Irak fordert Auflösung ezidischer Selbstverteidigungskräfte

Seitdem die irakische Regierung am vergangenen Dienstag forderte, die autonomen Sicherheitskräfte Asayîşa Êzîdxanê in Şengal (Sindschar)  innerhalb von zwei Tagen der staatlichen Kontrolle zu übergeben, spitzt sich die Lage in der südkurdischen (nordirakischen) Provinz weiter zu. Die ezidische Bevölkerung protestierte gestern gegen die Auflösung der autonomen Sicherheitskräfte. Im Anschluss fand ein Gespräch zwischen einer ezidischen Abordnung und irakischen Militärbeauftragten statt. Dabei wurde erneut eingefordert, dass der Wille der Bevölkerung von Şengal berücksichtigt werden muss. Die Forderung nach lokaler Selbstverwaltung wurde auch schriftlich überreicht. Die irakischen Militärbeauftragten sagten der Delegation zu, dass das Schreiben nach Bagdad übermittelt wird.

Der Kurdistan Nationalkongress (KNK) kritisiert in einer Erklärung den Beschluss der irakischen Regierung und macht darauf aufmerksam, dass der Aufbau einer ezidischen Selbstverwaltung und Selbstverteidigung die Antwort der Menschen vor Ort auf das 2014 vom IS verübte Genozid an ihrer Bevölkerung ist. „Der jüngste Völkermord an den Eziden ereignete sich, nachdem die Sicherheitskräfte der irakischen Zentralregierung und der Peschmerga der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) bei der Verteidigung von Şengal versagt hatten und sich entschieden, das Gebiet aufzugeben, als der IS sich näherte. Als Reaktion auf das Massaker, das auf die IS-Invasion folgte, bildeten die Völker von Şengal einschließlich der Eziden eine eigene autonome Verwaltung und Sicherheitskräfte, um sich vor zukünftigen Angriffen zu schützen. Nun fordern die irakische Regierung und die PDK, dass die lokalen Sicherheitskräfte, die Asayîşa Êzîdxanê, Şengal verlassen, obwohl sie zuvor von den irakischen Bundesbehörden anerkannt wurden“, so der KNK.

Der jüngste Schritt der irakischen Regierung ist das Ergebnis eines Abkommens, das auf Druck der türkischen Regierung zwischen der Demokratischen Partei Kurdistans und der irakischen Zentralregierung im vergangenen Oktober zustande gekommen ist. Die Selbstverwaltung von Şengal hatte wiederholt dazu aufgerufen, dieses Abkommen zu annullieren. Noch am Mittwoch erklärte Hesen Hecî als Mitglied des Demokratischen Autonomierats Şengal zu diesem Abkommen: „Wir sollen zu Sklaven gemacht werden. Wir appellieren an die irakische Regierung: Die Verfassung gilt für alle irakischen Staatsangehörigen gleichermaßen. Wenn die Regierung mit ihrer Armee anrückt, werden wir darauf reagieren. Wir werden das Unrecht niemals akzeptieren und wir geben unsere Rechte nicht auf. Wenn eine Entscheidung zu Şengal getroffen werden soll, kann das im Dialog erfolgen. Solange der Weg für einen Dialog noch offen ist, sind wir gegen den Krieg. Sollte es trotz unserer Bemühungen zu einem Angriff auf Şengal kommen, werden Bilder entstehen, die niemand sehen will. Das würde allen Seiten schaden.“

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