Die Lösung kann nur beidseitig sein

zübeyir aydarRede von Zübeyir Aydar, Exekutivratsmitglied des KNK

(…) Die kurdische Seite steht einer friedlichen Lösung der Frage gewollt und aufrichtig gegenüber. Die Lösung betreffenden Forderungen hat sie schon öfters der Öffentlichkeit mitgeteilt. Der kurz gefasste Begriff der Lösung heißt: Demokratische Autonomie. Heute diskutieren wir darüber in der Schweiz. In der Schweiz gibt es vier offizielle Amtssprachen und jede Person trägt die schweizerische Staatsbürgerschaft. Die Annäherung der Schweiz an ethnischen Angelegenheiten kann als Beispiel genommen werden. (…)

Bei einer in Bern organisierten Konferenz der Parlamentarischen Gruppe Beziehungen zum kurdischen Volk zur Rolle neutraler Staaten in den Verhandlungen zu einer friedlichen Lösung der kurdischen Frage am 23.02.2013 hielt Zübeyir Aydar, Exekutivratsmitglied des KNK (Kurdistan Nationalkongress) folgende Rede:

[divider]

Liebe Freundinnen und Freunde,
Sehr geehrte Damen und Herren,

die kurdische Frage liegt auf der Tagesordnung des Mittleren Ostens. Hinsichtlich der friedlichen Lösung der kurdischen Frage sind bedeutende Bestrebungen in der Türkei zu erkennen. In solch einer Phase ist eine Konferenz in der Schweiz, die die Verhandlungs- und Lösungsaspekte thematisiert und behandelt von Wichtigkeit. Bevor ich zu meinem Redebeitrag komme, möchte ich noch den Veranstaltern und Gastgebern dieser Konferenz, die Parlamentarische Gruppe Beziehungen zum kurdischen Volk und dem Kurdischen Zentrum für Menschenrechte, sowie allen Personen, die an der Vorbereitung und Organisierung beteiligt waren, meinen Dank aussprechen. Ich bin der Überzeugung, dass die hier vorgetragenen Beiträge und Diskussionen einen bedeutsamen Anteil auf der Suche nach einer Lösung der kurdischen Frage leisten werden.

Gemäß der Hauptthematik dieser Konferenz und passend zum Titel der Podiumsdiskussion, werde ich versuchen, die Betrachtungsweise der kurdischen Seite in Bezug auf Dialog, Verhandlungen, Lösungsweg (Road-Map), politische Lösung und Frieden darzulegen. Was versteht die kurdische Seite unter diesen Begrifflichkeiten? Wie sieht ihre Herangehensweise an diese Begriffe aus? Ist eine diesbezügliche Tätigkeit bestehend? Wie betrachtet sie solch eine Phase? Diese und ähnliche Frage werde ich versuchen zu beantworten.

Statt die historischen Entwicklungen der kurdischen Frage aufzugreifen, werde ich meinen Fokus auf die Bewertung der aktuellen Lage legen. Das heißt, dass ich mich im Rahmen des letzten kurdischen Aufstands, der unter der Führung der PKK begann, bewegen und mich so der Lösungsthematik nähern werde. Diskussionen über die Lösung der kurdischen Frage in der Türkei begannen Anfang der 1990er Jahre. Zeitgleich mit der Auseinandersetzung von Turgut Özal, dem damaligen Staatspräsidenten mit dieser Thematik begann er auch mit der Suche nach Lösungsmöglichkeiten. Die kurdische Seite begegnete der Suche nach Lösungsmöglichkeiten stets positiv. So rief die PKK am 17. März 1993 einen einseitigen Waffenstillstand aus, um den Weg für die Lösung zu ebnen. Doch aufgrund des dubiosen Todes von Özal und keiner positiven Entgegnung der Gegenseite blieb dieser Vorstoß ergebnislos und führte zur Aufkündigung des Waffenstillstandes.

In den Jahren 1995 und 1998 waren ähnliche Vorstöße zu erkennen. Beide Male rief die kurdische Seite einseitige Waffenstillstände aus und gab dem eine positive Reaktion. Doch auch diese beiden Vorstöße blieben, wie der Vorherige, aufgrund der negativen Herangehensweise der Gegenseite ergebnislos.

Nachdem Abdullah Öcalan Anfang 1999 als Ergebnis eines internationalen Komplott aus Kenia entführt und völkerrechtswidrig in die Türkei gebracht wurde, wurden die Lösungsbestrebungen fortgeführt. Im Zuge der Gespräche im Gefängnis mit Öcalan wurde im Juli 1999 erneut ein Waffenstillstand erklärt. Anders als bei den vorherigen Waffenstillständen, wurden die Guerillakräfte, als Präventivmaßnahme für mögliche Provokationen, außerhalb der Staatsgrenzen der Türkei zurückgezogen. Diese Situation dauerte bis 2004 an. Bedauerlicherweise ist zu sagen, dass die türkische Regierung, während dieser Phase, keine Schritte in Richtung Lösung unternommen hat. Nach dem Ende der Gefechte, sagten sie, das Problem sei gelöst. Mehrfach erklärte die kurdische Seite in Form von Deklarationen der Öffentlichkeit, was für eine Lösung sie anstrebt. Hierbei handelte es sich um absolut angemessene und akzeptable Forderungen der kurdischen Seite. Diesen angemessenen Forderungen wurde keine Beachtung geschenkt. Die gutgemeinten Aufrufe wurden ignoriert. Diese Haltung wurde gar als Schwäche interpretiert.

Deshalb begannen im Juni 2004 erneut Gefechte. Dies wurde zunächst von der Regierung ignoriert. Mitte 2005 wurden erneut mit der Diskussion über eine Lösung begonnenen. Auch 2006 wurden neue Vorstöße und Lösungsbestrebungen eingesetzt. Den Diskussionen von 2005 und den Vorstößen von 2006 erteilte die kurdische Seite, wie auch schon davor eine positive Antwort und rief einseitige Waffenstillstände aus. Zusammen mit der Ersten von 1993 hat die kurdische Seite bis heute 8 einseitige Waffenstillstandserklärungen abgegeben. Sämtliche Waffenstillstandserklärungen wurden von der türkischen Armee kaum Beachtung geschenkt. Und aufgrund der Beharrung der türkischen Seite an der Lösungslosigkeit und dem Fortführen der militärischen Operationen wurden die Waffenstillstände aufgekündigt.

Sehr geehrte Anwesende,
Es gilt, sich 2006 und der sich später entwickelten Dialogs- und Gesprächsphase unterschiedlich zu nähern und differenziert zu bewerten. Diese Phase begann zunächst durch das Übermitteln und Weiterleiten von Nachrichten durch Mittelsmänner. Ende 2007 ging man dann in persönliche Gespräche über. Die in der Öffentlichkeit als Oslo-Gespräche bekannte Phase implizierte zwei Gesprächsopponenten. Zu einem wurden Gespräche mit Öcalan im Gefängnis auf Imrali geführt, zum anderen mit der Führungsebene der Organisation. Die Gespräche wurden parallel zueinander und zu den anderen komplettierend geführt. Die Kommunikation untereinander wurde in Form von schriftlichen Dokumenten gewährleistet. Zusammen mit zeitweiligen Stagnationen und Unterbrechungen wurde diese Phase bis Juli 2011 fortgesetzt. Durch die Nichtrealisierung der erteilten Versprechen der Gegenseite, dem Ausbleiben von konkreten Schritten zur Lösung und durch die Absage von angesetzten Terminen wurde diese Phase abgebrochen.

Selbstverständlichen taucht bei einem die Frage auf, was alles in dieser Phase besprochen wurde, wer was gesagt hatte und warum es nicht zum Ergebnis geführt hat. Die kurdische Seite ist für eine politische Lösung der Frage mit Aufrichtigkeit an diese Phase getreten. Das was ihr zufiel, hat sie auch umgesetzt. Das wichtigste, was die kurdische Seite zunächst machen konnte, war die Ausrufung eines Waffenstillstandes. Bis auf die Situationen, in denen die Gespräche zum Stocken kamen, hat sie, auch wenn es nur einseitig war, Waffenstillstandserklärungen abgegeben, an den sich auch alle ihre Kräfte gehalten haben. Zum Teil hat sich die türkische Armee in inoffizieller Weise den Waffenstillständen angepasst.

Die kurdische Seite hatte nichts anderes auf ihrer Agenda, als durch Frieden und Dialog eine politische Lösung herbeizuführen. Bei den Gesprächen hat sie ihre Forderung offen und konkret geäußert. Dabei handelte es sich um äußerst angemessene Forderungen. Um Minimalforderungen, die es in jeder normalen Demokratie zu diskutieren gilt. Für die Lösung wurde eine Road-Map und Protokolle, die entsprechende praktische Schritte implizieren, vorbereitet und der Gegenseite vorgelegt.

Auf Aufforderung der türkischen Seite, und um ihre Aufrichtigkeit hinsichtlich einer friedlichen und gewaltlosen Lösung zu demonstrieren und den Rücken der Regierung bezüglich des Friedens und Dialogs zu stärken, hat die kurdische Seite Friedengruppen, bestehend aus Mitgliedern der Guerilla und Flüchtlingen des Maxmur-Camps, gebildet. Diese wurden mit einem Brief, der eine Friedensbotschaft enthielt, in die Türkei geschickt. Obwohl die Gegenseite äußerte, dass diese Personen weder festgenommen, noch angeklagt werden, wurden die Mitglieder der Friedensgruppe später festgenommen und mit hohen Strafen belegt.

Obwohl mehrfach Versprechen seitens der Vertreter der türkischen Seite gegeben wurden, haben diese nie ein Lösungsprojekt vorgelegt. Diejenigen, die im Namen der Türkei an den Gesprächen partizipierten, haben nach den Diskussionen gesagt, dass sie diese Diskussionspunkte an die Regierung weiterleiten werden und bei dem nächsten Treffen eine Antwort mitteilen werden. Jedoch sind sie nie mit einer zufriedenstellenden Antwort zurückgekehrt. Bei den Diskussionen um die Hauptaspekte äußerten sie nur, dass sie über keine Autorisierung verfügen würden. Die kurdische Seite hatte demgegenüber den Vorschlag gebracht, dass eine bevollmächtige Delegation anreisen solle. Es sollte egal sein, wie viele Tage und Wochen es auch dauern sollte, es sollte solange verhandelt werden, bis auch der letzte Punkt abgeschlossen ist. Jedoch fand dieser Vorschlag seitens der Gegenseite keinen Widerhall.

Am 14. April 2009 begannen in einer Phase, in der die Gespräche zunahmen und die Regierung offen von einer kurdischen Öffnung sprach, die kurdische Seite hatte erneut einen Waffenstillstand erklärt und bei allen die Hoffnung aufkam, dass es in eine gute Richtung führen wird, unter dem Begriff KCK-Operationen die Massenverhaftungen, die wir als „politischen Genozid“ definieren. Diese umfassten neben offiziell gewählten Persönlichkeiten, jede und jeden politisch aktiven Kurden und jede Kurdin. Als dies während der Gespräche angesprochen wurde, wurde entgegnet, dass die Regierung damit nichts zu tun hätte und es sich um die Eigeninitiative einiger Staatsanwälte handeln würde. Obwohl gesagt wurde, dass die Festgenommenen innerhalb kurzer Zeit wieder freikommen würden, haben sich die Operationen weiter ausgedehnt. Die Operationen, bei denen bis heue annähernd 10.000 Menschen festgenommen wurden, dauern immer noch an.

Zudem wurde in dieser Phase (Anfang 2011) die antikurdische Allianz mit dem Iran, dem Irak und Syrien erneuert. Durch eine Operation sollte ihren Aussagen nach die kurdische Freiheitsbewegung mit Angriffen aus allen vier Seiten, durch das sogenannte Sri Lanka-Tamilen- Modell liquidiert werden. Dieser Plan wurde im Juli 2011 eingesetzt.

Die kurdische Seite deutete hieraus, dass die türkische Seite eines Waffenstillstands bedurfte, um die Wahlen in einer ruhigen Atmosphäre durchzuführen. Und dass die Gespräche auf Hinhalten aus war, um Zeit zu gewinnen, um bei der nächsten Gelegenheit den letzten Schlag zu verpassen. Die Interpretation findet durch die erlebte Praxis Bestätigung.

Sehr geehrte Anwesenden,
im Juli 2011 konnten dann verschärfte Gefechte, die dann besonders im Jahr 2012 eskalierten, verzeichnet werden. Das von der AKP gepriesene Sri Lanka-Tamilen-Modell ging in Kurdistan nicht auf. Seit September 2012 begannen in der Türkei erneut Diskussionen über eine Lösung. Speziell in der Zeit des Hungerstreiks mit massenhafter Beteiligung kurdischer Gefangener verzeichneten sich neue Entwicklungen. Die Presse berichtete von Delegationen, die nach Imrali gereist sein sollen. Daraufhin bestätige Ministerpräsident Erdogan am 28. Dezember 2012 in einem Fernsehprogramm, dass Gespräche mit Öcalan auf Imrali geführt werden. Anschließend wurde zwei BDP-Abgeordneten die Erlaubnis erteilt, am 3. Januar nach Imrali zu fahren,
Hierbei handelte es sich um eine wichtige Entwicklung, die in der Öffentlichkeit für viel Spannung sorgte. Dass nach 14-jähriger Gefangenschaft zum ersten Mal zwei Politiker Öcalan besuchen konnten und dieser Besuch das Motiv einer friedlichen Lösung in sich trug, gilt als ein wichtiger Schritt hin zum Dialog. Alle Teile der kurdischen Seite schätzen diesen Vorstoß, teilten Öcalan ihre Unterstützung mit und erklärten der Öffentlichkeit, dass sie in dieser Phase hinter ihm stehen würden.

Zwischenzeitlich waren von der türkischen Seite negative Entwicklungen zu erkennen. Trotz der harten Winterbedingungen gewannen die militärischen Operationen an Fahrt. Öfters als zuvor bombardierten Kampfflugzeuge Stellungen der Guerilla in Südkurdistan (Nordirak). Durch die Gefechte und Bombenangriffe kam es zu zahlreichen Toten. In Paris wurden am 9. Januar 2013 drei kurdische Politikerinnen und Frauenaktivistinnen auf grausame Art ermordet. Sämtliche Indizien lassen auf eine Mordtat der türkische Gladio hindeuten. Zeitgleich wurden ebenfalls die Festnahmen an kurdischen Politikern fortgesetzt. Dem sind ebenfalls die negativen Äußerungen des Ministerpräsidenten und einiger Regierungsvertreter hinzuzufügen. Dies alles zusammengenommen lassen bei der kurdischen Seite erhebliche Zweifel hinsichtlich der Intention der Gegenseite aufkommen.

Den Äußerungen der Regierungsvertreter nach kam die Dialogphase nicht zum Stocken und wird weiter geführt. Das Zusammenkommen einer weiteren Delegation der BDP mit Herrn Öcalan liegt auf der Tagesordnung. Die Erwartung war, dass diese Besuche nicht nur auf die BDP begrenzt bleiben werden und an Beständigkeit gewinnen werden. Doch obwohl seitdem schon eine gewisse Zeit verstrichen ist, sind diese Erwartungen immer noch unerfüllt. Bis auf die Mitteilungen der beiden Politiker, die zu Gesprächen bei Öcalan waren, wurde der kurdischen Seite weder etwas schriftliches, noch etwas anderes vermittelt, was etwas über den Gesprächsinhalt aussagt. Bei den Mitteilungen der beiden Politiker handelt es sich nicht mehr, als um eine allgemeine Bewertung. Eine Road-Map oder ein zeitgebundener Aktionsplan ist nicht bestehend.

Wie wird die Phase aussehen könnten. Wie werden die Schwächen beseitigt werden können. Ohne mich an Fragen wie, ob aus dieser Phase eine friedliche Lösung entstehen kann oder nicht zu verstricken, werde ich versuchen, die Sicht und Herangehensweise der kurdischen Seite offenzulegen.

Abdulla Öcalan ist Gründer der Bewegung und eine Führungspersönlichkeit. Er vertritt die Bewegung auf allen Ebenen. Daher handelt es sich bei Entscheidung, die Gespräche mit ihm zu beginnen, um eine richtige und passende Entscheidung. Jedoch sind die aktuellen Umstände, in denen er sich befindet, nicht dafür geeignet, um einen Friedensprozess zu leiten. Daher gilt es unverzüglich einen entsprechenden Rahmen zu schaffen, damit die Friedensphase unbeschwert geführt werden kann. Vor allem müssen die erwünschten Informationen und Dokumente zur Verfügung sein. Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, mit den gewünschten Persönlichkeiten (die Führungskader der Partei inbegriffen) und Institutionen kommunizieren zu können und die Gesprächsdelegationen nach Wunsch zu besetzen. Die kurdische Bewegung sagt nicht „ihr habt euch mit unseren Vorsitzenden getroffen, nun müsst ihr euch auch mit uns treffen“. Die Bewegung möchte sich lediglich mit ihren Vorsitzenden austauschen können. Wenn Aufrichtigkeit auf Frieden vorliegt, sollte dies nicht verhindert werden.

Die kurdische Seite betrachtet diese Phase nicht als eine komplett neue, in der alles von Beginn an angegangen werden muss, sondern um die Fortführung der vorherigen Phase. Man möchte an der Oslo-Phase ansetzen und von dort aus weiterführen. Demnach ist sie an die, in dieser Phase erstellten Dokumente und getroffenen Vereinbarungen gebunden. Die Road-Map und die Protokolle, die in dieser Phase vorgelegt wurden, sind weiter von Gültigkeit. 
Damit die Phase Voranschreiten kann, bedarf es einer gefechtslosen Situation. Ein beidseitiger Waffenstillstand muss unverzüglich erfolgen. Daneben gilt es, die Polizeioperationen und die Festnahmen von kurdischen Politikern zu stoppen. Beide Seiten haben auf ihre Äußerungen und auf ihre Ausdrucksweise zu achten. Von Äußerungen, welche die Phase auf negative Weise beeinflussen könnten, ist abzusehen. Innerhalb dieses Rahmens gilt es, einen Friedensrat, der seine Ermächtigung vom türkischen Parlament (TBMM) erhält, zu gründen. In diesem sollen neben Vertretern der beiden Seiten auch andere Personen ihren Platz finden, die einen positiven Beitrag leisten können.

Um eine dauerhafte Lösung der kurdischen Frage zu erzielen, gilt es, die Punkte, in denen Übereinkunft getroffen wurde, gesetzlich und verfassungsrechtlich zu festigen. In der zu erarbeitenden Verfassung sind neben der Existenz der kurdischen Identität, die anderen gesellschaftlichen und kulturellen Identitäten und deren freie Artikulation bedingungslos zu gewährleisten. Des Weiteren gilt es, Bildung in der Muttersprache zu gewährleisten. Eine Offenheit gegenüber dem Verständnis und der Umsetzung einer demokratischen Politik, eines gemeinsamen Heimatslandes und einer demokratischen Nationwerdung sollte an den Tag gelegt werden. In diesem Rahmen ist ein Verfassungsrat (der eine Rolle ähnlich eines Gründungsparlaments inne hat), in dem genügend politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen impliziert sind, zu gründen.

Damit ein demokratischer Frieden und eine Übereinkunft erzielt werden können und eine Vertrauensatmosphäre geschaffen werden kann, gilt es, eine Wahrheitsfindungs- und Gerechtigkeitskommission zu gründen. Diese wird die Geschehnisse, die für Schmerzen und Traumata in der Türkei und in Kurdistan gesorgt haben, und sich jenseits des internationalen Kriegsrechts und Menschenrechten befinden, untersuchen können.

Die Gründung eines Friedensrates, eines Verfassungsrates und einer Wahrheitsfindungs- und Gerechtigkeitskommission und der Beginn ihrer Arbeiten würde die Phase weit voranschreiten lassen. Dabei wird darauf abgezielt, die kurdische Frage mit samt ihren Folgen zu lösen und einen gerechten Frieden zu bewerkstelligen. Durch den Abschluss der Phase der demokratischen Verfassung und einer ausgedehnten Konfrontation mit der Vergangenheit, sowie gegenseitigem Verzeihen, wird es möglich sein, in eine beständige Lösungs- und Friedensatmosphäre zu gelangen.

Die kurdische Seite steht einer friedlichen Lösung der Frage gewollt und aufrichtig gegenüber. Die Lösung betreffenden Forderungen hat sie schon öfters der Öffentlichkeit mitgeteilt. Der kurz gefasste Begriff der Lösung heißt: Demokratische Autonomie. Heute diskutieren wir darüber in der Schweiz. In der Schweiz gibt es vier offizielle Amtssprachen und jede Person trägt die schweizerische Staatsbürgerschaft. Die Annäherung der Schweiz an ethnischen Angelegenheiten kann als Beispiel genommen werden.

Die begonnene Dialogphase wird ohne Vermittlung direkt zwischen beiden Seiten geführt. Auch wenn es in der aktuellen Situation so aussieht, heißt es nicht, dass es künftig nicht an vermittelnden Institutionen und Unterstützern, die die Phase erleichtern könnten, bedarf. Bezüglich des Ausmaßes der Frage, den vielen Parteien und den Interessen zahlreicher Länder, bedarf es einer Unterstützung von außen, die zu einer Erleichterung beiträgt. In diesem Sinne gilt es, die Rollen von Institutionen, wie der Europäischen Union, des Europarates und den Vereinten Nationen nicht außer Acht zu lassen. Daneben können ebenfalls unparteiischen Staaten wie der Schweiz Rollen in dieser Phase zuteilwerden. Die kurdische Seite ist, sei es was die Vermittler angeht als auch der unterstützenden Rollen und Hilfen von außen, offen und begrüßt die Unterstützung sämtlicher Seiten, die einen Beitrag leisten können.

Hochachtungsvoll

Zubeyir Aydar
Mitglied des KNK-Exekutivrats

Schreibe einen Kommentar