“Wir können uns nicht wirklich freuen”

Die entlassenen fünf AbgeordnetenFünf kurdische Abgeordnete aus Gefängnis entlassen, 04.01.2014

Gülser Yıldırım, İbrahim Ayhan, Selma Irmak, Faysal Sarıyıldız und Kemal Aktaş sind vorerst frei. Nachdem das türkische Verfassungsgericht den Anträgen der fünf Abgeordneten auf Haftentlassung zugestimmt hatte, folgten nun auch Gerichte in Diyarbakir dieser Entscheidung.

Der 5. Strafgerichtshof von Diyarbakır hatte bereits am 3. Januar die Entlassung der zwei inhaftierten BDP-Abgeordneten Gülser Yıldırım und İbrahim Ayhan verfügt. Die Gerichtsentscheidung zur Freilassung der beiden Abgeordneten erfolgte, nachdem das Verfassungsgericht einen entsprechenden Antrag von Yıldırım und Ayhan angenommen hatte.

Es hatte seine Entscheidung mit der „langen Haftdauer“ und der „Verletzung des aktiven und passiven Wahlrechts“ begründet und den Abgeordneten zudem ein Schmerzensgeld von jeweils 3.000 türkischen Lira zugesprochen. Beide waren wegen der KCK-Verfahren („Union der Gemeinschaften Kurdistans“) in Haft, Yıldırım seit dem 14. Februar 2010, Ayhan seit dem 1. Oktober 2010. In einem ersten Statement nach iher Freilassung erklärte die BDP-Abgeordnete  Yıldırım, dass sie sich nicht wirklich über die Entlassung freuen könne, wenn zugleich weiterhin tausende kurdische AktivistInnen hinter Gittern bleiben müssen.

Am 04. Januar hat dann der 6. Strafgerichtshof von Diyarbakır auch der Haftentlassung der drei Abgeordneten Selma Irmak, Faysal Sarıyıldız und Kemal Aktaş zugestimmt. Allen drei Abgeordneten steht zudem eine Entschädigungszahlung in Höhe von 5000 Türkischen Lira zu.

Fünf inhaftierte kurdische Abgeordnete – Gülser Yıldırım, İbrahim Ayhan, Selma Irmak und Faysal Sarıyıldız sowie der von der BDP unterstützte unabhängige Abgeordnete Kemal Aktaş – hatten beim höchsten türkischen Gericht, dem Verfassungsgericht, Einzelklagen für ihre Haftentlassung eingereicht, nachdem diese von einem örtlichen Gericht [in Diyarbakir] vor zwei Wochen abgelehnt worden war, obwohl das Verfassungsgericht im ähnlich gelagerten Fall des CHP-Abgeordneten Mustafa Balbay letzten Monat dessen Freilassung verfügt hatte.

Die Ablehnung der Freilassung der fünf Abgeordneten durch ein Gericht in Diyarbakir hatte eine Debatte darüber ausgelöst, ob das Urteil im Fall Balbay als Präzedenzfall zu werten sei. Die BDP (Partei für Frieden und Demokratie) hatte von „doppelten Standard“ und „politischer Geiselnahme“ gesprochen.

Balbay war im Ergenikon-Verfahren zu 34 Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden. Das Verfassungsgerichts entschied am 4. Dezember 2013, dass seine Verurteilung die Rechte des Gewählten und seiner Wähler verletzt hätte.

In dem jüngsten Urteil des Verfassungsgerichts heißt es, sehr lange Untersuchungshaft sei auf Grundlage der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte „verfassungswidrig“ und die Dauer der Untersuchungshaft der Abgeordneten sei unangemessen lang gewesen.

Bei den Parlamentswahlen 2011 wurden insgesamt sechs KandidatInnen der Partei für und Frieden Demokratie (BDP) ins Parlament gewählt, die zum Zeitpunkt der Wahlen als politische Gefangene in Haft saßen. Obwohl die Untersuchungshaft bei der Wahl ins Parlament ausgesetzt werden müsste, blieben diese sechs KandidatInnen nach ihrer Wahl weiterhin in Haft. Einem der inhaftierten Abgeordneten, Hatip Dicle, wurde das Abgeordnetenmandat daraufhin aberkannt.

Während auf der einen Seite fünf Abgeordnete vorerst in die Freiheit entlassen wurden, hat am 28. Dezember hingegen das türkische Berufungsgericht eine Haftstrafe von 8 Jahren und 9 Monaten gegen die Kovorsitzende der HDP und Istanbul-Abgeordnete Sebahat Tuncel einstimmig bestätigt. Ihr wird „Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK)“ vorgeworfen. Tuncel droht der Verlust ihrer Abgeordneten-Immunität und müsste dann ihre Gefängnisstrafe antreten.

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