Die Freie Kurdische Gemeinde e.V. – auch bekannt als Nav-Berlin, ist von der Polizei aufgesucht worden. Mehrere Mannschaftswagen der Berliner Polizei fuhren am Samstagnachmittag vor dem kurdischen Kulturhaus im Stadtteil Reinickendorf vor. Wie der Vereinsvorstand mitteilte, betraten bewaffnete Polizisten die Räumlichkeiten, während sich dort Familien mit Kindern aufhielten. Zwei Mitglieder wurden abgeführt und ins Polizeipräsidium gebracht. In welchem konkreten Zusammenhang der Vorgang steht, sei unklar.
Bei einem der Betroffenen handelt es sich laut Nav-Berlin um Hüseyin Yılmaz, der Ko-Vorsitzender des Kulturhauses ist und von 1999 bis 2004 Bürgermeister für die Partei HADEP der kurdischen Stadt Agirî (tr. Ağrı) war. Ob möglicherweise ein Verfahren gegen den Aktivisten läuft und er als Beschuldigter vernommen werden soll, ist nicht bekannt. Der Vereinsvorstand hat nach eigenen Angaben keine Kenntnis über mögliche Ermittlungen gegen Yılmaz und hat eine Anwältin eingeschaltet.
„Wir lassen uns nicht einschüchtern“
Hüseyin Yılmaz, Ko-Vorsitzender von Nav-Berlin (Freie Kurdische Gemeinde e.V.), hat sich gegenüber ANF zu dem Polizeieinsatz am Samstag in den Räumlichkeiten des Vereins im Stadtteil Reinickendorf geäußert. Dass die deutsche Polizei mit einem Großaufgebot auf der Straße eine Drohkulisse aufbaue, bewaffnete Einsatzkräfte in das kurdische Kulturhaus eindringen, Ausweiskontrollen durchführen und ihn zusammen mit einer weiteren Person abführen, sei nicht anders als in der Türkei und in Kurdistan, sagte Yılmaz. Der Vorgang spiegele die Repression des türkischen Staates wider und stehe damit in Zusammenhang. Es handele sich um einen Einschüchterungsversuch.
„Wir verurteilen diese antidemokratische Maßnahme scharf“, erklärte der Vereinsvorsitzende und betonte: „Wir werden unsere politische und soziale Arbeit fortführen und uns noch stärker in unseren Freiheitskampf einbringen.“
Unrechtmäßige Durchsuchungen in kurdischen Vereinen
Die Räumlichkeiten von Nav-Berlin werden nicht zum ersten Mal von der Polizei aufgesucht. Im Juni 2018 wurde der Verein zum Ziel einer angelegten Durchsuchungsaktion, auch ein Büro von Civaka Azad e.V. und Privatwohnungen von kurdischen Aktivistinnen und Aktivisten waren damals zum Ziel von Razzien geworden. Civaka Azad, ein Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit mit Fokus Kurdistan, hatte moniert, dass aufgrund des PKK-Verbots grundlegende Grundrechte kurdischer Vereine und ihrer Mitglieder durch deutsche Sicherheitsbehörden mit Füßen getreten werden, und gegen die Durchsuchung geklagt. Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hatte der Verfassungsbeschwerde im März 2022 stattgegeben und die Angelegenheit zurück an das Landgericht Berlin verwiesen. Demnach war die Durchsuchung der Räumlichkeiten unrechtmäßig.