Syrien: Stellvertreterkrieg und »Dritter Weg«

syrienÜber die Hintergründe der Angriffe auf die Revolution in Rojava/Nordsyrien
Devris Çimen, Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e. V.

Ich möchte in diesem Beitrag erörtern, weshalb es zu einem großangelegten Angriff islamistischer Banden und der Freien Syrischen Armee (FSA) auf die befreiten und weitestgehend friedlichen Gebiete Rojavas (Westkurdistans) in Nordsyrien gekommen ist. Dabei gilt es vor allem, die Motive der Unterstützer um die Al-Kaida-Dschihadisten und die FSA zu identifizieren, da es nur so möglich sein wird, die auf den ersten Blick recht widersprüchlichen Angriffe und die chaotische Gemengelage fassbar zu machen.

Rahmen der Angriffe

Die Angriffe auf Rojava fallen genau in eine Phase der militärischen Zurückdrängung oppositioneller Kräfte um die sogenannte Freie Syrische Armee im Zuge des syrischen Bürgerkrieges. Das diktatorische Regime Assads hat es in letzter Zeit durch konzentrierte Angriffe, und dank der nun weitreichenderen, direkten und aktiven Unterstützung des iranischen Regimes, der schiitisch-libanesischen Hisbollah-Miliz und Russlands, geschafft, große Gebiete aus der Hand der sogenannten Rebellen zurückzuerobern.

Diese Gebiete haben für das Regime wie auch die Opposition strategisch eine enorme Bedeutung, kriegstaktisch betrachtet bietet ihre Kontrolle auch psychologisch einen ungeheuren Vorteil. Dem Regime ist durch die Rückeroberung eine Konsolidierung der von ihm kontrollierten Gebiete entlang der Küste bis in den Süden von Damaskus gelungen. Die Festigung seiner Position wird es dem Regime ermöglichen, die FSA und Al-Kaida weitestgehend auf die sunnitisch-arabischen Gebiete in Zentralsyrien zurückzudrängen. Diese Wüstengebiete spielen jedoch für das Regime strategisch wie auch ökonomisch eine eher untergeordnete Rolle.

Parallel zu den militärischen Erfolgen erfährt das diktatorische Regime in seinem Kampf gegen die FSA und Al-Kaida innerhalb Syriens, auch unter der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit, immer mehr Zuspruch. Die aus dem Ausland gelenkte und unterstützte Opposition um die FSA und Al-Kaida plündert, vergewaltigt und mordet vor aller Augen im Namen der Revolution. Dem Assad-Regime wird aufgrund dieser Gräueltaten auch weltweit immer mehr Legitimität zugesprochen. Die FSA und Al-Kaida spielen mit ihren unzählig dokumentierten Kriegsverbrechen dem ebenbürtigen Regime mehr als nur in die Hände, sodass wir uns hier fragen müssen, für was und für wen diese Banden kämpfen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die innerhalb der Opposition einst sehr einflussreiche islamistische Gruppe der Ghuraba al-Sham vom syrischen Geheimdienst mit dem Ziel, im Irak gegen die US-Armee zu kämpfen, gegründet worden war (*). Es gilt auch zu beachten, dass die islamistischen Kräfte sich allzu oft aus strategischen Kämpfen gegen das Regime raushalten oder sie gar behindern. Selbst der Generalstabschef der FSA, Salim Idris, betonte in diesem Jahr in einem Interview mit dem Sender Al-Arabiya, dass die Gruppe »Islamischer Staat Irak und Groß-Syrien/Al-Nusra-Front« mit dem syrischen Geheimdienst zusammenarbeite.

Unter diesen Rahmenbedingungen haben westliche Staaten wie die USA, Großbritannien und Frankreich beschlossen, die syrische Opposition, die weder politisch noch militärisch eine homogene Gruppe darstellt, direkt mit Waffen zu unterstützen. Laut CIA soll es etwas mehr als 1000 autonome bewaffnete Gruppen auf Seiten der Regimegegner geben. Schon kurz vor diesem Beschluss wurden massenhaft Waffen vom Westen an die FSA geliefert. Diese wiederum liefert sie auch unter anderem an Al-Kaida-nahe islamistische Gruppen, da diese im Krieg mit ihrer Märtyrerideologie und dem darauf folgenden Paradies mit all seinen Verlockungen zu einem bestimmenden Faktor herangewachsen sind. Dabei verfällt wohl der Westen dem Trugschluss, dass nach Beendigung des Konflikts diese islamistischen Terrorgruppen ihre vom Westen erhaltenen modernen Waffen wieder abliefern werden. Der Westen hat in Syrien, genauso wie zuvor in Libyen, keine wirkliche Strategie zur Beilegung des Konflikts. Denn wenn dem so wäre, dann würde er nicht bewusst für die nähere Zukunft noch größere unüberschaubare Konflikte schaffen, die gar seine innere Sicherheit direkt bedrohen werden. Die FSA und damit auch Al-Kaida wurden seit Beginn des Konflikts massiv von Katar und Saudi-Arabien finanziert und auf jede erdenkliche Art unterstützt. Der Westen hat in der vergangenen Phase diese Gruppen durch massenhafte Waffenverkäufe an Saudi-Arabien und Katar indirekt unterstützt. Dem folgten allzu oft auch militärische Berater und Ausbilder für die FSA, da es galt, diesen den Umgang mit den Waffen und somit das Töten beizubringen. Als gleich zu Beginn des Konflikts klar wurde, dass das Assad-Regime sich so nicht wird halten können, hat auch die Türkei, die bis dahin mit dem Regime eng befreundet war, begonnen, sich massiv in den Konflikt einzuschalten. Dabei wurden auf allen Ebenen vor allem islamistische und kollaborative kurdische Gruppen unterstützt, teilweise gar selbst gegründet.

Die deutsche Bundesregierung hat sich wohl aufgrund der offensichtlichen Sicherheitsbedenken, aber vor allem aufgrund der anstehenden Bundestagswahl und der unkalkulierbaren Folgen, dazu entschlossen, kein sogenanntes tödliches Kriegsgerät an die FSA und damit auch indirekt an Al-Kaida zu liefern. Wobei ihre Unterstützung sich dabei nicht auf die diplomatische Ebene beschränkt, da sie in einem Syrien nach Assad ein Mitspracherecht anstrebt. Die BRD hat sich bereit erklärt, logistische, medizinische, humanitäre und auch nichttödliche Kriegsausrüstung zu liefern. Die Bundesregierung bedient sich im Zuge dieses Konflikts, wie so oft auch im Afghanistankrieg, irreführender und manipulativer Begrifflichkeiten. Inwieweit Kriegsausrüstung als nichttödlich definiert werden kann, bleibt dabei ein Rätsel. Selbst der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet hat kürzlich in einem Interview auf welt.de die Bundesregierung für ihre Syrien-Politik scharf kritisiert und dazu ausgesagt: »Es ist absurd, dass in Syrien die gleichen Leute unterstützt werden, die wir in Mali bekämpfen.« Selbstverständlich gilt es, diese aus dem Regierungslager geäußerte Kritik mit Vorsicht zu genießen, da ihre Motivation zum jetzigen Zeitpunkt für uns Außenstehende nicht ganz ersichtlich ist.

Weder auf der Seite des Syrischen Nationalkongresses (SNC) und der FSA noch auf der Seite des Regimes

In der unüberschaubaren Gemengelage in Syrien hatten sich die Kurden entschlossen, das Regime aus ihren Gebieten zu vertreiben und eine Selbstverwaltung aufzubauen. Als der Krieg drohte, sich auch auf die Gebiete der Kurden auszudehnen, begannen diese unter der Vorreiterschaft der Partei der Demokratischen Einheit (PYD), sich am 19. Juli 2012 in Kobanî (Ain al-Arab) im Gouvernement Helep (Aleppo), mit dem Ziel, die Stadt von Elementen des Regimes zu säubern, zu erheben. Die Bevölkerung umstellte unter dem Schutz bewaffneter kurdischer Gruppen, aus denen dann die Volksverteidigungseinheiten (YPG) hervorgehen sollten, Kasernen, Polizeireviere und alle staatlichen Einrichtungen und zwangen die Regierungsvertreter und Soldaten zur Aufgabe. Zwar kam es vereinzelt zu Widerstand, doch hatten die Soldaten und Polizisten gegen die Massen keinerlei Erfolgsaussicht, sodass sie sich ergeben mussten. Die kurdische Seite hat die Gefangenen stets entsprechend den Genfer Konventionen behandelt und ihnen nach ihrer Entwaffnung sogar die Heimkehr zu ihren Familien ermöglicht. Nach dem Aufstand von Kobanî folgte die systematische Befreiung anderer Städte und Ortschaften in Westkurdistan, sodass innerhalb kürzester Zeit aufgrund der taktisch sehr klugen und disziplinierten Vorgehensweise die westkurdischen Gebiete bis auf ein paar wenige Punkte befreit waren. Die befreiten Gebiete sind mit den Siedlungsgebieten der Kurden fast deckungsgleich. Das Ziel, möglichst ohne Blutvergießen die Gebiete zu befreien, wurde weitestgehend erreicht. Als in Gesprächen mit der Opposition klar wurde, dass diese die Rechte der Kurden und anderer Minderheiten nicht zu garantieren gedachte, haben die Kurden beschlossen, einen dritten Weg einzuschlagen. Das heißt, sie haben sich weder auf die Seite des Syrischen Nationalkongresses (SNC) und seiner FSA gestellt noch auf die Seite des Regimes. Auf die Befreiung der Gebiete in Rojava folgte umgehend der Aufbau demokratischer Selbstverwaltungsstrukturen in Form von Volksräten und der Volksverteidigungseinheiten, in denen jeweils alle ethnischen und religiösen Gruppen vertreten waren. Alle Strukturen haben sich wiederum im Koordinationsmechanismus Kurdischer Hoher Rat (Desteya Bilind a Kurd – DBK), dem die wichtigsten politischen und zivilgesellschaftlichen Institutionen und gesellschaftlich anerkannte Einzelpersonen angehören, zusammengeschlossen. Auch die bewaffneten Einheiten der YPG haben sich klar einzig und allein der Kontrolle und dem Befehl dieses Komitees unterstellt. Der Kovorsitzende der PYD, Salih Muslim, der auch Mitglied des DBK ist, hat in einem Interview vom 23.12.2012 mit dem Kurdischen Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit (Civaka-Azad.org) den eingeschlagenen »Dritten Weg« wie folgt beschrieben: »Dieses Lösungsmodell wird eine Bereicherung für das politische und soziale Zusammenleben der Völker sein. Im Konkreten kann zusammengefasst werden, dass in diesem Modell sich der Staat nicht in der Sphären der Politik, Kultur, Sprache, Ökonomie und Ökologie einmischen wird. Ein demokratisches Rätemodell, das nach basisdemokratischem Vorbild errichtet wird, kann als Modell für das gesamte Syrien verstanden werden. Somit würde ein ideales gemeinsames System der verschieden Bevölkerungsgruppen und religiösen Gruppierungen in der Region ermöglicht werden, ohne dass Ausgrenzungen oder Unterdrückung bestehend sind. Dieses Modell könnte sich dann von da aus im gesamten Nahen und Mittleren Osten ausdehnen.«

Die Kurden hatten das Regime aus ihren Gebieten vertrieben, Strukturen zur Selbstverwaltung, Verteidigungseinheiten und Polizei aufgebaut. Die Bevölkerung in Rojava konnte im Verhältnis zu Restsyrien in größtmöglicher Sicherheit und Toleranz leben, sodass sich die Bevölkerungszahl seit Beginn des Krieges aufgrund von Binnenflüchtlingen verdoppelte. Trotz der schwierigen Lage konnten ungeheure Erfolge beim Aufbau der Strukturen erzielt werden, sodass in Rojava zum Jahrestag der Revolution laut über eine politisch proklamierte Selbstverwaltung, de facto Autonomie, nachgedacht wurde.

Beginn der Angriffe und Ziele

Die Entwicklungen in Rojava, die in einer Selbstbestimmung für die Kurden und die anderen Minderheiten in Rojava mündeten, missfielen vor allem der türkischen Regierung, sodass diese durch ihren Außenminister Davutoglu offen mit einer militärischen Intervention drohte (http://www.aa.com.tr/tr/tag/205785–tehditlere-aninda-cevap-verilecek). Auf diplomatischer Ebene unternahm sie eh alle Anstrengungen, sodass die Kurden auf regionaler und internationaler Ebene als Ansprechpartner nicht akzeptiert wurden. Da sich jedoch die Revolution in Rojava rein auf die Kraft und Ressourcen der Bevölkerung stützte, und somit von äußerlichen Faktoren so gut wie unabhängig war, entwickelte sie sich ungebremst weiter. Da die westlichen Mächte ihre Augen nicht länger vor den großen Errungenschaften der Kurden verschließen konnten, denn diese entlarvten ja offensichtlich ihre falsche Strategie, begannen Versuche, sie zu vereinnahmen. Diese Versuche konnten aufgrund der langen politischen Tradition innerhalb der kurdischen Bewegung mühelos neutralisiert werden. Dabei wurden auch die ersten Stimmen auf internationaler Ebene laut, die eine Anerkennung der Kurden befürworteten. Dazu zählte unter anderem auch die russische Regierung, die nach Gesprächen mit einer Kommission des Kurdischen Hohen Rates dessen Teilnahme an der geplanten zweiten Genfer Konferenz befürwortete (**). Die PYD konnte in dieser Phase durch eine diplomatische Offensive auf internationaler Ebene für erhöhte Aufmerksamkeit für die Kurden in Syrien sorgen, sodass sich die westlichen Mächte verstärkt mit den Forderungen der Kurden zu beschäftigen begannen.

Parallel zu diesen Entwicklungen hat der Kurdische Hohe Rat pünktlich zum Jahrestag der Revolution in Rojava angekündigt, die demokratische Autonomie für Rojava politisch zu legitimieren, indem eine Verfassung ausgearbeitet, diese der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt und eine Regionalregierung zur Wahl gestellt wird. Im gesamten Prozess solle garantiert sein, dass jede Minderheit in Rojava sich durch Vertreter artikulieren und einbringen kann. Denn Salih Muslim, der PYD-Vertreter im Kurdischen Hohen Rat, hatte in einem Interview mit der Journalistin Çigdem Demirel am 03.11.2012 betont, dass die Revolution in Rojava eine Revolution der Völker Syriens und nicht lediglich des kurdischen Volkes sei.

Genau in dieser Situation versammelte die Türkei über 70 FSA-Kommandanten heimlich in Dîlok (Gaziantep) und machte ihnen klar, dass sie gegen die Kurden eine Front zu eröffnen hätten, da man sonst die eigene Unterstützung, die für die FSA als auch Al-Kaida existentiell ist, einzustellen gedenke. Laut gefangen genommenen Al-Kaida-Kämpfern, deren Vernehmung durch die YPG von der Nachrichtenagentur ANHA (hawarnews.com) verbreitet wurde, hätten türkische Geheimdienstvertreter sie dazu gedrängt gehabt, die Kurden anzugreifen und das Fortschreiten der Revolution in Rojava zu unterbinden. Die Geheimdienstvertreter hätten der FSA und Al-Kaida gegenüber klar ausgedrückt, dass sie, wenn sie nicht gegen die Kurden zu kämpfen gedächten, erst gar nicht mehr zu Gesprächen kommen brauchten. Dass überhaupt ein solches Treffen stattgefunden hat und welche Entscheidungen dort getroffen wurden, hat der FSA-Oberst von Helep, Abdulcabbar Al-Akidi, während einer Versammlung mit allen Gruppen der Opposition und Clanvorstehern in Helep erörtert. Dort machte er unmissverständlich klar, dass sie den Kurden den Krieg erklären würden. Dabei erfindet er eine passende Dolchstoßlegende und bedient sich der in der Türkei verbreiteten Rhetorik, indem er von der PKK und nicht von PYD, YPG oder dem Kurdischen Hohen Rat spricht. Im Grunde genommen ignoriert er so die Massen hinter der kurdischen Bewegung und spricht ihr die Legitimation ab. Dahinter steckt die Taktik, die Errungenschaften der Kurden in Rojava zu kriminalisieren und einen Angriffskrieg zu legitimieren. Da die Versammlung kaum geheim gehalten wurde, ist der Inhalt wie eine offene Drohung auch über die türkischen Medien (***) verbreitet worden. Saudis und Kataris, die im syrischen Bürgerkrieg auf Seiten der Al-Kaida und der FSA eine zentrale Rolle spielen, haben sich nicht gegen die Angriffspläne gestellt, da ihrer bereits kläglich gescheiterten Syrienstrategie die sehr erfolgreiche Strategie der Kurden konkurrierend gegenübersteht. Es hatte zwar bereits mehrmals zuvor Zusammenstöße zwischen den YPG und Al-Kaida um die Stadt Serê Kaniyê (Ras al-Ayn) gegeben, die von kurdischer Seite trotz ihres Sieges mit einem Waffenstillstand beendet worden waren, sie waren jedoch nicht derart systematisch und verbreitet gewesen. Damals marschierten Al-Kaida-Kämpfer auf Druck der Türkei über den türkischen Grenzposten von Ceylanpinar nach Serê Kaniyê ein und versuchten, diese strategisch sehr wichtige Stadt einzunehmen. Nun ist von der FSA und Al-Kaida gemeinsam eine breite Front gegen die Kurden eröffnet worden, die sich über 700 km erstreckt, sodass wir hier von einem invasorischen Krieg sprechen können.

Die kurdischen Volksverteidigungseinheiten veröffentlichten nun eine Kriegsbilanz der Angriffe auf die kurdische Selbstverwaltung in Rojava, die Mitte Juli dieses Jahres begonnen hatten. Demzufolge haben über 800 Mitglieder der bewaffneten Gruppen und nahezu 80 Kämpfer der YPG bei den Gefechten ihr Leben verloren. Zudem sind 700 kurdische Zivilisten von bewaffneten Banden entführt worden. Der Sprecher des Pressezentrums der YPG, Rêdûr Xelîl, erklärte, dass an den Angriffen nicht nur die Al-Kaida-nahen Gruppen »Islamischer Staat Irak und Syrien« und die Al-Nusra-Front beteiligt seien, sondern auch Bataillone der FSA und mehrere kleinere kurdische Gruppen wie die Azadî-Partei. Über den Verbleib der 700 kurdischen Zivilisten habe man keine Informationen. »Die Freie Syrische Armee hat bis heute die Kurden nicht als eine eigene Nation anerkannt«, sagte Xelîl zu den Motiven der FSA und forderte gleichzeitig die FSA angesichts der gemeinsam mit Al-Kaida-nahen Gruppen durchgeführten Angriffe auf die kurdische Zivilbevölkerung zu einer klaren Position auf.

Diese weitere innersyrische Front führt lediglich zu einer Stärkung des Assad-Regimes, sodass wir festhalten können, dass neben der kurdischen auch die Strategie des Regimes weitestgehend aufgeht. Die Türkei, Saudi-Arabien und Katar opfern für ihre eigenen Interessen die syrische Revolution und das Volk. Nun ist ein Zustand eingetreten, den selbst die FSA zu verhindern gedachte, denn Salim Idris selbst hat auf Al-Arabiya vor Al-Kaida in Syrien gewarnt und ihr unterstellt, mit dem syrischen Geheimdienst zusammenzuarbeiten. Er führte dann noch weiter aus, dass eben »diese versuchen, die Kurden in Kämpfe mit anderen Rebellen zu verwickeln, und vermeiden außerdem auch alle direkten Konfrontationen mit der syrischen Armee«.

In einem Interview der Nachrichtenagentur ANF mit Salih Muslim erklärte dieser, man strebe eine Beendigung der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Rojava auf politischem Wege an. Doch finde man diesbezüglich keinen Gesprächspartner. So stoße man bei der Nationalen Koalition der syrischen Oppositionskräfte auf verschlossene Türen. Keiner fühle sich für die angreifenden bewaffneten Gruppen verantwortlich. Es fehle an einer offiziellen politischen Vertretung der angreifenden Gruppen, die eine diplomatische und friedliche Beilegung der Auseinandersetzungen ermöglichen würde, so Muslim. Gleichzeitig wies er dabei auch auf die Heuchelei der nationalen Opposition hin. Die Unterstützung der Angreifer durch Gruppen innerhalb der Nationalen Koalition sei offensichtlich, doch, da die Angreifer auf internationalen Terrorlisten gelistet sind, werde keine offene Verantwortlichkeit gezeigt.

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die Opposition und Al-Kaida in Syrien durch äußere Mächte instrumentalisiert werden und hier im Grunde genommen ein Stellvertreterkrieg zwischen Sunniten und Schiiten einerseits und auch zwischen dem Westen und Russland/Iran andererseits geführt wird. In dieser Konstellation haben sich einzig und allein die Kurden aus dem mittlerweile sehr blutigen sinnentfremdeten Töten herausgehalten und ihren eigenen Weg eingeschlagen. Eben weil dieser »Dritte Weg« erfolgreich verläuft, haben die Angriffe derer begonnen, die einen Bürgerkrieg als Lösung propagierten. Entgegen der westlichen Berichterstattung geht es dabei wohl nur zweitrangig um Öl. Denn der eigentliche Angriffsgrund ist im ideologischen Bereich ausfindig zu machen. Das Öl und die anderen Bodenschätze erleichtern zwar die Etablierung des Dritten Weges, sind aber keineswegs unverzichtbar für die Revolution in Rojava. Der Dritte Weg ist, wie sich in Rojava bereits eindrucksvoll abzeichnet, die einzige Lösung für die Probleme in Syrien und wohl auch im gesamten Mittleren Osten. Denn eben dieses Modell überwindet alle künstlichen Spannungsfelder zwischen den Volks- und Religionsgruppen, sodass dies einer Aufklärung in dieser Region gleichkommen würde. Eine solche Aufklärung hat jedoch viel mehr Gegner, als die Kurden als Volk ohnehin schon haben.

Quelle: Kurdistan Report Nr. 169 September/Oktober 2013

(*) (http://www.reuters.com/article/2009/08/30/us-iraq-syria-idUSTRE57T1OL20090830)
(**) (http://de.rian.ru/politics/20130730/266577585.html)
(***) (http://www.radikal.com.tr/turkiye/oso_pkknin_kokunu_kurutacagiz-1144782)

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