Nach den Wahlen in der Türkei: Krieg in Kurdistan wird mit aller Brutalität fortgesetzt

SilvanCivaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V., 04.11.2015

Nur wenige Tage nach Wahlen in der Türkei setzt die AKP-Regierung den Krieg in den kurdischen Siedlungsgebieten weiterhin mit allen Mitteln fort. Allein in der Kreisstadt Silvan (Provinz Amed/Diyarbakir) wurden in den letzten zwei Tagen mindestens vier Menschen durch Spezialeinsatzkräfte des türkischen Staates ermordet. Auch bei Angriffen auf die Bevölkerung in den Städten Sêrt (Siirt) und Colêmerg (Hakkari) kamen drei Menschen in den vergangenen 48 Stunden ums Leben.

Die Angriffe des türkischen Staates in den kurdischen Siedlungsgebieten nahmen weiter zu, nachdem der türkische Staatspräsidenten Erdoğan am frühen Nachmittag des 04. Novembers ankündigte, dass „der Kampf gegen die Terrororganisation bis zur Vernichtung all ihrer Mitglieder, ihrer Kapitulation und ihrem Rückzug aus den Staatsgrenzen fortgeführt“ werde. Auch der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu erklärte am Abend desselben Tages nach einem „Sicherheitsgipfel“ mit führenden türkischen Militärs, dass die Operationen und Angriffe gegen die PKK mit unverminderter Geschwindigkeit fortgesetzt werden würden. Die wiedergewählte AKP-Regierung macht damit unmissverständlich klar, dass sie nach ihrer Wiederwahl an keiner Deeskalation des Konflikts interessiert ist.

Die Pressestelle der Volksverteidigungskräfte (HPG) gab am 04. November ebenfalls eine Erklärung ab, in welcher sie auf die zugenommenen Angriffe des türkischen Militärs aufmerksam macht. So habe das Militär in der Region Gever (Yüksekova) eine großangelegte Operation gestartet. Gleichzeitig gingen auch die Luftangriffe des türkischen Militärs jenseits der türkisch-irakischen Grenze in den Kandilgebirgen weiter. Zudem wurde in der Region um Hani (Provinz Amed/Diyarbakir) über dutzende Dörfer eine unbefristete Ausgangssperre verhängt, was darauf deutet, dass das Militär hier eine weitere großangelegte Operation gegen die PKK aufnehmen will.

Auch die Angriffe des türkischen Militärs gegen die Volksverteidigungseinheiten der YPG aus Rojava (Nordsyrien) gehen weiter. Am 03. November erklärte die YPG, dass das türkische Militär mehrere Stellungen der kurdischen Einheiten entlang des syrisch-türkischen Grenzgebiets beschossen hat. Nach Ankündigung der YPG und YPJ (Frauenverteidigungseinheiten) von der Grenzstadt Girê Spî (Tall Abyad) aus weiter in Richtung Westen vordringen zu wollen, um den Islamischen Staat (IS) dort zu verdrängen und die Kantone Rojavas zu verbinden, hat das türkische Militär mehrfach Stellungen der kurdischen Einheiten aus Rojava beschossen und somit den IS vor einem Vormarsch der YPG- und YPJ-Kräfte geschützt. Noch vor den Parlamentswahlen in der Türkei am 26. Oktober erklärte der türkische Ministerpräsident Davutoğlu persönlich, dass das türkische Militär zwei Mal kurdische Einheiten in Rojava beschossen habe und ein Vordringen der Kurden westlich des Euphrats nicht dulden werde. Die türkische Regierung macht damit klar, dass ihnen eine gemeinsame Grenze mit dem IS lieber ist, als eine flächendeckende Grenze zu der Selbstverwaltung von Rojava.