Solidaritätserklärungen mit dem Hungerstreik

Zusammengestellt von Civaka Azad -Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.

Im Folgenden dokumentieren wir eine Auswahl an Solidaritätserklärungen mit dem Hungerstreik der 10 000 kurdischen politischen Gefangenen in den Gefängnissen der Türkei und Kurdistans. Wenn ihr wollt, dass auch eure Solidaritätserklärung hier erscheinen soll, sendet uns bitte eine E-Mail an info@civaka-azad.org

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Medico International: Türkische Regierung sollte den Dialog suchen

Tausende politische Gefangene im Hungerstreik

Vor dem Hintergrund des Hungerstreiks von mittlerweile tausenden politischen Gefangen in der Türkei fordert medico international die türkische Regierung zu Gesprächen mit den protestierenden Häftlingen auf.

Martin Glasenapp erklärt: “Anstatt Tote und damit weitere Gewalt im Land zu riskieren, sollte die türkische Regierung das politische Gespräch mit den hungernden Gefangenen suchen. Der kurdische Konflikt in der Türkei kann nur politisch gelöst werden. Die Menschenrechte müssen für alle in der Türkei lebenden Bürgerinnen und Bürger gelten. Dies betrifft nicht nur die Rechte der Kurdinnnen und Kurden auf muttersprachlichen Unterricht, sondern auch die Gewährleistung der Menschenrechte in den Gefängnissen der Türkei.”

Die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation verweist darauf, dass es rund 10000 politische Gefangene in der Türkei gibt, unter ihnen zahlreiche Minderjährige, Journalisten und lokale kurdische Abgeordnete.

medico international hat eine lange Geschichte der Projektkooperationen mit kurdischen Partnern in der Türkei und dem Nordirak.

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Erklärung der IL und Tatort Kurdistan zum aktuellen Hungerstreik in der Türkei

Solidarität mit dem Kampf der Kurd_innen für Freiheit und Demokratie!

Unterstützung für den Hungerstreik der kurdischen Gefangenen in der Türkei!

Am 12. September 2012, dem 32. Jahrestag des Militärputsches in der Türkei, traten 63 kurdische Häftlinge der PKK und PAJK in unbefristeten Hungerstreik, in den folgenden Wochen schlossen sich mehr als 700 Gefangene an. Seit dem 5.11. sind 10.000 Gefangene im Streik. Heute ist der 55. Tag des Hungerstreiks, mittlerweile lebensbedrohlich für die Ersten.
Die Forderungen der kämpfenden Gefangenen sind konkret: Recht auf kurdischsprachliche Bildung in Schulen und Universitäten, das Recht auf die eigene Sprache in der Öffentlichkeit und bei Gerichtsprozessen. Dazu: die Aufhebung der jahrelangen Isolationshaft von Abdullah Öcalan, die Gewährleistung seiner bürgerlichen Rechte und seiner Gesundheit, und die Aufnahme von politischen Verhandlungen um eine kurdische Zukunft auch mit ihm.
Demokratisierungsprozesse unterstützen – den Krieg beenden
In einem über 30 Jahre andauernden Krieg gegen die kurdische Bevölkerung sind über 45.000 Menschen ums Leben gekommen, 17.000 davon wurden vom Geheimdienst JITEM ermordet, 4000 Dörfer wurden zerstört und ihre Bewohner_innen vertrieben, Hunderttausende flüchteten in die Elensquartiere der türkischen Metropolen. Alle Versuche, diesen Krieg zu beenden, scheiterten bislang. Kurdische Parteien werden regelmäßig verboten, Waffenstillstände zwischen der PKK und dem Staat wurden dutzendmal durch das Militär und die politischen Machtcliquen in Ankara aufgekündigt oder gezielt unterlaufen und sabotiert.
Die kurdische Freiheitsbewegung hat unter den Bedingungen permanenter Verfolgung eine emanzipatorische Stoßrichtung bewahrt. Lag der Fokus früher auf kurdischer Eigenstaatlichkeit, ist heute an die Stelle der Forderung nach nationaler Souveränität der Aufbau einer radikalen Demokratie getreten, zu der auch Geschlechterbefreiung, Antikapitalismus und Ökologie gehören. Dazu experimentiert die kurdische Bewegung mit einer Rätestruktur, die breite Teile der Bevölkerung mit einbezieht, um wirkliche Autonomie alltäglich werden zu lassen.
Zu Beginn dieses Prozesses der „Demokratische Autonomie“ vor etwa 3 Jahren wurde die kurdische Bewegung und Zivilbevölkerung mit einer neuen Welle der Repression konfrontiert, die sich dezidiert gegen die basisdemokratischen Strukturen richtet und bis heute andauert. Mittels der sogenannten KCK-Verfahren wurden seitdem über 8.000 Menschen verhaftet und unter Anklage gestellt. KCK ist der Dachverband aller Räte und wird vom türkischen Zentralstaat mit der PKK gleichgesetzt – und somit als Terrororganisation eingestuft.
Politisch hat sich in der Türkei eine Linie der Assimilation durch Unterwerfung durchgesetzt, egal ob in der kemalistischen Sozialdemokratie, dem religiös gefärbten Neoliberalismus oder bei faschistischen Parteien: Bürger_in ist nur, wer sich zur türkischen Fahne bekennt – das Recht auf Differenz bleibt untersagt und jede Dissidenz vom national-türkischen Projekt wird abgestraft und verfolgt.

Die deutsche Seite des Kriegs

Nicht nur durch EU-Beitrittsverhandlungen und die NATO-Mitgliedschaft der Türkei ist Deutschland in diesen Krieg verwickelt. Unzählige Waffenexporte, die Beteiligung deutscher Unternehmen an Energiegroßprojekten in kurdischen Gebieten und die deutsche Unterstützung des türkischen Militärs, beispielsweise durch die Ausbildung von “Anti-Terror-Einheiten”, lassen die deutsche Regierung und deutsche Konzerne von diesem Krieg profitieren und machen sie mitschuldig. Vergangene Woche machte Merkel gegenüber Erdogan in Berlin ihre Unterstützung der türkischen Regierung im Krieg gegen die kurdische Bewegung noch einmal mehr als deutlich: “Die Bundesrepublik steht im Kampf gegen den Terrorismus unverbrüchlich an der Seite der Türkei”.
Auch innenpolitisch birgt der Konflikt Sprengkraft, denn die kurdische Bevölkerung in Deutschland stellt einen nicht unerheblichen Anteil der Migrant_innen dar. Kurdische Aktivist_innen werden auch in Deutschland verfolgt und gemäß § 129b “Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung” inhaftiert oder an die Türkei ausgeliefert.
Das doppelte Schweigen
Die deutschen Medien berichten kaum über Massenverhaftungen, “Anti-Terror”-Prozesse und die anhaltende Diskriminierung der kurdischen Bevölkerung in der Türkei. Sie halten sich bis auf wenige Ausnahmen an die politische Linie des Kanzler_innenamts.
Aber auch die Linke beschäftigt sich hierzulande nur selten mit der kurdischen Bewegung und ihrem Aufbau von selbstverwalteten Basisstrukturen in Stadtvierteln und Gemeinden. Kurdische Aktivist_innen waren in den letzten Jahren immer wieder in Venezuela, in Chiapas oder in Porto Alegre, um aus den Erfahrungen anderer Kämpfe zu lernen. Nach Kurdistan fahren Linke aus Deutschland jedoch selten, an den Kämpfen dort sind sie wenig interessiert.
Das Schweigen der Medien bedroht das Leben der Hungerstreikenden. Die Stille der Linken läßt sie alleine. Aber der Hungerstreik ist das letzte Mittel der politischen Gefangenen, für ihre Rechte zu kämpfen. Das verlangt unseren Respekt und unseren Beistand.
Wir solidarisieren uns mit den Hungerstreikenden in den türkischen Gefängnissen und mit ihren Forderungen!
Weil wir das kurdische Projekt der Demokratischen Autonomie unterstützen, weil für uns das Selbstbestimmungsrecht der kurdischen Bevölkerung eine Selbstverständlichkeit ist, weil wir um die deutsche Rolle im anhaltenden Krieg gegen Kurd_innen wissen und weil unsere Antwort darauf nur die Solidarität sein kann, unterstützen wir die Forderungen der Hungerstreikenden in den türkischen Gefängnissen. Wir fordern alle Linken und Demokrat_innen auf, es uns gleichzutun.
Kurdistan wird frei sein!



Solidaritätserklärung der Fraktion “Die Linke”

Solidarität mit den politischen Gefangenen in der Türkei

Die Bundestagsfraktion DIE LINKE. erklärt sich solidarisch mit den Hungerstreikenden in der Türkei.

Die Menschenrechtslage in der Türkei hat sich im letzten Jahr dramatisch zugespitzt. Über 100 Journalisten, viele Gewerkschafter und Intellektuelle und über 10000 Oppositionelle – zumeist kurdische Politikerinnen und Politiker – sitzen mittlerweile in türkischen Gefa¨ngnissen. Rund 700 von ihnen, darunter auch Parlamentsabgeordnete, Bürgermeister und Journalisten, sind zum Teil bereits seit dem 12. September in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Während der Gesundheitszustand einer Reihe von hungerstreikenden Gefangenen mittlerweile lebensbedrohlich ist, wollen sich weitere 10.000 politische Gefangene ab dem 5. November dem Hungerstreik anschließen. Ihre zentralen Forderungen sind die Beendigung der Isolationshaft von vielen Gefangenen, darunter auch Abdullah Öcalan, und die Zulassung der kurdischen Sprache vor Gerichten und an Schulen. Die Fraktion fordert von der Bundesregierung, die schlimme menschenrechtliche Lage in der Türkei endlich zur Kenntnis zu nehmen und die Regierung Erdogan bei ihrer minderheitenfeindlichen und repressiven Politik nicht weiter zu unterstützen. Die Fraktion fordert die Regierung Erdogan auf, endlich in Verhandlungen mit den Hungerstreikenden zu treten

Zur Menschenrechtslage in der Türkei

Die Menschenrechtslage in der Türkei hat sich im letzten Jahr dramatisch zugespitzt. Über 100 Journalisten, viele Gewerkschafter und Intellektuelle und über 10.000 Oppositionelle – zumeist kurdische Politikerinnen und Politiker – sind derzeit in türkischen Gefängnissen inhaftiert. Rund 700 von ihnen, darunter auch Parlamentsabgeordnete, Bürgermeister und Journalisten, sind zum Teil bereits seit dem 12. September 2012, dem Jahrestag des Militärputschs in der Türkei, in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Während der Gesundheitszustand einer Reihe von hungerstreikenden Gefangenen akut lebensbedrohlich ist, wollen sich weitere politische Gefangene jetzt dem Hungerstreik anschließen.
Ihre zentralen Forderungen sind die Beendigung der Isolationshaft von vielen Gefangenen, darunter auch Abdullah Öcalan, sowie die Zulassung der kurdischen Sprache vor Gerichten und an Schulen. Berichte von amnesty international über Misshandlungen und den Entzug von Trinkwasser, Salz, Zucker und Vitaminen gegenüber hungerstreikenden Gefangenen in einzelnen Gefängnissen in der Türkei lassen schlimme Befürchtungen entstehen. Wir erklären unsere Solidarität mit den Hungerstreikenden in der Türkei, die sich für die Verwirklichung der Grund- und Menschenrechte einsetzen.
Mehrere Hunderttausend Kurdinnen und Kurden leben in Deutschland, zigtausende davon alleine in Hamburg. Es besteht die Gefahr, dass die unhaltbaren Zustände im Hinblick auf gravierende Menschrechtsfragen in der Türkei auch zu Konflikten in der Bundesrepublik Deutschland führen, da die Bundesregierung die dramatische Situation in der Türkei nicht zur Kenntnis nimmt und die Regierung Erdogan bei ihrer diskriminierenden und repressiven Politik gegenüber Minderheiten sogar unterstützt.
Die kurdische Frage kann nur auf politischem Weg über einen Dialog gelöst werden. Wir unterstützen die Forderung der Bundestagsfraktion DIE LINKE, dass die Regierung Erdogan endlich in Verhandlungen mit den Hungerstreikenden aufnimmt.
Der Hamburger Senat ist jetzt gefordert, sowohl einen Dialog mit den türkischen und kurdischen MigrantInnenverbänden zu beginnen, als auch das Generalkonsulat der Türkei in Hamburg aufzufordern, sich für die Verwirklichung der Grund- und Menschenrechte in der Türkei einzusetzen.


Solidaritätserklärung des Bundesvorstandes der Roten Hilfe

Solidarität mit dem Hungerstreik in der Türkei

Die Rote Hilfe e.V. fordert die sofortige Umsetzung der Forderungen

Am 12. September 2012, dem 32. Jahrestag des rechtsgerichteten Militärputsches in der Türkei, traten inhaftierte kurdische Aktivistinnen und Aktivisten in einen unbefristeten Hungerstreik, der nunmehr seit 58 Tagen andauert. Sie setzen sich für ein Ende der Isolationshaft für den PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan ein, dem seit über 15 Monaten der Kontakt zu seinen Anwälten sowie weitere Besuche verwehrt werden. Darüber hinaus fordert die innerhalb kürzester Zeit auf etwa 700 hungerstreikende politische Gefangene angewachsene Gefängnisbewegung die umfassende Anerkennung der kurdischen Sprache in der Türkei.

Statt auf Dialog zu setzen, mehren sich Berichte über zusätzliche Misshandlungen hungerstreikender Gefangener. Viele sind durch den Verzicht auf Nahrung in einem sehr kritischen Zustand.

Durch die Verleumdungskampagnen und die Politik der Ignoranz des AKP-Regimes haben sich nunmehr weitere der bis zu 10.000 politischen Gefangenen in der Türkei dem unbefristenten Hungerstreik angeschlossen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Haltung des Regimes erste Menschenleben fordern wird.
Auch in etwa 50 Städten in der BRD gab es bereits kurze Hungerstreiks, um zu einer notwendigen internationalen Öffentlichkeit beizutragen.

Hierzu erklärt H. Lange, Mitglied des Bundesvorstands der Roten Hilfe e.V.: „Wir unterstützen die Forderungen der Hungerstreikenden. Die von Angela Merkel offiziell protegierte Repressionspolitik Ankaras, die jede kritische Stimme zum Verstummen bringen will, ist nicht hinnehmbar. Die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards sowie die Anerkennung verschiedener Kulturen sind die Grundvoraussetzung für die Lösung des aktuellen Konflikts. Tagtäglich kommt es zu Gewaltaktionen des AKP-Regimes gegen die linke und kurdische Opposition, die wir aufs Schärfste verurteilen.“

Die Rote Hilfe e.V. ruft zur Solidarität mit den Hungerstreikenden auf und setzt sich international gegen Isolationshaft und Folter ein.

Freiheit für alle politischen Gefangenen!


 

Die Grünen (Österreich): Türkei muss friedliche Lösung für hungerstreikende kurdische Gefangene finden

Wien (OTS) – “Ein Hungerstreik ist keine Showeinlage, sondern das allerletzte Mittel von verzweifelten Häftlingen”, betont Alev Korun, Sprecherin für Außenpolitik und Menschenrechte der Grünen. Sie appelliert an die türkische Regierung endlich eine friedliche Lösung für die kurdische Minderheit in der Türkei zu finden. Mehr als 700 kurdische Gefangene nehmen seit Wochen keine Nahrung mehr zu sich, fast 200 von ihnen sind mittlerweile in einem besorgniserregenden gesundheitlichen Zustand.
Korun begrüßt, dass sich die türkische Regierung dazu entschlossen hat die Verwendung der kurdischen Sprache vor Gericht zuzulassen. Sie ist damit den Häftlingen in einer wichtigen Forderung entgegengekommen.
“Darüber hinaus müssen sich aber auch die generellen Haftbedingungen verbessern. Insbesondere muss die politisch motivierte Verhaftung von Intellektuellen und JournalistInnen endlich aufhören”, so Korun.


IPPNW besorgt über Gesundheitszustand der Gefangenen Hungerstreik in türkischen Gefängnissen

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW äußert sich anlässlich des morgigen Besuches von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in Deutschland äußerst besorgt über den Gesundheitszustand der mehr als 700 Hungerstreikenden in türkischen Gefängnissen. Die Organisation appellierte heute an den türkischen Botschafter in Deutschland, sich dafür einzusetzen, dass den Hungerstreikenden jederzeit Zugang zu der notwendigen medizinischen Behandlung gewährt wird. Zudem sollten keine Strafmaßnahmen gegen Gefangene verhängt werden, die sich dem Hungerstreik angeschlossen haben.
Einige der politischen Gefangenen in der Türkei, zu denen auch inhaftierte Abgeordnete, Bürgermeister, Journalisten und Anwälte zählen, befinden sich bereits seit dem 12. September 2012 im Hungerstreik. Der Zentralrat des Verbandes der Türkischen ÄrztInnen (TTB) hatte erklärt, dass der Zustand der Hungerstreikenden, mittlerweile lebensbedrohlich sei. So hat sich zum Beispiel die Gesundheit des Journalisten Tayyip Temel gravierend verschlechtert.
Der TTB hat zudem Informationen erhalten, dass sich einige der Streikenden – anders als bei vorangegangenen Hungerstreiks – weigern würden, Salz, Zucker und das überlebensnotwendige Vitamin B1 zu sich zu nehmen. Auf der anderen Seite gäbe es auch Vollzugsbeamte, die den Demonstrierenden nicht einmal das anbieten würden. Laut Aussage des Zentralrats des Verbandes der Türkischen ÄrztInnen blieb zudem ein Gesuch an das Justizministerium, die Hungerstreikenden in den Gefängnissen besuchen zu können, bisher unbeantwortet.
Gegen die sich seit dem 12. September im Hungerstreik befindenden politischen Gefangenen Gülistan Abdo, Gülan Kiliçoglu, Emel Gültekin, Dilsah Kocakaya, Rizgar (Ecevit) Turhan, Burhan Eviz, Tevfik Özdemir, Erdi Çelik, Abdurrahman Budak und Lokman Karasi hat die Gefängnisleitung des Gefängnisses von Sêrt (Siirt) ein Disziplinarverfahren eingeleitet.


 

KPÖ: Solidarität mit dem kurdischen Volk

Bereits seit der Staatsgründung der Türkei im Jahr 1923 werden Kurden und Kurdinnen systematisch ihrer Identität beraubt. Zugleich kämpfen die KurdInnen seit damals für die elementarsten Menschenrechte: Für die Anerkennung der kurdischen Sprache, die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung sowie die Möglichkeit der Ausübung soziokultureller Rechte.

Der türkische Staat reagiert mit Repression. Türkische Gefängnisse sind mit tausenden politischen Gefangenen überfüllt, die einem willkürlichen und unfairen Verfahren und unmenschlichen Haftbedingungen ausgesetzt sind. Aufgrund der jahrelang anhaltenden Inhaftierungswelle, der Lynchjustiz des Staates gegenüber legal tätigen KurdInnen und der andauernden heftigen Militäroperationen, haben sich bereits am 12. September politische Gefangene dazu entschlossen, einen unbefristeten Hungerstreik anzutreten.

Die Forderungen der Gefangenen sind legitim, erfüllbar und gehören zu den unverzichtbaren Menschenrechten – heißt es in einem Aufruf, welcher auch von KPÖ-Bundessprecher Mirko Messner und vom Wiener Landessprecher Didi Zach unterzeichnet wurde. Konkret gefordert wird u.a.:

Die Anerkennung des Kurdischen als muttersprachlichen Unterricht sowie das Recht auf Verteidigung in der Muttersprache

Die Beendigung der brutalen Assimilationspolitik gegen die Kurden

Die Aufhebung der Isolationshaft von Abdullah Öcalan und Aufnahme von Friedensverhandlungen


Presseerklärung des Bundes der Alevitischen Jugendlichen aus Deutschland

“Todesfasten in der Türkei ist ein Schrei nach mehr Demokratie”
Unbeachtet von der Öffentlichkeit dauert der Hungerstreik von inzwischen 700 Gefangenen in der Türkei seit nun 44 Tagen (Stand: 25.10.2012) an und ein Ende ist nicht in Sicht. Der Generalsekretär des türkischen Ärzteverbands TTB, Bayazit Ilhan, warnt bereits vor ernsthaften gesundheitlichen Schäden und verlangt in einem Brief vom 15. Oktober vom Justizministerium, den Zugang des Ärzteverbands zu den Häftlingen. Währenddessen warnen die Ärzte die Öffentlichkeit davor, dass die Häftlinge, anders als bisher, auch Vitamintabletten verweigerten und die Situation deswegen umso kritischer sei.

Der Hungerstreik begann am 12. September 2012 durch die Entscheidung von 63 inhaftierten Aktivisten der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK, die Nahrungszunahme so lange zu verweigern, bis PKK-Chef Abdullah Öcalan von seiner Isolationshaft befreit und
die kurdische Sprache offiziell, also bei Behörden, an Schulen und im Gericht, anerkannt werde. In kürzester Zeit schlossen sich weitere kurdische Gefangene diesem „Todesfasten“ an. Derweil liegt die Zahl der Hungerstreikenden bei rund 700. Unter ihnen auch demokratisch gewählte Abgeordnete der pro-kurdischen BDP, die im Rahmen des KCK-Prozesses inhaftiert worden sind. Unter dem Vorwand, terroristisch-motivierten Bestrebungen unter dem Dach der KCK nachzugehen, werden seit geraumer Zeit unzählige kurdische Politiker politisch verfolgt – bereits Tausende sitzen hinter Gittern.

“Das Todesfasten der kurdischen Gefangenen ist ein Schrei nach mehr Demokratie in der Türkei. Die Öffentlichkeit muss endlich Kenntnis davon nehmen und entsprechende Schritte einleiten, denn es kann und darf nicht sein, dass die Gefangenen erst ihr Leben aufs Spiel setzen müssen, damit das türkische Justizministerium auf die Proteste reagiert und ernsthaft auf die Forderungen der Hungerstreikenden eingeht”, erklärt Mazlum Dogan, Stv. Generalsekretär des Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland e.V.

Neben dem Ärzteverband, der bereits vor Todesfolgen des Hungerstreiks warnt, haben sich auch türkische Parlamentarier eingeschaltet, die sich für eine Annahme des Problems durch die türkische Regierung einsetzen. Der Justizminister reagierte nach dem 43. Tag des Hungerstreiks mit einer Pressemitteilung, in der erklärt wurde, dass man sich nun einem Teil der Forderungen annehmen werde.

“Meist bleiben solche Versprechungen leere Floskeln. Wenn tausende Kurden aufgrund ihrer Forderung nach mehr kulturellen Rechten politisch verfolgt werden, dann zeugt das von einer stark defizitären Demokratie in der Türkei. Politische Aktivisten werden, sofern sie nicht der Linie der AKP-geführten Regierung entsprechen, ihrer demokratischen Partizipation beraubt und füllen bereits einen Großteil der türkischen Gefängnisse. Die Forderung der Kurden nach Anerkennung ihrer Sprache ist vollkommen legitim und muss endlich von den Zuständigen in Ankara erhört und umgesetzt werden”, kommentiert Dogan die Geschehnisse.


Pressemitteilung von Tüday – Menschenrechtsverein Türkei/Deutschland e.V.

Seit dem 12. September 2012 befinden sich nach Angaben des türkischen Menschenrechtsvereins IHD ca. 600 politische Gefangene in ca. 60 türkischen Gefängnissen im ununterbrochenen Hungerstreik. Dabei steigt die Zahl der Hungerstreikenden in den türkischen Gefängnissen stetig an. Nach der WMA (Weltärztebund – Deklaration über Hungerstreikende, das im November 1991 von der 43. Weltärzteversammlung in Malta verabschiedet wurde, definieren sich Hungerstreiks als eine Form des freiwilligen Protestes durch eine Nahrungsverweigerung für eine signifikante Zeitspanne.1 Hintergrund des Hungerstreiks und Forderungen der Hungerstreikenden beziehen sich hierbei um zwei wesentliche Aspekte. Zum einen fordern die Hungerstreikenden, welche im Rahmen der sogenannten berüchtigten KCK- Verfahren (Verfahrungen gegen kurdische Oppositionelle) inhaftiert wurden, die Aufhebung der Isolationshaft von Abdullah Öcalan und die Wiederaufnahme der Gespräche für die friedliche Lösung des türkisch-kurdischen Konfliktes in der Türkei, zum anderen betrifft die weitere zentrale Forderung die Wahrnehmung des Verteidigungsrechtes in der kurdischen Muttersprache.

Nach den im Jahre 2000 geführten Hungerstreiks in den türkischen Gefängnissen und den zwangsweise medizinischen Eingriffen der türkischen Ärztekammer und daraus entstandenen Folgen (Tod und Dauerschäden) ist ein Besuchsrecht für die Stabilisierung des Zustandes der Hungerstreikenden und die Inanspruchnahme des Rechtes auf die Unversehrtheit des Lebens von der türkischen Ärztekammer und diversen Menschenrechtsorganisationen in den türkischen Gefängnissen unabdingbar. In diesem Zusammenhang liegt es in der Pflicht der derzeitigen Regierung einen offenen Zugang zu den Hungerstreikenden zu gewährleisten und die für diesen Prozess nötigen medizinischen Vorkehrungen wie die Zufuhr von B1 Vitaminen, reines Wasser, Zucker und Salz zu treffen. Die Inanspruchnahme des Hungerstreiks von politischen Gefangenen verstärkte sich seit 1980 fortlaufend. So starben nach Angaben des türkischen Menschenrechtsvereins IHD insgesamt 144 an den Folgen des Hungerstreiks. Die Auswahl eines Hungerstreiks als eine politische Protestform ist ein Indiz für die prekäre politische Lage und das Ausmaß des türkisch-kurdischen Konfliktes. Somit liegt es auch an der derzeitigen AKP- Regierung die legitimen Forderungen der Hungerstreikenden die Isolationshaft von Öcalan aufzuheben und die Gespräche für den Friedensprozess wieder einzuleiten, zu entsprechen. In diesem Sinne rufen wir alle Menschenrechtsorganisationen, demokratische und zivilgesellschaftlichen Akteure dazu auf Ihren Protest an das türkische Justizministerium kundzutun um die notwendigen Schritte für ein offenes Besuchsrecht von Menschenrechtsorganisationen in den Gefängnissen herzustellen und sich für eine friedliche Lösung des Konfliktes einzusetzen.


 

Solidaritätserklärung der DKP zum Hungerstreik in den Gefängnissen der Türkei

Mit tiefer Besorgnis nehmen wir die aktuelle politische Situation in der Türkei wahr.
Die Lage ist dramatisch. Seit mehr als 45. Tagen befinden sich mehrere hundert kurdische
politische Gefangene im unbefristeten Hungerstreik. Einige stehen kurz vor dem Tod.
Dabei sind ihre Forderungen einfach und verständlich:

– Recht auf muttersprachlichen kurdischen Unterricht

– Recht auf Verteidigung vor Gericht in der Muttersprache

– Beendung der Isolation des Repräsentanten des kurdischen Volkes, Herrn Abdullah Öcalan

– Aufnahme von Friedensgesprächen

Diese Forderung stellen für uns Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft dar und sind
von der türkischen Regierung sofort zu erfüllen. Ohne dies ist außerdem die dringend
notwendige friedliche Lösung der kurdischen Frage nicht möglich, der Konflikt würde noch
weiter eskalieren. Das kurdische und das türkische Volk wollen endlich Frieden und diesem
Verlangen muss die AKP-Regierung entsprechen.
Doch auch die deutsche Bundesregierung macht sich mitschuldig. Sie muss sich endlich für
eine Lösung einsetzen. Erste Schritte wären ein sofortiger Stopp von Waffenlieferungen an den türkischen Staat, die direkt gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt werden.
„Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“.
Im Sinne Che Guevaras stehen wir solidarisch an der Seite der Hungerstreikenden und werden
die deutsche Öffentlichkeit über die Vorgänge in der Türkei informieren.


SOLIDARITÄT MIT DEM HUNGERSTREIK DER KURDISCHEN GEFANGENEN IN DER TÜRKEI

Das Dritte-Welt-Haus Frankfurt unterstützt den gegenwärtigen Hungerstreik der kurdischen Gefangenen in der Türkei. Wir unterstützen den mutigen “Appell von Akademikern und Intellektuellen zum aktuellen Hungerstreik in den türkischen Gefängnissen.
SOLANGE NOCH ZEIT IST… BEVOR HUNGERSTREIKENDE STERBEN … “:

„Die Türkei befindet sich an der Schwelle eines Alptraums. Tausende Gefangene befinden sich im Hungerstreik. Wir haben Tage wie diese schon einmal erlebt. Wir haben sie vor 16 Jahren erlebt. Wir haben sie erneut vor 12 Jahren erlebt. Und wir wollen solch eine Scham heute nicht noch einmal erleben.
Die Gefangenen wollen sich vor Gericht in ihrer Muttersprache verteidigen. Damit die – sei es durch den Ministerpräsidenten oder durch andere Regierungsvertreter – begonnenen Verhandlungen mit Imrali mit Frieden beendet werden können, wollen sie, dass die Isolationshaftbedingungen von Abdullah Öcalan aufgehoben werden.
Um ihre Forderungen auf die Tagesordnung zu bringen setzen sie ihr Leben aufs Spiel. Ob wir ihre Methode gutheißen oder nicht ändert nichts an der Tatsache, dass es hier um Menschenleben geht. Das drohende Drama ist offensichtlich: Solange die Regierung den Hungerstreikenden kein Gehör schenkt, nähern sich mehr als tausend junge Menschen Schritt für Schritt ihrem Tod. Angesichts eines solchen Schreckensszenarios darf kein Mensch schweigen.
Vor uns stehen die Feiertage. Aber während die Politik in die Ferien geht, wird das Alltagsleben in den Gefängnissen wie gewohnt weiter gehen. Nach den Feiertagen wird der Hungerstreik seine siebte Woche hinter sich lassen, eine Stufe nach der es vielleicht kein Zurück mehr geben wird. Solange wir noch die Zeit dafür haben, sollten wir zu verhindern versuchen, dass kein weiterer schwarzer Fleck in unsere Geschichte und auf unser Gewissen fällt.
Wir, die unten aufgeführten UnterzeichnerInnen, fordern die Regierung dazu auf, zu allererst den Forderungen Gehör zu schenken, guten Willen zur Lösung zu zeigen und konkrete Schritte einzuleiten.“

(Unter den UnterzeichnerInnen befinden sich unter anderem folgende Namen:
Prof. Dr. Ayse Berkman, Prof. Dr. Ayse Erzan, Prof. Dr. Ayse Gözen, Prof. Dr. Ayse Hür (Journalist), Prof. Dr. Betül Tanbay , Prof. Dr. Çigdem Kafesçioglu, Prof. Dr. Erol Katircioglu, Prof. Dr. Fatma Gök, Dr. Ferhat Kentel, Prof. Dr. Gençay Gürsoy, Karin Karakasli (Autorin), Prof. Dr. Mehmet Bekaroglu, Prof. Dr. Melek Göregenli, Prof. Dr. Mesut Yegen, Prof. Dr. Mithat Sancar, Nadire Mater (Journalistin), Prof. Dr. Nazan Üstündag, Prof. Dr. Özgür Sarioglu, Prof. Dr. Rasit Kaya, Prof. Dr. Semih Bilgen, Suavi (Musiker), Sanar Yurdatapan (Musikerin), Prof. Dr. Ufuk Uras, Vedat Türkali (Autor), Vedat Yildirim (Musiker))

Der Vorstand des Dritte Welt Hauses Frankfurt wendet sich gleichzeitig an die Öffentlichkeit in der BRD, sich über die Situaton im kurdischen Teil der Türkei zu informieren und sich gegen die Menschenrechtsverletzen in der Türkei einzusetzen.
Das Dritte-Welt-Haus Frankfurt fordert die Regierung der BRD auf, jegliche militärische Zusammenarbeit mit der Türkei einzustellen und die massiven Menschenrechtsverletzungen durch den türkischen Staat zu verurteilen.

Kurt Bovensiepen
(für den Vorstand des DWH Frankfurt)


Presseerklärung von Amnesty International

Türkei: Achtet die Rechte von Hungerstreikenden

Amnesty International hat die ernsthafte Befürchtung, dass die Türkei die Rechte von Gefangenen im Hungerstreik nicht berücksichtigt. Hunderte politische Gefangene in mehreren Dutzend Gefängnissen in der Türkei befinden sich zum Teil seit dem 12. September im unbefristeten Hungerstreik. Die Hungerstreikenden protestieren damit gegen die monatelange Ablehnung von Besuchen durch Anwälte für Abdullah Öcalan, dem Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und fordern Maßnahmen zur Einführung von Bildungsmöglichkeiten in Kurdisch als Muttersprache.
Die Hungerstreikenden führen einen friedlichen Protest durch und es ist die Pflicht der Türkei das Recht der Gefangenen auf freie Meinungsäußerung und diese Form des Protestes anzuerkennen.
Amnesty International ist desweiteren besorgt über Berichte aus den Gefängnissen in Silivri und Sakran, laut denen Hungerstreikende dort in Einzelhaft gesteckt wurden und aus dem Gefängnis Tekirdag, laut dem die hungerstreikenden Gefangenen von den Wärtern systematisch misshandelt werden. Desweiteren gibt es Berichte die bestätigen, dass Gefangenen in mehreren Gefängnissen der Zugang zu Wasser und Zucker, Salz, und Vitamintabletten verwehrt wurde.
Amnesty International appelliert an die Türkei Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass die Hungerstreikenden keinen weiteren Strafmaßnahmen ausgesetzt werden und jegliche Art von Folter und Misshandlungen sofort unterbunden wird. Die Hungerstreikenden müssen Zugang zu professioneller ärztlicher und medizinischer Versorgung bekommen. Außerdem sollte die Türkei sofort Untersuchungen zu den Vorwürfen, dass Gefangene in den Gefängnissen von Silivri, Sakran und Tekirdag misshandelt oder für die Teilnahme am Hungerstreik bestraft wurden.


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