grundlegendes Recht“, betonte Babaşêx.

Er wies darauf hin, dass die internationale Anti-IS-Koalition bereits eine Vermittlerrolle gespielt habe und betonte: „Eine nationale Einigung der Kurd:innen wird nicht nur in Syrien, sondern in der gesamten Region positive Veränderungen anstoßen.“

Ein Signal für die Zukunft

Insgesamt spiegeln die Botschaften ein breites Spektrum an Unterstützung für die Einheit der Kurd:innen wider. Die Konferenz wird als historischer Meilenstein auf dem Weg zu einem umfassenden Nationalkongress und zur weiteren politischen Selbstbestimmung betrachtet.

Die Abschlusserklärung, verlesen von Foza Yûsif (PYD) und Mihemed Ismail (ENKS), betonte die Notwendigkeit einer gemeinsamen kurdischen Haltung angesichts der politischen Umbrüche in Syrien. Nach dem Sturz des Assad-Regimes am 8. Dezember 2024 sei es wichtiger denn je, die Rechte der kurdischen Bevölkerung innerhalb eines neuen, demokratischen Syriens zu verankern. In der Erklärung heißt es, die Konferenz habe das Ziel verfolgt, auf Grundlage einer kollektiven Verantwortung eine kurdische Perspektive für den Aufbau eines neuen, föderal und demokratisch organisierten Syriens zu entwickeln. Der kurdische Befreiungskampf, der sich stets für ein pluralistisches und gerechtes Gesellschaftssystem eingesetzt habe, solle damit in die Zukunft getragen werden.

Die Delegierten bekräftigten ihr Bekenntnis zu einem Syrien, das von Vielfalt geprägt ist – mit Respekt für ethnische, religiöse und kulturelle Identitäten, auf Basis internationaler Menschenrechtsnormen. Besondere Betonung legte die Abschlusserklärung auf den Schutz der Rechte der Frauen und ihre aktive politische und gesellschaftliche Teilhabe.

Ein zentraler Bestandteil des Abschlussdokuments ist die Forderung nach einer verfassungsmäßigen Verankerung der Rechte der kurdischen Bevölkerung in einem dezentralen Syrien. Die gemeinsame kurdische Position soll künftig die Grundlage für innerkurdische Dialoge ebenso wie für Gespräche mit der syrischen Übergangsregierung in Damaskus und anderen politischen Akteur:innen im Land bilden.

Darüber hinaus beschlossen die Teilnehmenden, ein gemeinsames kurdisches Verhandlungskomitee ins Leben zu rufen. Dieses Gremium soll die Umsetzung der gemeinsamen Ziele koordinieren, den politischen Dialog vorantreiben und die kurdischen Interessen auf nationaler und internationaler Ebene vertreten.

Die Erklärung unterstreicht abschließend, dass die Einheit der Kurd:innen nicht nur für die Zukunft Syriens, sondern auch für Stabilität und Frieden in der gesamten Region von entscheidender Bedeutung sei.