Eine Beobachtung von Dildar Aryen, Journalist / ANF, 16.11.2012
Einige kurdische Parteien, die mit bewaffneten Gruppierung, unterstützt durch die Türkei, in Verbindung stehen, gehen derzeit in den Dörfern von Kobanî, Qamislo und Dirbesî von Haus zu Haus und erklären der Bevölkerung, dass die Freie Syrische Armee (FSA) kommen wird. Mehr oder weniger fordern sie die Bevölkerung auf, dass sie nach Nordkurdistan (Türkei) fliehen sollen. Parallel dazu ist zu beobachten, dass das türkische Regime an der Grenzlinie zu Syrien einige Dörfer geräumt und Soldaten, Panzer und Raketenwerfer stationiert hat.
Die Wunden des Massakers, das durch hunderte Militante der FSA, die über die Türkei in die westkurdische Stadt Serêkani eingedrungen sind, sind kaum abgeklungen, da passieren in den anderen umliegenden kurdischen Städten weitere verdeckte Aktivitäten. Nachdem am 19. Juli diesen Jahres die KurdInnen ihre Vereinigung in Form des Kurdischen Hohen Rates proklamiert haben, intensivierten sich die Angriffe einiger Gruppierungen, die unter dem Einfluss äußerer Kräfte stehen.
Seit dem Beginn der Aufstände in Syrien im März 2011 laufen verdeckte Aktivitäten mit dem Ziel, die kurdische Einheit zu verhindern bzw. zu stören. Einige kurdische Gruppierungen, stützen sich lieber auf Kräfte von außen, als auf die Strategie des 3. Weges, der von der PYD (Partei für die Demokratische Einheit) forciert wird (Der 3. Weg unterstützt weder die Linie Assads noch die der FSA). Doch mit dieser Haltung fanden diese Gruppierungen keine Unterstützung in der Bevölkerung, sodass sie sich später doch gezwungen sahen, sich dem Kurdischen Hohen Rat anzuschließen. Jedoch führen Organisationen wie die Azadi Partei, Yekiti Partei und der El Partei ihre dunklen Machenschaften im Geheimen weiter.
Auf der Gründungssitzung des Kurdischen Hohen Rates am 11. Juli in Hewlêr wurde der Beschluss gefasst, dass keine Gruppe mehr ohne Genehmigung des Rates in unabhängiger Weise Gespräche im Namen der KurdInnen führen darf. Jedoch halten sich die genannten Gruppierungen nicht an die Vereinbarungen. So trafen sie sich in Hewlêr mit dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu. Ein Dokument, das an die Öffentlichkeit gelangte belegt, dass diese Organisationen an einem von der Türkei gegen die PYD konstituierten Plan Teil haben.
Zudem hat sich der Vorsitzende der El Partei Abdulkaim Basar in Englands Hauptstadt London zu Gesprächen mit amerikanischen Vertretern aufgehalten. Außerdem sind, als der Sonderbeauftragte der UN und der Arabische Liga sich mit kurdischen Vertretern treffen wollte, einige Parteien, die zum Kurdischen Nationalrat in Syrien, der dem Kurdischen Hohen Rat untergliedert ist, angehören, auf eigene Faust nach Damaskus gereist, um mit Ibrahimi Gespräche zu führen.
Geheime Zusammenkünfte und das Treffen in Katar
Es wurde auch ein Treffen in Hewlêr zwischen der Türkei, der USA, Israel, der Autonomen Region Kurdistan und einigen Parteien Westkurdistans bekannt. Dieses Treffen wurde jedoch offiziell nicht bestätigt. Jedoch hat sich nach dem Zeitpunkt, an dem das Treffen stattgefunden haben soll, die Diffamierungskampagne durch einige Parteien des Kurdischen Nationalrats gegen die PYD verstärkt. In diesem Rahmen muss auch eine Demonstration in Kobanî gesehen werden, bei der es zu Spannungen kam. Anschließend nahm der Präsident der Autonomen Region Kurdistan Mesut Barzani gemeinsam mit Vertretern der Azadi Partei, Yekiti Partei und der El Partei an der Sitzung des Syrischen Nationalrates in Doha teil. Zu diesem Treffen wurde der Kurdische Hohe Rat nicht eingeladen.
Die Angriffe in Aleppo und Afrin
Bei den Angriffen in Aleppo am 26. Oktober 2012 und zwischen dem 27. und dem 30. Oktober in Afrin kamen mindestens 13 ZivilistInnen ums Leben. Darin soll die Azadi Partei ihre Finger mit im Spiel haben. An diesen Angriffen beteiligten sich die El Sam-, die Ehfad El Resul-, die Cebet El Nasra- und die Selahaddin Eyyubi-Gruppierungen, welche unter dem Dach der FSA agieren. Bei einigen der Angreifer, die beim Gegenschlag der YPG (Volksverteidigungseinheiten) getötet worden sind, waren einige Kurden dabei. Es stellte sich kurze Zeit später heraus, dass es sich bei einigen von ihnen um Mitglieder der Azadi Partei handelte. Auffallend war ebenso, dass zur selben Zeit, als die Angriffe auf die KurdInnen in Aleppo und in Afrin durchgeführt worden sind, eine Pro-FSA Kundgebung in Kobani durchgeführt worden ist.
Dieselben Gruppen dieses Mal in Serêkanî
Dieselben Kreise nahmen ebenfalls in den Reihen der bewaffneten Gruppen Platz, die am 8. November in Serêkanî eingedrungen sind. Nach eingegangenen Informationen sind die Gruppen El Sam, Ehfad El Resul und Cebet El Nasra über die Türkei eingedrungen. Bei der Ankunft in Serêkanî begegnete man einer Gruppe von Mitgliedern des Kurdischen Nationalrats von Syrien, die Flaggen der Autonomen Region Kurdistan in ihren Händen hielten. Die bewaffnete Gruppierung griff Jugendlichen an und nahm ihre Flaggen ab. Eine Person, die die Gruppe empfang und bei sich zuhause beherbergt hatte, wurde am 12. Oktober durch Angriffe syrischer Kampfflugzeuge gemeinsam mit ihrem Sohn umgebracht. Während die Kräfte der FSA die Grenze zur Türkei – wann sie wollen – passieren können, wurde nach dem Angriff der Grenzübergang für ZivilistInnen gesperrt.
Dunkle Machenschaften in Kobanî
Während in Serêkanî ein Massaker verübt wird, und die Wut des Volkes äußerst groß ist, organisierten dieselben Kreise am 9. Oktober eine Demonstration gegen die PYD in Kobanî. Während der Demonstration kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Jugendlichen.
Daraufhin eröffnete eine Person vom Gebäude der Azadi Partei das Feuer auf die Menschenmenge. Dabei wurden zahlreiche Personen verletzt. Ebenso attackierten einige Personen während der Demonstration das Haus vom PYD-Co-Vorsitzenden Salih Müslüm mit Steinen. Eine Person wurde schwer verletzt und musste ins Krankenhaus gebracht und dort operiert werden. Nach der Operation wurde er nach Antep gebracht, konnte jedoch nicht gerettet werden. Es ist nicht genau bekannt, ob der Jugendliche überhaupt in Krankenhaus gebracht wurde oder nicht. Dieselben Personen haben, als sie den Jugendlichen nach wegbrachten, auch FSA-Mitglieder bei sich gehabt und feindliche Parolen gerufen.
Versuche, die Bevölkerung von Dirbesî zur Flucht zu bewegen
In Dirbesî haben am 10. Oktober einige Personen die Bevölkerung in ihren Häusern besucht und ihnen mitgeteilt, dass die Freie Syrische Armee im Anmarsch sei. Damit wollten sie sie zur Flucht nach Nordkurdistan (Türkei) überzeugen. Auffallend ist, dass diese Bemühungen einsetzten, als die Bevölkerung die Regimekräfte Assads vertrieben hatte. Zur gleichen Zeit wurden auch die Minen im Grenzbereich zur Türkei geräumt, sodass das Passieren der Grenzen für die Bevölkerung machbarer wurde.
Dieselben Kreise tauchten am 12. Oktober in Qamislo auf. In den Häusern wurde auf ähnliche Weise versucht Angst zu verbreiten. Ebenfalls wurde hier der Grenzzaun zerschnitten, um die Straße wieder zu öffnen. Die Asayis (zivile Sicherheitskräfte) nahmen im Rahmen dieser Aktivitäten zehn Personen fest.
Räumung der Dörfer in der Türkei
Zur gleichen Zeit fing die Türkei an ihre Aktivitäten im Grenzbereich zu intensivieren. Nach regionalen Informationen sollen drei Dörfer, die zum Distrikt Suruc (Urfa) gehören, und an der Grenze zu Kobanî liegen, geräumt worden sein. Zahlreiche Soldaten sollen dort stationiert worden sein. Außerdem wurden zahlreiche Panzer und Raketengeschosse an der Grenzlinie stationiert.
Quelle: ANF, 16.11.2012, ISKU