Der Staat hatte die Täter gefasst, es gab auch keine Sicherheitsmangel! Überlegt es euch noch einmal

ankara_angriffEzgi Basaran, Radikal, 12.10.2015

Ich werde es Artikel für Artikel auflisten. Hat der Staat die Täter wirklich gefasst und liegt ein Versagen der Sicherheits- und Geheimdienste vor?  Entscheidet selbst.

Es ist der größte Terroranschlag in der Türkei. Im Herzen von Ankara. Acht Stunden nach dem Anschlag tritt der Ministerpräsident der Türkischen Republik Ahmet Davutoglu vor die Kameras und sagt: „Ich appelliere an die gesamte Bevölkerung. Heute müssen wir, wie in der Vergangenheit auch, in volle Solidarität treten. Die Verantwortlichen für die Angriffe in Diyarbakir, Suruc und Reyhanli konnten gefasst und der Justiz zugeführt werden.“

Wurden die wahren Verantwortlichen  gefasst, und wurden ihre Verbindungen aufgedeckt? Ich werde euch die Ereignisse Schritt für Schritt darlegen und euch die Entscheidung überlassen. Entscheidet ihr, ob der Staat die Verantwortlichen wirklich gefasst hat, und ob kein Versagen der Sicherheits- und Geheimdienste vorliegt.

1) Ein Artikel am 29. September 2013 von Idris Emen in Radikal. In dem Artikel geht es um vier Jugendliche, die aus Adiyaman zu Dschihadisten gegangen sind, um selbst welche zu werden.

2) Einer von ihnen, Muhammet Gazi D., kehrte 2014 mit seiner Ehefrau nach Adiyaman zurück, die er in Syrien geheiratet hatte. Er läuft in Adiyaman frei herum.

3) Muhammet Gazi D. sucht häufig die „Islam Teestube“ (Islam Cay ocagi) auf, in die viele islamische junge Menschen gehen, und überzeugt weitere vier, sich dem IS anzuschließen.

4) Einer  Rekrutierten heißt Orhan G. Es handelt sich um den Mann, der am 5. Juni 2015 in Diyarbakir die Bombe legte.

5) Es wird bekannt, dass Orhan G. einen Tag vor dem Anschlag in Diyarbakir in einem Hotel von Sicherheitskräften zur Untersuchung festgehalten wurde, weil er seinen Wehrdienst nicht abgeleistet hat, aber dann doch auf freiem Fuß gesetzt wird. Die Bombe legt er am darauffolgenden Morgen. Mein Artikel vom 16. Juni 2015 endete folgendermaßen: „Diesen Vorfall müssen wir sehr enst nehmen, wir können es nicht nur bei dieser Erklärung belassen „In Diyarbakir wurde die Bombe von einem jungen IS-Mann gezündet, wir haben den Täter“. Es ist das wichtigste Thema. Bedarf es noch weiterer blutiger Vorfälle, um unsere Aufmerksamkeit darauf zu richten?“

6) Es folgten noch blutigere Vorfälle. Am 20. Juli kamen in Suruc im Hof eines Kulturzentrums sozialistische Jugendliche aus allen Teilen der Türkei zusammen, um in Kobane ein neues Leben aufzubauen. Eine grässliche Bombe explodierte, 32 junge Menschen verloren ihr Leben.

7) In Suruc wurde der Ausweis eines Selbstmordattentäters gefunden. Er gehörte Şeyh Abdurrahman A. Ein 20jähriger aus Adiyaman.

8) Şeyh Abdurrahman A. war der Freund von Orhan Gazi D, der in Diyarbakir die Bombe explodieren ließ. Sie waren aus der „Islam Teestube“ in Adiyaman.

9) Wer war der Betreiber dieser Teestube, die 2014 geschlossen wurde? Der 25-jährige Yunus Emre A. Ein enger Freund von Orhan Gazi D. und zugleich der Bruder von Şeyh Abdurrahman A. Yusus Emre A. war aber untergetaucht, er konnte nicht ausfindig gemacht werden.

10) Ich hatte nach dem Massaker von Suruc meinen Artikel vom 23. Juli wie folgt abgeschlossen: „Ein weiterer Bombenanschlag kann viel früher als vermutet verübt werden. Wenn der Geheimdienst trotzt all dieser Zeichen seinen Weg nicht findet, wird die Verantwortung für ähnliche Plagen auf seinen Schultern lasten.

Was ist passiert? Bei der dritten Zusammenkunft von Kurden und sozialistischen Kräften wurden im Herzen von Ankara zwei Selbstmordattentate verübt. Auch wenn die genaue Zahl nicht mit Sicherheit angegeben werden kann, so haben wir annähernd 120 Mitbürger, Freunde und Geschwister verloren.

In der Presse, auch in der regierungsnahen Presse, kursiert die Information aus dem Sicherheitsapparat, dass es sich bei einem der Täter um Yunus Emre A. handeln könnte. Weil diese Information nicht offiziell bestätigt wurde, belasse wir es dabei.

Aber… war es möglich, die nahende Katastrophe (siehe die oben gelisteten Artikel) nicht zu erkennen?

Wenn der Geheimdienststaat seit 2013 die jungen Menschen beobachtet hätte, die aus der Türkei zu den Dschihadisten gegangen sind, um selbst zu welchen zu werden, wenn der Staat Syrien aus dieser Perspektive unter die Luppe genommen hätte….

So wäre uns viel Leid und Schmerz erspart geblieben.

Ist der Staat nicht in der Lage, an diese Informationen zu gelangen, die sogar wir als Journalisten mit unserer Recherchen herausfinden?

Beobachtet der Staat nicht diese jungen Menschen aus Adiyaman und der besagten Teestube?

Weiß er nicht, dass diese jungen Männer nach Tel Abyad und Cerablus gegangen sind?

Weiß der Staat nicht, dass diese jungen Menschen von einem Mann namens Mustafa Dokumaci ausgebildet werden?

Weiß der Staat nicht, dass die YPG zwei Männer aus Adiyaman, die sich dem IS angeschlossen haben, festgesetzt haben? Wurde hier eine  Kontaktaufnahmen angestrebt oder wurden Informationen über diese Männer von den YPG eingeholt?
Um Himmels Willen

Der Ministerpräsident Davutoglu sagt, die Täter von Diyarbakir und Suruc wurden gefasst.

Um Himmels Willen

Sieht die Festnahme der Täter und ihre Überführung an die Justiz von Diyabakir und Suruc so aus?

PS: Die Polizei in Adiyaman hat eine Liste von 15 jungen Menschen, die nach Syrien gegangen sind. Diese Liste, in der auch Yunus Emre A. aufgelistet ist, wurde allen Polizeistationen mit der Forderung nach ihrer Festnahme geschickt.