Öcalans Appell für den Frieden und die Reaktionen aus Deutschland

Die Erklärung Abdullah Öcalans vom 27. Februar hat die kurdische Frage erneut in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit gerückt. Der seit seiner Entführung im Jahr 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierte kurdische Repräsentant betonte in seiner Erklärung die Notwendigkeit, den politischen und zivilgesellschaftlichen Kampf auf demokratischer Ebene zu stärken. Er rief die PKK auf, einen Kongress einzuberufen, um eine Entscheidung bezüglich ihre Auflösung und der Niederlegung der Waffen zu treffen. Gleichzeitig stellte Öcalan klar: „Zweifellos erfordern die Niederlegung der Waffen und die Auflösung der PKK in der Praxis eine demokratische Politik und die Anerkennung der juristischen Grundlage.“

Der Appell Öcalans hat auch in Deutschland erste Reaktionen hervorgerufen. Bemerkenswert ist die schnelle Reaktion des Auswärtigen Amtes, das noch am selben Tag der Veröffentlichung von Öcalans Botschaft, diese begrüßte und erklärte: „Ein Ende der Gewalt ist der wichtige erste Schritt, aber es sind noch weitere Schritte erforderlich auf dem Weg zu einer tragfähigen Lösung für die Menschen in der Türkei. Dazu gehört vor allem auch, kulturelle und demokratische Rechte der Kurdinnen und Kurden in der Türkei zu respektieren und zu gewährleisten.“ Weiterhin heißt es, die Bundesregierung stehe bereit, „zu tun, was wir können, um einen solchen Prozess zu unterstützen“. 

Der Ko-Vorsitzende der Linkspartei Jan van Aken nahm auch die Bundesregierung in die Verantwortung und forderte: „Abdullah Öcalan hat die Tür für einen Friedensprozess in der Türkei aufgestoßen. Die deutsche Bundesregierung sollte alles dafür tun, Frieden zu unterstützen. Dazu gehört auch eine Aufhebung des PKK-Verbots. Und Öhttps://x.com/jan_vanaken/status/1895131592529506759calan muss freigelassen werden.“

Auch der größte kurdische Dachverband in Deutschland KON-MED schloss sich dem Appell Öcalans an: „Der Aufruf, die notwendigen politischen und juristischen Grundlagen für die Niederlegung der Waffen durch alle Gruppen sowie die Auflösung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu schaffen, ist ein historischer Moment, den es von allen Seiten intensiv zu unterstützen gilt. In einer von Kriegen und Krisen gezeichneten Zeit erhellt ein neuer Hoffnungsschimmer den Horizont.“

Deutsche Strafbehörden erschweren Weg zu einer politischen Lösung

Während der Appell Öcalans den Weg zu einer nachhaltigen friedlichen Lösung eröffnet, sieht das deutsche Innenministerium offenbar keinen Anlass für eine Neuausrichtung seiner Politik. Die politische Verfolgung kurdischer Aktivist:innen in Deutschland dauert unvermindert an. Während die Hauptverhandlung im Strafprozess gegen den Kurden Mehmet Ali Yilmaz am OLG Stuttgart am 28. Februar gestartet wurde, steht bereits am 18. März der nächste Prozessbeginn gegen Selahattin K., der im Juni 2024 aufgrund eines europäischen Haftbefehls in Italien festgenommen und anschließend an Deutschland ausgeliefert wurde. Parallel wurde vor dem OLG München ebenfalls am 28. Februar 2025 der kurdische Aktivist Haci Atlı wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Diese anhaltende politische und juristische Verfolgung steht in einem auffälligen Widerspruch zur politischen Debatte über eine mögliche friedliche Lösung der kurdischen Frage. Die Bundesregierung betont in ihrer Reaktion auf Öcalans Erklärung ihre Bereitschaft, einen Friedensprozess zu unterstützen. Gleichzeitig bleibt die PKK in Deutschland weiterhin verboten, und ihre Mitglieder werden gemäß den Paragraphen 129a und 129b des Strafgesetzbuches strafrechtlich verfolgt. Wenn die Bundesregierung tatsächlich eine konstruktive Rolle in einem möglichen Friedensprozess spielen will, muss sie deshalb als ersten Schritt genau das tun, was der Linkspartei Ko-Vorsitzende van Aken einfordert: Die Kriminalisierung der Kurd:innen in Deutschland beenden.