Mezlum Heften, Mitglied des Leitungskomitees der „Freien und demokratischen Gesellschaft aus Ostkurdistan“ (KODAR), äußert sich zu den Hintergründen und Perspektiven der aktuellen Proteste in Ostkurdistan und dem Iran; 05.01.2018
Heften äußerte sich zu den Gründen der Proteste wie folgt: „Ob nun ökonomische, nationale oder konfessionelle Probleme, die Grundlage all dieser Probleme liegt in dem Zustand des iranischen Regimes. Aufgrund seines Herrschaftsverständnisses verschlimmern sich Arbeitslosigkeit und Armut von Tag zu Tag. Zudem nehmen auch die Beschneidung der Freiheit und die Menschenrechtsverstöße immer stärker zu. Daher gibt es nichts mehr, was die iranische Gesellschaft ruhig hält.“
Laut Heften könne man derzeit beobachten, wie neue Bewegung in den Mittleren Osten komme: “Mit dem Beginn des arabischen Frühlings wurden gewisse Errungenschaften erkämpft. Ähnlich wie im Falle der Entwicklungen von Tunesien bis Südafrika sehen wir derzeit im Iran einen Frühling der Völker. Denn die Herrschaftsverhältnisse im Iran ähneln den diktatorischen Regimen der Region sehr. Dieser Frühling der Völker hat das Potential, das diktatorische Regime zu stürzen. Das wird eine Erfahrung für die Völker des Irans sein.“
Auch zum außenpolitischen Selbstverständnis des Irans äußerte sich Heften: “Wenn das iranische Regime nicht aus den Schicksalen der anderen Diktaturen der Region lernt, den Forderungen der Menschen kein Gehör schenkt und ihre Rechte nicht anerkennt, wird es ein ähnliches Schicksal wie diese Regime erfahren. Trotzdem hat das Regime bisher keine Schritte unternommen, um den Menschen ihre grundlegendsten Rechte zuzugestehen. Das iranische Regime ist die Quelle für viele Probleme im Mittleren Osten. Es ist kontinuierlich in die Konflikte der Region verwickelt. Ob Syrien, der Libanon oder andere Länder, der Iran ist in all diese Konflikte verstrickt. Dabei nimmt er keine Position ein, die den Völkern der Region hilft. Der Iran ist ein Gehilfe der Diktaturen.“
Mezlum Heften warnte vor einem Ende der Geduld vieler Menschen: „Das iranische Regime muss wissen, dass im Falle einer Fortsetzung seines Herrschaftsstils der Widerstandswille der Menschen zunehmen und zum Erfolg führen wird. Die Geduld der Menschen ist am Ende. Als KODAR vertreten wir die Position, dass die Forderungen der Menschen umgesetzt und der Iran grundlegend demokratisiert werden muss. Das erfordert umfangreiche Veränderungen im Herrschaftssystem und auf gesetzlicher Ebene.“
Heften unterstrich seine Unterstützung für die Forderungen der Protestierenden: „Wir begrüßen die Aufstände und Proteste im Iran und möchten ausdrücklich unsere Unterstützung dafür äußern. Alle, die im Zuge der Proteste getötet wurden, betrachten wir als Gefallene des Freiheitskampfes. Den Verwundeten wünschen wir eine schnelle und vollständige Genesung. Es ist sehr wichtig, dass die Völker des Irans zusammen kommen und eine Einheit bilden, denn ihre Probleme und Forderungen sind dieselben. Die nationale Zugehörigkeit, die Religion und der Glaube mögen verschieden sein, aber sie haben alle gemeinsame Ziele. Daher müssen sie zusammen agieren. Wenn einzelne Personen oder Gruppen versuchen, die Protestierenden untereinander zu spalten oder die Proteste für sich zu instrumentalisieren, schadet dies den Protestierenden und der Bevölkerung nur. Denn dieser Aufstand ist ein Aufstand der Völker des Irans. Es ist wichtig, dass der Aufstand fortgesetzt wird. Im Falle seiner Fortsetzung wird das iranische Regime sich gezwungen sehen, die Forderungen der Menschen umzusetzen. Doch wenn es zu einer Spaltung der Proteste kommt, wird der Staat seine Macht nutzen und die Proteste unterdrücken.“
Heften betonte abschließend die Bedeutung eines gemeinsamen Widerstandes aller Menschen in Ostkurdistan und dem Iran: „Es muss ein System aufgebaut werden, in dessen Rahmen sich die Gesellschaft selbst verwalten kann und alle Völker ein gemeinschaftliches Leben führen können. Die aktuellen Ereignisse im Iran vermitteln deutlich folgende Nachricht: ‚Auch wenn wir verschieden sein mögen, unser Schicksal ist dasselbe. Wir sind eine Einheit.‘ Das ist eine Botschaft an die Parteien Ostkurdistans. Die Bevölkerung fordert, dass die verschiedenen Seiten zusammen kommen. Aus diesem Grund müssen wir eine demokratische und freie Widerstandsplattform aufbauen, um einen gemeinsamen Kampf gegen das iranische Regime und die Befreiung der Völker Ostkurdistans und des Irans zu führen.“
Im Original erschien der Artikel am 03.01.2018 unter dem Titel “Heften: Eylemler devam ederse başarı elde edilecektir”auf der Homepage der Nachrichtenagentur ROJnews.