Konferenz: Die kapitalistische Moderne herausfordern II

konfernz_II»Kapitalistische Moderne sezieren – Demokratischen Konföderalismus aufbauen«
Network for an Alternative Quest

Im Februar 2012 fand die erste Konferenz des »Network for an Alternative Quest« in Hamburg statt. Unter dem Hauptthema: »Die kapitalistische Moderne herausfordern – Alternative Konzepte und der kurdische Aufbruch« kamen Menschen aus vielen Teilen der Welt zusammen, um über Radikale Demokratie … Konföderalismus … Kritik der Sozialwissenschaften … Soziologie der Freiheit … »Moderater Islam« — eine neue Maske? … Sexismus … Demokratische Moderne … Sozialökologie … Macht … Kommunalismus … Scheitern des Nationalstaats … Kapitalismus … Befreiung von Frauen und Männern … Neuer Sozialismus … zu diskutieren.

Jetzt, nach fast genau zwei Jahren, findet im April 2015 wiederum in Hamburg die Folgekonferenz statt. Wir sprachen mit Reimar Heider, Sprecher der Internationalen Initiative »Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdi­stan« und Mitorganisator der Konferenz.

Unter welchem Motto und wann findet die Folgekonferenz statt?

Die Konferenz wird »Die kapitalistische Moderne herausfordern II: Kapitalistische Moderne sezieren – Demokratischen Konföderalismus aufbauen« heißen und über Ostern, also vom 3. bis zum 5. April 2015, stattfinden.

Was sind die einzelnen Themenblöcke der Konferenz?

Thematisch gehen wir wieder von der Analyse von grundlegenden Problemen des kapitalistischen Systems über revolutionäre Theorieansätze zu Beispielen aus der Praxis. Besondere Aufmerksamkeit sollen diesmal Frauenbefreiung, Ökonomie und der Aufbau konföderalistischer Basisstrukturen in Rojava bekommen. Es wird fünf Themenblöcke geben, mit den Überschriften »Die kapitalistische Moderne sezieren«, »Kapitalistische Moderne gegen Demokratische Moderne«, »Industrialismus gegen ökologische Industrie und kommunale Ökonomie«, »Die Stolperfallen der revolutionären Theorie überwinden« und »Lektionen aus alternativen Praktiken«.

Wer wurde bisher zu den einzelnen Themenblöcken eingeladen?

Eingeladen wurden unter anderem Immanuel Wallerstein, Judith Butler und Antonio Negri. Zugesagt hat bereits David Graeber, der Autor von »Schulden – die ersten 5 000 Jahre«. Als Neuerung gibt es einen »Call for Papers«, mit dem Studierende oder andere Interessierte aufgerufen werden, Texte zu bestimmten Themen einzureichen. Jeweils ein/e Autor/in wird dann Gelegenheit bekommen, einen Vortrag auf der Konferenz zu halten.

An wen richtet sich die Konferenz, wer kann teilnehmen? Wird auch in diesem Jahr mit internationaler Beteiligung gerechnet?

Die Konferenz richtet sich an alle, die sich für revolutionäre Theorie und Praxis, besonders in Kurdistan, interessieren. Wir wollen eine Brücke schlagen zwischen TheoretikerInnen und AktivistInnen, zwischen der kurdischen Bewegung und Europa, zwischen Hamburg, Kobanê und nicht zuletzt Imrali. Wir werden wieder Simultanübersetzung auf Deutsch, Englisch, Kurdisch und Türkisch haben, je nach Bedarf vielleicht auch Spanisch und/oder Italienisch. Die Konferenz ist also offen für weltweite Beteiligung, und mit der rechnen wir auch.

Was macht Euch so optimistisch, dass mehr Menschen sich für die Thematik interessieren und teilnehmen möchten?

Gerade 2014 ist weltweit gesehen worden, dass in Kurdistan ein neues Modell des Zusammenlebens aufgebaut und gegen alle Angriffe verteidigt wird. Daher haben wir auch ein riesiges Interesse an den Konzepten hinter der Revolution in Rojava und den theoretischen Ansätzen Öcalans und der kurdischen Freiheitsbewegung erlebt. Daher sind wir sicher, dass das Interesse noch höher sein wird als 2012. Außerdem war die erste Konferenz äußerst gelungen, so etwas spricht sich herum.

Wer oder was verbirgt sich hinter »Network for an Alternative Quest«?

Wir sind ein Netzwerk aus kurdischen und internationalen Gruppen, die ein Interesse an den Entwicklungen in Kurdi­stan und der Suche nach Alternativen zum bestehenden System teilen. Teile des Netzwerks sind momentan die Internationale Initiative »Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan«, das Netzwerk kurdischer AkademikerInnen KURD-AKAD, der Verband der Studierenden aus Kurdistan YXK, die Informationsstelle Kurdistan e.V. ISKU, das Kurdische Frauenbüro für Frieden Cenî und das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad. Auch der »Kurdistan Report« ist Teil des Netzwerks. Wir sind offen für Gruppen, die sich anschließen wollen.

 

networkaqCall for Papers

Die politische Sackgasse seit den 60er und 70er Jahren hat sich für alle alternativen Bewegungen später weiter verschlimmert. Der Realsozialismus brach zusammen, der Feminismus wurde nach seinem Höhepunkt in den 80ern und 90ern abgebremst, und der Kapitalismus erklärte sich selbst für ewig. Doch immer gab und gibt es Intellektuelle, Bewegungen und Organisationen, welche die Suche nach einem alternativen Leben fortführen. In dieser Konferenz »Die Kapitalistische Moderne herausfordern II« möchten wir uns mehr auf Themen wie kulturelle Hegemonie, Ökonomie, Frauenbefreiung, Sozialökologie, Macht und die jeweilige Betrachtungsweise der kurdischen Bewegung konzentrieren.

Das Vorbereitungskomitee möchte Studierenden, ForscherInnen und allen anderen die Gelegenheit geben, ihre Forschung mit den TeilnehmerInnen der Konferenz zu teilen. Wir laden Euch daher ein, ein Paper zu einem oder mehreren der folgenden Themen einzureichen.

1 – Kulturelle Hegemonie. Gramsci und 75 Jahre später Öcalan

Obwohl Öcalan Gramsci erst sehr spät lesen konnte, kommt er in früheren Büchern zu ähnlichen Schlussfolgerungen in verschiedenen Dimensionen. Auch Öcalan legt Wert auf die Definition der Intellektuellen und ihrer Rolle für die gesellschaftliche Transformation. Beide kritisieren eine Klassenherrschaft, unabhängig von der jeweiligen Klasse. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Öcalan und Gramsci sollten den Hauptgegenstand der Untersuchung in diesem Paper darstellen.

2 – Macht und Wahrheit. Das Verständnis von Macht bei Öcalan und Foucault

Beide Intellektuelle, Öcalan und Foucault, verorten die Macht überall, besonders in den Zeiten des Kapitalismus. Öcalan unterstreicht, wie jedes einzelne Individuum Macht ausgesetzt ist, im Sinne einer Selbstreproduktion des Systems. Foucaults ›Macht/Wissen‹ weist darauf hin, wie Macht durch akzeptierte Formen von Wissen, wissenschaftlichem Denken und ›Wahrheit‹ konstituiert wird. Öcalan erforscht das ›Regime der Wahrheit‹, um unsere Grundlagen und unsere Unfähigkeit zu hinterfragen, die Reproduktion des Systems zu vermeiden.

3 – Feminismus und die Kurden

Die kurdische Frauenbewegung ist die stärkste der Region – um es bescheiden auszudrücken. Doch wie verhalten sich ihre theoretischen Grundlagen zu sozialistischem, radikalem oder anarchistischem Feminismus westlicher Provenienz? Welches sind die originellen Ansätze des kurdischen Feminismus und warum ist der meistgelesene feministische Autor – ein Mann?

4 – Nach Marx: Braudel, Wallerstein und Öcalan zu Wirtschaft und Kapitalismus

Öcalan hält die Analyse von Wirtschaft und Kapitalismus für einen Schwachpunkt alternativer Bewegungen, einschließlich der kurdischen. Daher richtet er einen tiefen Blick auf die Wurzeln der Ökonomie und die Frage, wie sie zurückbeansprucht werden kann. Es bietet sich besonders an, Braudel und Wallerstein zu untersuchen, um Ähnlichkeiten und Neuerungen Öcalans herauszuarbeiten.

5 – Demokratischer Konföderalismus – Die Praxis der Sozialökologie?

Weder Murray Bookchin noch Öcalan sind lediglich Theoretiker. Beide kämpf(t)en für eine Umsetzung ihrer Ideen in die Praxis. Wie verhalten sich Sozialökologie, libertärer Kommunalismus, die »Frauenbefreiungsideologie« und der demokratische Konföderalismus zu den Versuchen, sie in die Tat umzusetzen? Welchen Problemen sehen sich die konkreten politischen Bewegungen gegenüber, wie kämpfen sie dagegen an, und wie trägt dies wiederum zur Weiterentwicklung der Theorie bei?

Technische Informationen für Papers

Vorschläge sollten bis zum 10. März 2015 eingereicht werden, bis Mitte Januar brauchen wir jedoch bereits eine Kurzfassung. Die Papers sollten 1500 Wörter, nicht aber mehr als 2500 Worte umfassen. Zu jedem der Themen wird ein Paper ausgewählt, und die Autorin/der Autor wird Gelegenheit haben, es in der entsprechenden Session der Konferenz vorzustellen. Darüber hinaus werden einige der anderen eingereichten Texte im Konferenzreader veröffentlicht werden.

Daten:
12. Dezember 2014: Veröffentlichung »Call for Papers«
15. Januar 2015:
Einsendeschluss für Kurzfassungen
10. März 2015:
Einsendeschluss für Papers
20. März 2015:
Feedback für die AutorInnen
3.–5. April 2015:
Konferenz

Kontaktadresse: cfp@networkaq.net
http://networkaq.net/2015/

Quelle: Kurdistan Report 

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