Kinotipp: The other Side of the River

Die 19-jährige Hala entkam einer arrangierten Ehe, indem sie den Euphrat überquerte, um bei einer kurdischen Frauenverteidigungseinheit ein neues Zuhause zu finden – eine Einheit, die darauf ihre Heimatstadt Minbij vom Islamischen Staat befreite. Für ihre Mitstreiterinnen ist der Feind nicht nur der IS, sondern das Patriarchat im Allgemeinen, mit der (Zwangs) Ehe als ultimativer Unterdrückungsinstitution.

Die jungen Frauen werden im Kampf ausgebildet und in den feministischen Idealen der kurdischen Frauenbewegung aufgeklärt. Hala ist von diesen Lehren zutiefst inspiriert und widmet sich entschlossen dem Versprechen, nicht nur mehr Frauen, sondern auch ihre Schwestern um jeden Preis zu befreien. Doch gibt es in Halas Leben noch Platz für Freiheit und sogar Liebe, wenn ihre Mission alles vereinnahmt?

THE OTHER SIDE OF THE RIVER schildert den entschlossenen, revolutionären Weg von Hala und beleuchtet gleichzeitig eine andere, parallele Lebenserfahrung: die eigenen Reflexionen der Regisseurin über das Dasein als Feministin und kulturelle Außenseiterin in einer Situation, in der der Begriff „militanter Feminismus“ durchaus wörtlich verstanden werden könnte.

Hintergrund

Im Jahr 2011 begannen in Syrien im Rahmen des Arabischen Frühlings massive Proteste gegen die Diktatur von Baschar al-Assad.

Assad mobilisierte seine gesamte Streitmacht, um die Proteste zu bekämpfen. Seine militärischen Truppen zogen sich aus dem Nordosten des Landes, den kurdischen Gebieten, die als „Rojava“ bekannt sind, zurück. Die PYD (die Partei der Demokratischen Union, die angeblich der PKK nahesteht) konnte diesen Moment nutzen, um dort die Macht zu übernehmen. Gleichzeitig entließ Assad viele Islamisten aus den Gefängnissen, die dann begannen, die aufständischen Gebiete zu übernehmen und die Kurden zu bekämpfen. Die PYD glaubt, dass sie eine dritte Alternative in Syrien etabliert hat: Weder Assad, noch die syrische Revolution, sondern „Rojava“, das für Selbstverwaltung in Koexistenz mit dem syrischen Staat steht.

Die kurdische Autonomieverwaltung „Rojava“ wurde international bekannt durch ihren Anspruch auf Basisdemokratie, ihre feministische Politik und ihren erfolgreichen Kampf gegen ISIS und andere islamistische Kräfte mit einer großen Beteiligung von Kämpferinnen.

Die militärischen Kräfte von Rojava, genannt YPG/ YPJ, kämpften erfolgreich gegen die islamistischen Gruppen (Al Nusra und ISIS) und eroberten mehr und mehr Gebiete. Der Film spielt hauptsächlich in der Stadt Minbij, die 2011 eines der wichtigsten Zentren des syrischen Aufstandes war. Damals verließ Assad auch diese Stadt und die syrische Revolution gründete dort recht schnell Revolutionsräte. Sie waren in der Lage, die Stadt zu verwalten, bis ISIS die Kontrolle über große Teile Syriens übernahm. ISIS regierte Minbij drei Jahre lang mit einem brutalen System. Minbij war die erste größere Stadt außerhalb der kurdischen Gebiete, westlich des Euphrat, in der die Streitkräfte von Rojava die Kontrolle übernahmen. Das war genau der Moment, als ich nach Syrien reiste und begann, diesen Film zu drehen.

Von Antonia Kilian


Weitere Infos zum Film und die aktuellen Vorführungstermine in eurer Stadt findet ihr unter: https://jip-film.de/the-other-side-of-the-river

Schreibe einen Kommentar