Das eigene Leben zum Mittel des Widerstandes machen: Unbefristeter Hungerstreik in türkischen Gefängnissen

NAV-DEM – Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland, 05.04.2017

Handeln wir: Jede verzögerte Reaktion kann politischen Gefangenen das Leben kosten!

Seit dem 15. Februar 2017 sind in verschiedenen türkischen Gefängnissen politische Gefangene in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Die Gefangenen protestieren mit ihrer Aktion gegen unmenschliche Haftbedingungen, willkürliche Massenfestnahmen, militärische und politische Repression gegen die Zivilbevölkerung und die Isolation des Repräsentanten des kurdischen Volkes Abdullah Öcalan.

Die Kapazitäten der türkischen Gefängnisse sind überstrapaziert. Nach dem gescheiterten Militärputsch wurden 45.000 Menschen mit dem Vorwurf, sich am Militärputsch beteiligt zu haben und der Fetullah-Gülen-Organisation anzugehören, festgenommen. Über 5.000 Oppositionelle wurden verhaftet. Die Festnahmen und Verhaftungen insbesondere kurdischer Oppositioneller im Vorfeld des für den 16. April geplanten Verfassungsreferendums halten ununterbrochen an. Die Erklärung des Ausnahmezustandes sowie die daraufhin erlassenen Gesetzesdekrete führen zu Einschränkungen der vorhandenen gesetzlichen Rechte und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen. Die Praxis der Isolation in den Gefängnissen, willkürliche Behandlung jeglicher Art, Folter und Misshandlungen, Gefangenenverlegungen, willkürliche Disziplinstrafen, Verhinderung der medizinischen Behandlung von gesundheitlichen Problemen bei Gefangenen sowie die Nichtentlassung von schwerkranken Gefangenen sind einige der vielen Probleme.

Deniz Kaya erklärte im Namen der sich im Hungerstreik befindenden Gefangenen von PKK und PAJK: „Die AKP versucht die Opposition mit ihren Notstandsdekreten, Verhaftungen und der Normalisierung von Folter einzuschüchtern. Parlamentarier, Bürgermeister, Akademiker und Journalisten werden verhaftet, Dörfer niedergebrannt, Häuser zerstört und Menschen werden vertrieben und niedergemetzelt. Der erste Ort an dem das Ausnahmezustands-Putsch-Regime implementiert wurde, war das Hochsicherheitsgefängnis Imrali. Die Isolation des politischen Repräsentanten des kurdischen Volkes Abdullah Öcalan wird auf alle Gefängnisse ausgeweitet. Die Menschen in den Gefängnissen müssen um ihr Leben fürchten. Jeden Tag werden Gefangene, die von einem Gefängnis ins andere verbannt werden, nackt durchsucht und gefoltert. Unsere persönlichen Habseligkeiten werden während der Durchsuchungen unserer Zellen konfisziert und die Briefe, die wir in kurdischer Sprache verfassen, werden nicht versendet, da sie mit dem Stempel „unbekannte Sprache” versehen werden.

Der faschistische Block aus AKP und MHP versucht seine Diktatur zu konsolidieren, indem Erdoğan durch ein Referendum zum Präsidenten gekürt wird. Wir werden dieses faschistische und rassistische System weiter anprangern und den Widerstand aufrechterhalten. Wir rufen alle gesellschaftlichen Gruppen auf, bei dem von der AKP-MHP-Allianz erzwungenen Referendum „NEIN” zu sagen und den Widerstand an allen Fronten zu verstärken.”

Wir appellieren an die demokratische Öffentlichkeit und schließen uns den Forderungen der Hungerstreikenden in den Gefängnissen an:

  • Verbesserung der Haftbedingungen
  • Beendigung der anhaltenden Festnahmen und Verhaftungen aufgrund von Meinungsäußerung und politischer Arbeit, Beendigung der militärischen und politischen Repressionen gegenüber der Bevölkerung
  • Beendigung der Isolationshaft gegenüber Abdullah Öcalan

Informationsdossier zum Hungerstreik, zusammengestellt vom Kurdistan Nationalkongress am 29.03.2017

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