Hat der türkische Staat Hursit Külter verschwinden lassen?

Hursit KülterCivaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 05.06.2016

Seit dem 27. Mai gilt Hurşit Külter, Mitglied des Kreisvorstandes der Partei der Demokratischen Regionen (DBP) in der Stadt Şirnex (türk. Şırnak), als “verschwunden”. Die Versuche der Angehörigen, Hurşit Külter ausfindig zu machen, sind bislang völlig erfolglos.

Am Abend des 27. Mai ist über einen Twitteraccount, der wohl von Angehörigen türkischer Sicherheitskräfte geführt wird, die Festnahme von Külter verkündet worden. Später wurde der Tweet allerdings wieder gelöscht. Bei einem Besuch des Vaters von Hurşit Külter beim Gouverneur von Şirnex etwas über das Befinden seines Sohnes herauszufinden, wurde diesem lediglich mitgeteilt, dass sein Sohn sich nicht in Haft befinde. “Stattdessen legte er mir nah, ich solle im Leichenschauhaus des örtlichen Krankenhauses nach ihm suchen”, berichtet Hamdi Külter. Auch die Suche dort sei erfolglos gewesen. Ein Polizist im Krankenhaus hätte dem Vater mitgeteilt, dass am Sonntag rund 40 weitere Leichname im Leichenschauhaus eintreffen würden und er dann wiederkehren solle.

„Wir haben ihn in die Hölle geschickt!“

Der jüngere Bruder des verschwundenen Külter, Ebubekir Külter, forderte die türkischen Behörden dazu auf, der Familie endlich Klarheit über den Verbleib von Hurşit zu verschaffen. Seit dem 27. Mai habe man keinerlei Kontakt mehr zu diesem herstellen können. Weiter berichtet Ebubekir Külter: „Am selben Tag haben in den sozialen Medien Accounts, die sich als JITEM ((JITEM: Organisation des Tiefen Staates, welche in den 90er Jahren verantwortlich für unzählige Kriegsverbrechen an der kurdischen Zivilbevölkerung war)) bezeichnen, über Twitter verkündet, dass mein Bruder verhaftet worden sei. Zwei Tage später haben dieselben Accounts geschrieben, dass sie ihn „in die Hölle geschickt“ hätten. Wir haben uns alle möglichen staatlichen Stellen gewandt, um Informationen über den Verbleib meines Bruders herauszufinden. Uns wurde lediglich mitgeteilt, dass er nicht verhaftet worden sei. Doch wir wissen, dass die Personen, welche hinter den Accounts von JITEM in den Sozialen Medien stehen, oft direkt als Einsatzkräfte in den Operationen aktiv sind.“

Menschenrechtsverein ruft UN und EGMR zum Handeln auf

Die Anwälte des Menschenrechtsvereins IHD stellten am 03. Juni einen dringenden Antrag beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, damit dieser im Fall von Hurşit Külter aktiv wird. In dem Antrag des Menschenrechtsvereins heißt es unter anderem: „Wie Berichte belegen, sind bei den Ereignissen in der Region (Südosten der Türkei) hunderte Zivilisten ums Leben gekommen, unzählige wurden verletzt oder festgenommen. Vor diesem Hintergrund rufen wir Sie dazu auf, sich mit der Staatsanwaltschaft und dem Gouverneur von Şırnak in Verbindung zu setzen und Schutzmaßnahmen zu treffen.“ Zuvor hatten die Anwälte einen ähnlichen Antrag auch bei den Vereinten Nationen eingereicht.