Stimmen zum belgischen PKK-Urteil

Der Kassationshof in Brüssel hat am 28. Januar endgültig die Entscheidung des Revisionsgerichts vom März 2019 bestätigt, wonach die kurdische Arbeiterpartei PKK keine „terroristische Organisation”, sondern eine Partei in einem bewaffneten Konflikt ist.

Anwendung von Anti-Terror-Gesetz gegen die PKK ist nach belgischem Recht nicht zulässig

Rückblick: Mit einem Großaufgebot an Polizei waren 2010 in Brüssel legale kurdische Organisationen und Produktionsstätten des kurdischen Fernsehens in Belgien durchsucht und einige Repräsentant*innen des Nationalkongresses Kurdistan (KNK) festgenommen worden. Die Ermittlungen mündeten in einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft gegen insgesamt vierzig Personen, die sie der Spendensammlung, Propaganda und Rekrutierung für die PKK beschuldigte. In einem zweiten Fall wurde einem Kurden aus Nordsyrien vorgeworfen, Kommunikationsgeräte nach Hewlêr (Erbil) in Südkurdistan/Nordirak exportiert zu haben, die laut Staatsanwaltschaft an die kurdische HPG-Guerilla (Volksverteidigungskräfte) weitergereicht worden seien.

Das Revisionsgericht stellte nach neun Jahren letztinstanzlich fest, dass in diesen Verfahren das Anti-Terror-Gesetz nach belgischem Recht nicht angewendet werden könne. Daher werde es keinen Prozess geben und alle Angeklagten würden von sämtlichen Anklagepunkten freigesprochen.

Gegen heftige Widerstände der Staatsanwaltschaft hatte die Verteidigung von Beginn an die Frage in den Mittelpunkt der Verfahren gestellt, ob es sich bei der PKK überhaupt um eine »terroristische« Organisation handele und das belgische Anti-Terror-Gesetz zur Anwendung kommen könne. Dieses hat den Vorbehalt, dass es nicht auf bewaffnete Kräfte innerhalb eines Konfliktes nach internationalem Recht anwendbar ist. Die Regelung wurde 2003 im Zuge der europäischen Rahmenvereinbarung über Terrorismus buchstabengetreu in belgisches Recht übernommen und sollte eigentlich als Grundlage der Anti-Terror-Gesetze in den meisten europäischen Staaten gelten.

Nach Auffassung der Verteidigung ist der Konflikt in der Türkei zwischen Kurd*innen und der türkischen Armee selbstverständlich keine Terrorismusangelegenheit, sondern ein Bürgerkrieg zwischen einem Staat und einer Gruppe, die es als notwendig erachtet, sich mit Gewalt gegen Diskriminierung und Unterdrückung zu verteidigen. Der Konflikt habe eine hinreichende Intensität, um als Krieg angesehen zu werden und nicht als terroristische Aktivität oder bewaffnete Zwischenfälle.

Die kurdische Guerilla HPG sei hinreichend organisiert und strukturiert, um als bewaffnete Kraft und nicht nur als eine irreguläre Gruppe bezeichnet zu werden. Deshalb müsse das Kriegsrecht und nicht das Anti-Terror-Gesetz angewendet werden. So könnten Angriffe auf militärische Ziele nicht als kriminelle Handlungen bewertet werden.


Frau Monika Morres, wie bewerten Sie die Entscheidung, wonach die PKK keine „terroristische“ Organisation, sondern eine Partei in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt ist?

Ein solches Urteil wie dieses hat es in den Jahrzehnten andauernder Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden in Europa – insbesondere natürlich in Deutschland – nicht gegeben. Deshalb bewerte ich die Entscheidung als eminent wichtig.

Hierbei darf nicht vergessen werden, dass es einerseits der beharrlichen und fundierten Arbeit eines hervorragenden Verteidigerteams in diesem großen Verfahren zu verdanken ist, andererseits aber auch der Bereitschaft der Gerichte, sich der vorgelegten Fakten und rationalen Argumente der Anwälte nicht zu verschließen.

Welche rechtlichen und politischen Ergebnisse werden dadurch Ihrer Meinung nach entstehen?

Zuerst einmal ist es Sache der belgischen Regierung und Behörden, mit welcher Ernsthaftigkeit sie sich mit dem Urteil des höchsten Gerichts in diesem Land auseinandersetzen und insbesondere die Entscheidung respektieren. Die Äußerung des belgischen Außenministers Philippe Goffin nach der Urteilsverkündung, die Regierung werde daran festhalten, die PKK als „terroristische“ Organisation zu bewerten, ist inakzeptabel und widerspricht jeglicher demokratischen Gepflogenheit.

So jedenfalls geht es nicht. Ich bin sicher, dass es künftig einen Diskussionsprozess gibt, wie die politischen Gegebenheiten im Sinne des Urteils zu ändern sind.

Tatsache ist aber, dass es nach der Entscheidung des Kassationshofs künftig keine Prozesse gegen Menschen, die sich im Rahmen ihrer politischen Arbeit in der und für die PKK in Belgien betätigen, mehr geben wird.

Welche Änderungen wird dieses in der Kriminalisierungspolitik gegenüber Kurd*innen geben?

Generell kann gesagt werden, dass das Urteil eine positive Auswirkung für Kurdinnen und Kurden hat, und zwar in dem Sinne, dass sie sich endlich einmal ernst genommen fühlen können als politisch handelnde Menschen mit eigenen Anschauungen und Zielsetzungen. Das ist leider nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Vor allem nicht in Deutschland.

Aber wir wissen, wie zäh, unbeweglich und unwillig Regierungen sind, wenn sie sich in ihren Interessen gestört fühlen oder in die Lage kommen, eine fehlerhafte Politik gemacht zu haben. Also ist es insbesondere Aufgabe der demokratischen Öffentlichkeit, das träge Schiff in Bewegung zu setzen, damit tatsächlich der (offizielle) Umgang mit der kurdischen Bewegung und ihren Menschen eine Wendung nimmt. Und mithin Änderungen verwirklicht werden.

Wurde mit der Brüsseler Entscheidung das in Deutschland seit 1993 bestehende PKK-Verbot nicht widerlegt?

Aber natürlich. Ich möchte hier daran erinnern, dass Prof. Norman Paech bereits ein Jahr nach dem PKK-Verbot von 1993 ein „Gutachten zu den völkerrechtlichen Fragen der Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums gegen kurdische Vereine und Organisationen in der BRD“ der Öffentlichkeit vorgelegt hat. In ihm hat er sich genau mit jenen Fragen befasst, die auch in dem aktuellen Urteil eine große Rolle gespielt haben.

Im Schlusswort heißt es: „Nach allem muss dem Bundesminister des Innern eine vollkommene Unkenntnis bzw. Nichtberücksichtigung des Rechts auf Selbstbestimmung vorgeworfen werden, welches ein zwingendes Prinzip des Völkerrechts ist (ius cogens). Trägt man diesem Prinzip jedoch Rechnung, so ist es nicht der kurdische Widerstand, sondern die türkische Regierung und das türkische Militär, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoßen und das friedliche Zusammenleben zwischen Kurden und Türken stören.“

Welche Auswirkungen hat die Entscheidung auf die noch bevorstehenden Prozesse gem. §§129a/b StGB? Welche Initiativen können Anwält*innen zu dieser Entscheidung ergreifen? Wie soll Deutschland künftig mit „Terrorismus“-Anklagen umgehen?

Einerseits haben die Verteidiger*innen in den laufenden Prozessen schon mit der Entscheidung des Revisionsgerichts in Brüssel vom 8. März 2019 argumentiert. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Urteil aber noch keine Rechtskraft und musste so auch von den deutschen Strafsenaten nicht so ernst genommen werden.

Andererseits waren völkerrechtliche Aspekte und Regelungen des Internationalen Rechts bereits Jahre zuvor fester Bestand von Schriftsätzen der Anwält*innen, zum Beispiel in Revisionsverfahren.

In diesem Zusammenhang muss ich kurz auf Entscheidungen des höchsten deutschen Gerichts – des Bundesgerichtshofs – von 2013/2014 hinweisen. Im Zuge von Revisionsverfahren, der ersten nach §129b, hat der Bundesgerichtshof sämtliche Argumente, die sich auf die Anwendbarkeit des Völkerrechts und auf die Zusatzprotokolle der Genfer Konvention beziehen, vom Tisch gewischt. Der Senat entschied, dass für Kurdistan der Kolonialstatus nicht zutreffe, weil die kurdischen Gebiete nach der Staatsgründung aufgrund des Vertrages von Lausanne 1924 Teil der Türkei seien. Deshalb gebe es auch keine rechtswidrige Besatzung Kurdistans durch die türkische Armee.

Das Argument des herrschenden Rassismus gegen Kurdinnen und Kurden wurde vom Gericht heruntergespielt: Das Ausmaß sei ja nicht so groß wie zur Zeit der Apartheid in Südafrika; immerhin könnten Kurd*innen fürs türkische Parlament kandidieren.

Ein Recht auf Widerstand, erst recht gewaltsamen, sprach das Gericht den Kurdinnen und Kurden generell ab – im Gegensatz zum Urteil von Brüssel. Deshalb werden die Anwält*innen in den derzeit laufenden und noch bevorstehenden Prozessen die sehr ausführliche Urteilsbegründung von Brüssel noch stärker in die Verfahren einbringen.

Die deutsche Politik und Justiz mögen sich bislang noch darauf zurückziehen, dass das Urteil eine Angelegenheit Belgiens sei und mit Deutschland nichts zu tun habe. Ich denke aber, dass dieses Wegducken auf Dauer nicht erfolgreich sein wird.

Dazu ist es aber auch erforderlich, dass die zivilgesellschaftlichen Kräfte auf den unterschiedlichsten politischen Ebenen klar Position beziehen, Aktivitäten entwickeln und Druck auf die politisch Verantwortlichen machen, Konsequenzen aus dem Brüsseler Urteil zu ziehen. Wir fordern seit Bestehen unseres Vereins 1996 die Rücknahme des PKK-Verbots und sind selbstverständlich jetzt erst recht der Auffassung, dass Probleme mit politischen Hintergründen auch politisch gelöst werden müssen und nicht mit dem Strafrecht.

Eine Änderung der Verhältnisse ist lange schon dringend nötig. So hat die Aktion 3. Welt Saar und der Saarländische Flüchtlingsrat am 10. Dezember 2019 mit einer Kampagne auf facebook unter dem Motto „Gesicht zeigen: Statements gegen das Verbot der PKK“ gestartet.

Es gab auch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg hinsichtlich der Listung der PKK auf der EU-Terrorliste. Glauben Sie, dass auch das zu greifbaren Konsequenzen führen wird?

Zur Erinnerung: ein Anwält*innen-Kollektiv in den Niederlanden hat im Auftrag von Murat Karayilan und Duran Kalkan im Jahre 2014 gegen den Eintrag der PKK auf der EU-Terrorliste geklagt. Dieses Verfahren endete mit einer Entscheidung des Gerichtshofs vom 15. November 2018. Danach war die Listung der PKK für den Zeitraum 2014–2017 unrechtmäßig. Damit war dieses Verfahren abgeschlossen. Doch wurde die PKK vom Rat der Europäischen Union regelmäßig wieder auf diese Liste gesetzt, wogegen die Anwält*innen jedes Mal wieder Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht haben. Die Verfahren laufen also.

Bislang hat sich nichts Wesentliches geändert. Gerade deshalb müssen wir – auch wenn es sich im juristischen Sinne um zwei verschiedene Dinge handelt – eine Verbindung herstellen zwischen der Forderung nach Streichung der PKK von der EU-Liste und dem Ausgang des Brüsseler Verfahrens.

Es gibt keine Alternative zum politischen Lösungsweg, um diesen seit bald 100 Jahren bestehenden Konflikt friedlich und gerecht zu beenden. Er hat schon so viele Opfer gefordert. Die Anwendung polizei- und strafrechtlicher Methoden jedenfalls ist für demokratische Staaten unwürdig und inakzeptabel.


Frau Ana Busl, wie ist Ihre Bewertung zur Entscheidung?

Ersteinmal: großartig, ein zäher Kampf der Verteidiger-Kollegen hat sich absolut gelohnt. Politisch ist das ein großer Erfolg, denn es führt – in einem EU Land – zu dem Ergebnis, dass die PKK eben keine „Terror-Organisation” ist. Rechtlich ist es natürlich ebenso eine beachtenswerte Entscheidung, denn sie zeigt, womit wir hier in der BRD noch immer auf Granit beißen, dass Art. 1 Abs. 4 ZP I eben keine historische Norm ist, sondern noch immer aktuell, weil es um die Frage des Rechts auf Selbstbestimmung der Völker geht.

Wurde somit das seit 1993 bestehende PKK-Verbot in Deutschland durch diese Entscheidung nicht widerlegt?

Tatsächlich wird durch diese Entscheidung eines EU-Lands festgestellt: die PKK ist keine Terrororganisation. Damit ist aber natürlich in keiner Weise gesagt, dass die bundesdeutschen Behörden das Verbot der PKK aufheben – aber die Absurdität wird doch deutlich: ein paar Kilometer weiter stellt das höchste Gericht fest, dass die PKK keine terroristische Organisation ist sondern Völkerrechtssubjekt, und stellt fest, das kurdische Volk handelt in Ausübung seines Rechts auf Selbstbestimmung. Hier in der BRD heißt es weiterhin, das Verbot der PKK sei Ausdruck der “wehrhaften Demokratie” (BMI).

Sie vertreten politische Gefangene. Welche Auswirkungen hat das auf die noch bevorstehenden Prozesse nach den Paragrafen 129a/b?

Unmittelbar keine – die Verteidigung wird diese Entscheidung in die Prozesse einbringen müssen, argumentieren müssen; von selbst wird der BGH seine bisherige Rechtsprechung sicherlich nicht aufgeben.


Herr Paech, der Kassationshof in Brüssel hat die Entscheidung des Revisionsgerichts vom März 2019 bestätigt, wonach die PKK keine „terroristische Organisation”, sondern eine Partei in einem bewaffneten Konflikt ist. Wie bewerten Sie die Entscheidung?

Das ist wirklich ein Durchbruch in der bisherigen Auseinandersetzung mit der PKK, die sie ausschließlich in der EU und der USA als terroristische Organisation diskriminiert hat. Der Zweck war, die PKK faktisch außerhalb der Rechtsordnung zu stellen, um sie mit beliebigen Mitteln politisch oder juristisch bekämpfen zu können. Niemand war mehr gezwungen, den “terroristischen Charakter” zu begründen und nachzuweisen. Die Aufnahme in die Liste der Terrororganisationen genügte, um Mitglieder und Sympathisanten der PKK vor Gericht zu zerren und zu teils hohen Gefängnisstrafen zu verurteilen. Darüber hinaus diente die Listung als terroristische Organisation, die PKK und ihren Führer Abdullah Öcalan aus allen Bemühungen und Verhandlungen um eine politische und friedliche Lösung zwischen den Kurden und der türkischen Regierung auszuschließen. Die Listung ist bis heute der Vorwand, den Repräsentanten der Kurden einen Dialog über den Frieden in der Türkei zu verweigern. Leider hat das Beispiel der Schweiz, die die PKK nicht als terroristische sondern als eine normale politische Organisation behandelt, kein Beispiel für die anderen europäischen Staaten gegeben. Es fragt sich nun, ob die Brüsseler Entscheidung eine stärkere politische Wirkung auch über die Grenzen Belgiens hinaus entfalten kann.

Welche rechtlichen und politischen Ergebnisse werden dadurch entstehen?

Das Belgische Gericht argumentiert im Wesentlichen so, wie ich schon 1994 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin plädiert habe, als ich die PKK gegen das Verbot durch die Bundesregierung vertreten habe. Damals habe ich mich auf die Parallelen zu den Befreiungskämpfen in Afrika gegen die noch verbliebenen Kolonialherren Spanien und Portugal bezogen. Spätestens seit 1974 hatte sich das Völkerrecht unter dem Einfluss der in oft blutigen Kämpfen von den alten Kolonialmächten befreiten Staaten, die anschließend in die UNO aufgenommen wurden, soweit geändert und “entkolonisiert”, dass der Kampf der Kolonialvölker auch mit Mitteln der Gewalt als legitime Form des Widerstandes anerkannt wurde. Es handelte sich also um einen internationalen “bewaffneten Konflikt”, für den das Kriegsvölkerrecht, also internationales Recht, und nicht das nationale Strafrecht gilt. Genauso haben jetzt auch der Kassationshof in Brüssel und die Vorinstanzen argumentiert. Damals ist das Bundesverwaltungsgericht nicht diesen Argumenten gefolgt und hat das Verbot der PKK nicht aufgehoben. Die Strafgerichte haben sich bis hinauf zum Bundesgerichtshof dem Bundesverwaltungsgericht angeschlossen.

Seitdem entscheiden alle Strafgerichte ohne weitere Prüfung über die PKK als Terrororganisation. Jüngst wurde Salih Karaaslan vom OLG Stuttgart wegen Mitgliedschaft in der PKK nach § 129 b StGB (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung) verurteilt. Die Forderung der Verteidigerin, mich als sachverständigen Zeugen über Fragen des internationales Rechts zu hören, die den Kern der Brüsseler Entscheidung bildeten, hat das OLG zweimal abgelehnt. Zu der Zeit lag schon das Urteil der Vorinstanz von Brüssel in deutscher Übersetzung dem OLG vor. Dennoch sahen die Richter keine Veranlassung, darüber zu diskutieren und evtl. in ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Insofern bin ich derzeit noch recht skeptisch, ob dieses Urteil irgendeine Wirkung auf die deutsche Justiz haben wird.

Politisch wird das Urteil vielleicht den einen oder die andere Politikerin zum Nachdenken veranlassen, aber in absehbarer Zeit kein Umdenken erzeugen. Als Erdogans Armee in totaler Missachtung des Völkerrechts die Grenzen zu Syrien überschritt und in Afrin einfiel, gab es Stimmen im Bundestag, die empfahlen, die Listung der PKK zu überdenken. Doch es geschah nichts daraufhin, zu wichtig ist der NATO-Partner als Bollwerk gegen die Flüchtlinge und Vorposten in der arabischen Welt.

Welche Änderungen wird dieses in der Kriminalisierungspolitik gegenüber Kurden geben? Wurde somit, das seit 1993 bestehende PKK-Verbot in Deutschland, durch diese Entscheidung nicht widerlegt?

Um das PKK-Verbot zu widerlegen, bedarf es nicht eines Gerichtsurteils mit einer juristischen Begründung. Das Verbot ist eine rein politische Entscheidung zugunsten der jeweiligen türkischen Regierung. Desgleichen beruhen die zahlreichen skandalösen Prozesse gegen Kurdinnen und Kurden in der Bundesrepublik nach § 129 a oder b StGB auf einer Entscheidung der Bundesregierung. Sie könnte jederzeit die Bewilligung der Strafverfolgung zurücknehmen, was sie jedoch nicht tut aus Rücksicht auf Erdogan, der immer wieder diese Prozesse anmahnt.

Welche Auswirkungen hat auf die noch bevorstehenden Prozesse bezgl. §129a/b? Welche Initiativen können Anwälte zu dieser Entscheidung in Prozessen ergreifen? Wie soll in Deutschland, unter Berücksichtigung Brüsseler Entscheidung, zum Thema “Terrorismus-Anklage” hervorgehen?

Das Urteil gibt den Anwälten entscheidende juristische Hilfe für ihre Verteidigung. Sie müssen die Gerichte immer wieder zwingen, sich mit dem Völkerrecht und diesem Urteil auseinanderzusetzen. Es wird vor allem in den unteren Instanzen Richterinnen und Richter geben, die sich den Argumenten nicht verschließen. Erst wenn es mehrere positive Entscheidungen gibt wird auch die Wahrscheinlichkeit größer, dass der BGH seine Entscheidung revidiert und das Terror-label von der PKK nimmt. Schließlich sollten die Anwältinnen und Anwälte auch den Europäischen Gerichtshof in Straßburg einschalten, wenn sich der BGH nicht zu einer Änderung seiner Rechtsprechung entschließen kann. Doch sollte man nicht vergessen, dass es sich hier nicht um eine juristische, sondern ausschließlich politische Frage handelt. Erst wenn in der Gesellschaft und vor allem in der politischen Klasse ein Umdenken sich durchsetzt, das den Fehler der Stigmatisierung der PKK erkennt und zurücknimmt, wird sich auch die Rechtsprechung grundlegend verändern können.

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